Dr. iur. Franz-Thomas Roßmann
Gesetzestext
(1) 1Die Ehegatten haben zunächst die Gesamtgutsverbindlichkeiten zu berichtigen. 2Ist eine Verbindlichkeit noch nicht fällig oder ist sie streitig, so müssen die Ehegatten zurückbehalten, was zur Berichtigung dieser Verbindlichkeit erforderlich ist.
(2) Fällt eine Gesamtgutsverbindlichkeit im Verhältnis der Ehegatten zueinander einem der Ehegatten allein zur Last, so kann dieser nicht verlangen, dass die Verbindlichkeit aus dem Gesamtgut berichtigt wird.
(3) Das Gesamtgut ist in Geld umzusetzen, soweit dies erforderlich ist, um die Gesamtgutsverbindlichkeiten zu berichtigen.
Rn 1
Können die Eheleute sich nicht vereinbaren, sind für die Auseinandersetzung die §§ 1475–1482 maßgeblich.
Rn 2
Zunächst sind die Gesamtgutsverbindlichkeiten zu berichtigen (§ 1475). Hierzu zählen solche Verbindlichkeiten, derentwegen die Gläubiger Befriedigung aus dem Gesamtgut verlangen können, die aber noch während des Bestehens der Gütergemeinschaft begründet worden sein müssen. Verbindlichkeiten, die erst im Zuge des Betriebes des Gesamtguts nach der Beendigung der Gütergemeinschaft eingegangen werden, sind, sofern nicht der andere Ehegatte bei der Begründung der Schulden mitgewirkt oder ihr zugestimmt hat, von demjenigen zu tragen, der sie eingegangen ist (München FamRZ 96, 170).
Rn 3
Soweit erforderlich, ist das Gesamtgut in Geld umzusetzen (§ 1475 III). Das geschieht bei beweglichen Sachen durch Verkauf. Kommt die hierfür erforderliche Einigung nicht zustande, ist nach Gemeinschaftsrecht zu verfahren, §§ 753, 1233 ff. Bei Immobilien findet, soweit eine Einigung nicht erzielt werden kann, die Teilungsversteigerung (§ 180 I ZVG) statt. Diese kann jeder Ehegatte beantragen, wobei dem jeweils anderen die Möglichkeit gegeben ist, dagegen – als Familiensache – im Wege des Drittwiderspruchsantrags entsprechend § 771 ZPO vorzugehen (BGH FamRZ 85, 903).
Rn 4
Zulässig ist es auch, dass ein Ehegatte die Verbindlichkeiten als Alleinschuldner übernimmt und die Gläubiger den anderen aus der Haftung entlassen (BGH FamRZ 86, 40). Sofern Forderungen noch nicht fällig oder streitig sind, sind entspr Rücklagen zu bilden, um auf diese Weise den späteren Ausgleich der Forderungen zu gewährleisten.
Rn 5
Jeder Ehegatte hat gegen den anderen einen Anspruch darauf, dass die Gesamtgutsverbindlichkeiten berichtigt werden, ehe es zu einer Aufteilung des Überschusses kommt (BGH FamRZ 86, 40). Er kann deswegen ggf auch die zur Teilung des Gesamtguts erforderlichen Willenserklärungen bis zur sachgemäßen Schadensregulierung verweigern (BGH aaO). So soll möglichst verhindert werden, dass einer der Ehegatten einem Gesamtgutsgläubiger persönlich haftet (§§ 1480, 1481), was eintreten könnte, wenn das Gesamtgut ohne Rücksicht auf noch bestehende Verbindlichkeiten verteilt würde (BGH FamRZ 85, 903). Ist das Bestehen der Verbindlichkeiten zwischen den Ehegatten streitig, ist die Zustimmung des anderen Ehegatten zur Auszahlung in einem gesonderten Verfahren geltend zu machen (Oldbg FamRZ 11, 1059).
Rn 6
IRe ordnungsgemäßen Verwaltung kann daneben jeder Ehegatte verlangen, dass zunächst diejenigen Verbindlichkeiten ausgeglichen werden, an deren Berichtigung ein besonderes Interesse besteht, die zB bereits tituliert sind. Reicht iÜ das Gesamtgut nicht aus, die Gesamtgutsverbindlichkeiten vollständig auszugleichen, können die Ehegatten die Gläubiger auch in der Reihenfolge der Anmeldung befriedigen, ohne sich der Haftung nach § 1480 auszusetzen (MüKo/Münch § 1475 Rz 4).
Rn 7
Für die danach noch nicht getilgten Verbindlichkeiten haftet derjenige Ehegatte persönlich, in dessen Person sie begründet worden sind, es sei denn, die Ehegatten haften bei gemeinsamer Verwaltung gem § 1459 gemeinschaftlich.
Rn 8
Würde die Berichtigung der Gesamtgutsverbindlichkeiten unterbleiben, liefe der Gläubiger Gefahr, nach Beendigung der Gütergemeinschaft nur noch die Möglichkeit zu haben, auf denjenigen Ehegatten zugreifen zu können, in dessen Person die Schuld begründet worden ist, da ihm die Möglichkeit des Zugriffs auf das Gesamtgut abgeschnitten wäre und der andere Ehegatte auch im Fall der Alleinverwaltung nicht persönlich mit seinem Sonder- oder Vorbehaltsgut haftet, §§ 1437–1449. Selbst bei gemeinsamer Verwaltung haften die Ehegatten gem §§ 1459–1462 nicht für alle während der Gütergemeinschaft begründeten Verbindlichkeiten persönlich. Um dieser im Fall unvollständiger Tilgung der Gesamtgutsverbindlichkeiten für den Gesamtgutsgläubiger bestehenden Gefahr zu entgehen, bestimmt § 1480, dass in jenen Fällen auch der jeweils andere Ehegatte persönlich haftet, allerdings begrenzt auf die ihm nach der Auseinandersetzung der Gütergemeinschaft zugeteilten Gegenstände. Beide Ehegatten haften dann nach außen als Gesamtschuldner, wobei § 1481 die interne Haftung regelt.