Rn 25
Der Zweck der Regelung des IV besteht darin, landwirtschaftliche Betriebe im Falle der Ehescheidung durch den Ansatz des idR geringeren Ertragswertes zu schützen und im öffentlichen Interesse zu erhalten (BVerfG NJW 85, 1329; BGHZ 113, 325). Eine analoge Anwendung der Norm etwa auf die Gütergemeinschaft findet nicht statt (BGH FamRZ 86, 776).
I. Begriff.
Rn 26
Land- und forstwirtschaftliche Betriebe sind solche, die eine zum selbstständigen Betrieb der Landwirtschaft, einschl der Viehzucht oder der Forstwirtschaft, geeignete und bestimmte Wirtschaftseinheit darstellen und mit den nötigen Wohn- und Wirtschaftsgebäuden versehen sind (BGH NJW 64, 1414 [BGH 04.05.1964 - III ZR 159/63]). Außer Ackerbau und Viehzucht rechnen dazu auch Betriebe des Wein-, Obst- und Gemüseanbaus, gärtnerischer Nutzung wie Blumenzucht, Milch- und Viehwirtschaftsbetriebe, Geflügelhaltung und Pferdezucht, während zur Forstwirtschaft auch Betriebe zur Gewinnung von Nutz- und Brennholz rechnen sowie Baumschulen (Staud/Thiele Rz 18), nicht aber Betriebe mit reiner Massentierhaltung (Staud/Thiele Rz 18).
Rn 27
Zum Betrieb gehören dessen Zubehör (§ 98 Nr 2), sämtliche Gegenstände, die zum ordnungsgemäßen Betrieb erforderlich und in ihn eingegliedert sind (MüKo/Koch Rz 60) sowie die betrieblichen Erzeugnisse (Staud/Thiele Rz 19). Nebenbetriebe sind zu berücksichtigen, soweit sie unselbstständig sind (MüKo/Koch Rz 63), wie zB die mit der Landwirtschaft verbundene Gastwirtschaft, Reitschule oder der Beherbergungsbetrieb für Feriengäste, solange die gewerbliche Betätigung Annex des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes ist. Dasselbe gilt für Aktien an einer Zuckerfabrik, die mit dem Recht und der Pflicht zur Zuckerlieferung verbunden sind (BGH FamRZ 91, 1266).
Rn 28
Änderungen des Betriebsvermögens während der Ehe nehmen an der Privilegierung nicht teil (Staud/Thiele Rz 24), es sei denn, der Hinzuerwerb war zur Erhaltung der Lebensfähigkeit des Betriebs erforderlich (BGH FamRZ 91, 1266). Identität zwischen Anfangs- und Endvermögen ist nicht erforderlich (BGH FamRZ 16, 1044).
II. Voraussetzungen.
Rn 29
Der Ehegatte muss Inhaber des Betriebes sein, was auch der Fall ist, wenn der Betrieb zwar teilweise verpachtet ist, aber im Wesentlichen vom Eigentümer genutzt wird (Schlesw FamRB 04, 37). Ist er dagegen nur Pächter, kommt ein Ansatz des Betriebes im Zugewinnausgleich nicht in Betracht.
Rn 30
Es muss die Weiterführung oder Wiederaufnahme des Betriebs durch den Eigentümer oder dessen Abkömmling erwartet werden. Bestehen bei realistischer Betrachtung keine Anhaltspunkte für diese Prognoseentscheidung, weil zB nur noch Grund und Boden vorhanden sind, scheidet eine Ertragswertberechnung aus (BVerfG NJW 85, 1329 [BVerfG 16.10.1984 - 1 BvL 17/80]).
Rn 31
Die Privilegierung unterbleibt, wenn nicht der Betreiber in Anspruch genommen wird, sondern seinerseits Ausgleichsansprüche geltend macht.
III. Ertragswert.
Rn 32
Für die Berechnung des Ertragswertes ist von dem Reinertrag auszugehen, den der Betrieb nach seiner bisherigen wirtschaftlichen Bestimmung bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung nachhaltig gewähren kann (§ 2049 II). Landesrechtliche Vorschriften bleiben gem Art 137 EGBGB unberührt (Ertragswert = 25-facher, in Bayern 18-facher jährlicher Reingewinn; Steffen AgrarR 85, 99). Erleidet der Betrieb während der Ehezeit einen Wertverlust, ist dieser von dem Wert des übrigen hoffreien Vermögens abzuziehen (Schlesw OLGR 04, 40). Lasten auf einem landwirtschaftlichen Betrieb Verbindlichkeiten, ist im Rahmen der Ertragswertmethode nur die hierauf anfallende Zinsbelastung zu berücksichtigen, nicht auch der Nominalwert der Belastungen (BGH FamRZ 16, 1044).