Rn 6
Geschäfte iSd Norm sind Rechtsgeschäfte, die nach ihrer Art objektiv der Deckung des privaten Lebensbedarfs dienen, also einen Bezug zur familiären Konsumgemeinschaft aufweisen, womit an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit iRd §§ 1360, 1360a angeknüpft wird (Bremen FamRZ 10, 1080), soweit sie nach außen in Erscheinung tritt. Übersteigt das Erscheinungsbild die tatsächliche Leistungsfähigkeit, so erhöht das den Umfang der möglichen Mitverpflichtung (BGH FamRZ 18, 673). Geschäfte im Berufs- oder Erwerbsbereich fallen unabhängig von Art und Umfang der Tätigkeit nicht darunter (Ddorf OLGR 07, 302 für gewerbliche Mietverhältnisse). Dass ein Ehegatte ausdrücklich im Namen des anderen auftritt, steht der Mithaftung nicht zwingend entgegen (BGH aaO).
Rn 7
Auch dann, wenn es sich um Geschäfte zur Deckung des privaten Lebensbedarfs der Familie handelt, kommt eine Mitverpflichtung des Ehegatten nur bei Angemessenheit in Betracht. Diese liegt vor, wenn nach Art und Umfang des Geschäfts eine vorherige Abstimmung der Ehegatten nicht notwendig oder üblich erscheint und idR auch nicht stattfindet (Köln FamRZ 91, 434; Frankf FamRZ 83, 913). Sie fehlt dagegen, wenn die Geschäfte ohne Schwierigkeit zurückgestellt werden können, größeren Umfang aufweisen und eine vorherige Vereinbarung angezeigt ist (MüKo/Roth Rz 20). Maßgebend ist der äußere Zuschnitt des Haushalts, der individuelle, äußerlich erkennbare Lebensstil (BGH FamRZ 85, 576; Celle FamRZ 23, 1270), wobei hilfsweise auf die bei Familien in vergleichbarer sozialer Lage üblichen Verbrauchsgewohnheiten abzustellen ist (BGH aaO).
Rn 8
Von der Norm erfasst sind: Kauf von Lebensmitteln und notwendiger Kleidung (RGZ 61, 78), Kauf von Haushaltsgeräten, Hausrat und hierauf bezogene Reparaturaufträge, Kauf von Spielzeug, Schulbedarf und Geschenken in angemessenem Umfang (LG Stuttgart MDR 67, 45), Verträge mit Telefon- und Kommunikationsgesellschaften (LG Stuttgart FamRZ 01, 1610), betreffend Energieversorgung (BGH FamRZ 13, 1199) und Heizmaterial, Beauftragung von Handwerkern für Reparaturarbeiten in der Ehewohnung (Ddorf NJW-RR 01, 1084) sowie Tierarzt für Haustiere (AG Kerpen FamRZ 89, 619), Anstellung und Kündigung der Haushaltshilfe, Beauftragung eines Rechtsanwalts dann, wenn es um die Abwehr von Ansprüchen geht, die sich gegen die Erhaltung des gemeinsames Heimes richten (Ddorf FamRZ 11, 35; KG ZMR 06, 207). Unerheblich ist, ob es sich um Fernabsatz- oder Haustürgeschäfte handelt (Staud/Voppel Rz 72).
Rn 9
Zurückhaltung ist bei der Buchung von Urlaubsreisen geboten, weil diese typischerweise abgesprochen werden (Köln FamRZ 91, 434; LG Hamburg NJW 02, 1055). Eine Verpflichtung wird nur dann angenommen werden können, wenn die Buchungen im Einzelfall tatsächlich üblicherweise von einem Ehegatten allein vorgenommen werden. Str Beauftragung eines Wohnraummaklers (zust. LG Darmstadt NJW-RR 05, 1583; abl Oldbg FamRZ 11, 37 bei Provision von 15.000 EUR). Abschluss und Kündigung eines Versicherungsvertrags fallen dann unter § 1357, wenn die Versicherung einen Bezug zum Lebensbedarf der Familie hat (BGH FamRZ 18, 673 bei Vollkaskoversicherung für das Familienauto; abl Hamm RuS 23, 662 für Teilkaskoversicherung für Wohnmobil). Abschluss einer Hausratsversicherung allein durch die Ehefrau führt nicht zur Stellung des Ehemannes als Mitversicherungsnehmer, wenn bei Vertragsschluss allein die Ehefrau aufgetreten ist und keine Anhaltspunkte ersichtlich sind, dass der Ehemann nach deren Willen ebenfalls Versicherungsnehmer sein sollte (Hamm VersR 20, 1180).
Rn 10
Nicht von der Norm erfasst sind: Vertrag über Bau oder Kauf eines Hauses (BGH FamRZ 89, 35) einschl damit verbundene Darlehensaufnahme (LG Aachen FamRZ 89, 1176) und Beauftragung eines Maklers (Jena MDR 11, 970), langfristige Pachtverträge einschl deren Kündigung (Kobl NJW-RR 91, 66; BGH NJW 51, 309), Anmietung einer Wohnung (LG Mannheim FamRZ 94, 445) oder die Änderung des Mietvertrages (BGH ZMR 16, 519), Kündigung (AG Münster MDR 90, 900) oder Aufhebung des Mietverhältnisses (LG Köln FamRZ 90, 744) sowie Geltendmachung von oder Verzicht auf Mieterhöhung (LG Berlin WuM 12, 26), Maßnahmen zur Vermögensanlage und -verwaltung (MüKo/Roth Rz 24), Aufwendungen für einen Umzug zum Zweck des Getrenntlebens (LG Aachen FamRZ 80, 996). Erwerb oder Leasing eines Kfz fällt regelmäßig nicht unter § 1357 (Ddorf OLGR 01, 508), es sei denn, Anschaffungen dieser Art werden regelmäßig von einem Ehegatten getätigt. Auch ein Werkvertrag zur Gartenpflege eines im Alleineigentum eines Ehegatten stehenden Grundstücks ist kein Geschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs (Celle BauR 13, 243).
Rn 11
Unter § 1357 fallen Verträge über die ärztliche Behandlung gemeinsamer Kinder, solche über die Behandlung des Ehegatten nur dann, wenn der Ehegatte sich nicht ausschl selbst verpflichten wollte und die Angemessenheit angesichts der Dringlichkeit und Art der Behandlung gewahrt ist (LG Oldbg FamRZ 09, 1221), wobei medizinisch notwendige und unaufschie...