I. Grundsätze.
Rn 3
Liegen die Voraussetzungen der §§ 1303, 1304, 1306, 1311 und 1314 II Nr 1 u 2 vor, kann im Fall der Eheaufhebung grds nur der bei Eheschließung gutgläubige bzw getäuschte oder bedrohte Ehegatte nachehelichen Unterhalt verlangen (II 1 Nr 1), während in den Fällen der §§ 1306, 1307 und 1311 Unterhaltsansprüche wechselseitig bestehen können, wenn beide Ehegatten Kenntnis von den die Aufhebbarkeit ihrer Ehe begründenden Tatsache hatten (II 1 Nr 2). Für den gutgläubigen Ehegatten besteht daher auch nach Aufhebung der Ehe ein Anspruch nach Maßgabe des § 1570 (Hamm FamRZ 23, 588). Über die §§ 1569 ff hinaus besteht nach Maßgabe des § 1361 bis zur Rechtskraft der Eheaufhebung mit Wirkung ex nunc auch ein Anspruch auf Trennungsunterhalt, der durch § 1318 II schon nach dem Wortlaut nicht ausgeschlossen wird (Hamm FamRZ 2023, 586 [im Fall einer Doppelehe]; aA Bremen FamRZ 16, 828), zumal die fehlerhaft geschlossene Ehe bis zu ihrer Auflösung alle Rechtswirkungen einer Ehe entfaltet. Ob bei Kenntnis des Aufhebungsgrundes auch die Voraussetzungen für die Verwirkung eines Anspruchs nach §§ 1361 III, 1579 gegeben sind, ist nach dem jeweiligen Einzelfall zu beurteilen.
Rn 3a
Danach wäre im Fall des § 1303 ein Unterhaltsanspruch bei Kenntnis von der Minderjährigkeit – trotz dessen Schutzbedürftigkeit – weitgehend ausgeschlossen. Bei einem Verstoß gg § 1304, 1314 II Nr 1 steht nur dem geschäftsunfähigen oder vorübergehend gestörten Ehegatten ein Anspruch zu. Im Fall der Doppelehe (§ 1306) sind die Ansprüche des ersten Ehegatten und des zweiten gutgläubigen Ehegatten gleichrangig, während bei beiderseitiger Bösgläubigkeit der Zweitehe der Anspruch des ersten Ehegatten nicht gekürzt werden darf. Bei einem Verstoß gg §§ 1307, 1311 steht dem bösgläubigen Ehegatten kein Anspruch zu, während bei beiderseitiger Kenntnis die §§ 1569 ff gelten. Bei einer Scheinehe (§ 1314 II Nr 5) scheidet ein Unterhaltsanspruch an der fehlenden wechselseitigen Übernahme von Verantwortung aus. Schließlich kann nur der getäuschte oder bedrohte Ehegatte (§ 1314 II Nr 3, 4) Unterhalt verlangen.
II. Kenntnis.
Rn 4
Erforderlich ist nur die Kenntnis der Aufhebungstatsachen, nicht die rechtliche Wertung als Aufhebungsgrund (Hamm FamRB 23, 7). Maßgebend ist die bei Eheschließung vorhandene und nicht die später erlangte Kenntnis. Hat der zur Aufhebung der Ehe wegen arglistiger Täuschung über eine persönliche Eigenschaft (hier: Zeugungsunfähigkeit) berechtigte Ehegatte nach Aufdeckung der Täuschung noch einige Monate mit dem anderen zusammengelebt, kann dies nicht als Bestätigung (§ 1315) gewertet werden, wenn er in dieser Zeit durchgehend, aber vergeblich versucht hat, den anderen zur Teilnahme an medizinischen Maßnahmen zur Behebung der störenden Eigenschaft zu veranlassen (Stuttgart FamRZ 2005, 33).
III. Beweislast.
Rn 5
Die Gutgläubigkeit wird vermutet. Wer den guten Glauben bestreitet, muss die Bösgläubigkeit beweisen (RGZ 78, 589).
IV. Privilegierte Kindesbetreuung.
Rn 6
Ein Ehegatte kann Unterhalt wegen Kindesbetreuung (§ 1570) beanspruchen, wenn und soweit er gemeinsame Kinder versorgt und eine Unterhaltsversagung mit Blick auf die Kindesbelange grob unbillig wäre (II 2).