Prof. Dr. Moritz Brinkmann
Rn 10
Die Annahme führt nur dann zum Vertragsschluss, wenn sie dem Antragenden innerhalb der nach §§ 147, 148 zu bestimmenden Annahmefrist zugeht. Die rechtzeitige Abgabe genügt vorbehaltlich § 149 S 2 nicht. Die verspätete Annahme ist gem § 150 I als neuer Antrag zu werten. Im Fall der Vereitelung des rechtzeitigen Zugangs muss sich der Empfänger so behandeln lassen, als sei die Erklärung rechtzeitig zugegangen (§ 162 Rn 11; MüKo/Busche § 147 Rz 35).
I. Vom Antragenden gesetzte Annahmefrist, § 148.
Rn 11
Hat der Antragende selbst eine Annahmefrist gesetzt, so ist diese maßgebend. Hierin liegt zugleich die Setzung einer Bindungsfrist nach § 145 Hs 2. Die Fristsetzung bedarf der Form des Antrags (BeckOK/H.-W. Eckert Rz 3), ist dieser formfrei, kann sie auch konkludent geschehen oder sich aus den Umständen ergeben (Fristbestimmung durch Setzen einer Zuschlagsfrist nach § 10 I VOL/A 2009 Saarbr NZBau 06, 462 [OLG Saarbrücken 21.03.2006 - 4 U 51/05-79]; Frist zur schriftlichen Fixierung des Verhandlungsergebnisses Ddorf OLGR 07, 465, BAG NZA 07, 925 [BAG 01.02.2007 - 2 AZR 44/06] Tz 16 bitte um ›umgehende Mitteilung‹). § 550 gilt für die Fristsetzung nicht (BGH NJW 10, 1518 [BGH 24.02.2010 - XII ZR 120/06]). Für Fristbestimmung in AGB s § 308 Nr 1. Bezüglich der Annahme einer Änderungskündigung darf die gesetzliche Frist von drei Wochen nach § 2 2 KSchG nicht durch eine nach § 148 bestimmte Frist unterschritten werden (BAG DB 07, 1474). Die Berechnung der Frist erfolgt nach §§ 186 ff, wobei die nach einem Zeitraum bestimmte Frist idR am Tage des Antrags (nicht seines Zugangs) beginnt (Soergel/Riesenhuber § 148 Rz 10). Soweit ein konkretes Datum festgesetzt wurde, ist eine Annahme an diesem Tag im Zweifel noch fristgemäß, § 188. Nachträgliche Fristverlängerung ist möglich. Eine kürzere als die nach § 147 II einschlägige Frist kann allerdings gem § 130 I 2 nur vor oder gleichzeitig mit dem Antrag gesetzt werden. Ist die Fristsetzung unwirksam, gilt § 147 II; die Auslegungsregel des § 139 ist insoweit nicht anzuwenden.
Rn 12
Eine Vertragsannahme durch einen Vertreter ohne Vertretungsmacht kann trotz § 184 I nur innerhalb der Frist genehmigt werden (BGHZ 108, 380 = NJW 90, 508; 73, 1790; Staud/Bork Rz 10; BeckOK/H.-W. Eckert Rz 9; aA Jauernig/Mansel § Rz 1).
II. Fehlen einer Fristbestimmung.
Rn 13
Hat der Antragende seinem Angebot keine Fristbestimmung beigefügt und lässt sich eine solche auch nicht dem Gesetz entnehmen (zB § 8 II 1, V 1 TzBfG, vgl LAG Düsseldorf BeckRS 20, 13108 Tz 24), kommt es für die Bestimmung des Zeitraums der Annahmefähigkeit gem § 147 darauf an, ob es sich um ein Angebot unter An- oder Abwesenden handelt.
1. Annahme eines Angebots unter Anwesenden, § 147 I.
Rn 14
Unter Anwesenden wird gehandelt, wenn die Möglichkeit besteht, dass die Abgabe der Willenserklärung mit ihrer Kenntnisnahme unmittelbar zusammenfällt. Dies ist neben dem direkten Gespräch gem § 147 I 2 auch bei Telefongesprächen, Videokonferenzen (NK-BGB/Rademacher/G. Schulze § 147 Rz 11). Bei Kommunikation per E-Mail oder über Online-Plattformen liegt dagegen eine Erklärung unter Abwesenden vor (ebenso für Chats über das Internet Dörner AcP 02, 375). Wird das Angebot ggü einem Empfangsboten abgegeben, so liegt eine Erklärung unter Abwesenden vor, nicht so bei einem Angebot an einen Stellvertreter, selbst wenn dieser vollmachtlos ist (BGH NJW 96, 1062, 1064 [BGH 14.12.1995 - IX ZR 242/94]). Bei der Übergabe von verkörperten Willenserklärungen wird man regelmäßig § 147 II anwenden können (BGH NJW 85, 196 [BGH 17.09.1984 - II ZR 23/84]; Frankf NJW-RR 98, 567 [OLG Braunschweig 12.08.1997 - 4 U 13/97]; Staud/Bork § 147 Rz 2; aA NK-BGB/Rademacher/G. Schulze § 147 Rz 12: Frist nach § 148).
Rn 15
Das Angebot muss ohne jedes Zögern, ob schuldhaft oder nicht, so schnell wie objektiv möglich angenommen werden. Abhängig von den Umständen, insb von der Komplexität des Angebots ist dadurch jedoch keine Antwort in Sekundenschnelle gefordert (Staud/Bork § 147 Rz 5; sehr weitgehend AG Nördlingen ZWE 17, 146, ausnahmsweise sechsmonatige Frist). Bei Störungen der Kommunikation – etwa durch Abbruch der Telefonverbindung – kann der Annehmende durch sofortigen Rückruf noch rechtzeitig die Annahme erklären (MüKo/Busche § 147 Rz 31; NK-BGB/Rademacher/G. Schulze § 147 Rz 11).
2. Annahme eines Angebots unter Abwesenden, § 147 II.
Rn 16
Die gesetzliche Annahmefrist eines Antrags unter Abwesenden, für den keine Fristbestimmung nach § 148 greift, setzt sich zusammen aus der Zeit für die Übermittlung des Antrags an den Empfänger, dessen Bearbeitungs- und Überlegungszeit sowie aus der Zeit für die Übermittlung der Antwort an den Antragenden (BGH NJW 96, 919, 921). Die Bestimmung der einzelnen Zeiträume muss aus der objektivierten Perspektive des Antragenden vorgenommen werden: Weiß er, dass der Erklärungsempfänger im Urlaub ist oder wegen starken Arbeitsanfalls, Krankheit oder aus sonstigen Gründen an der Bearbeitung des Angebots gehindert ist, so verlängert sich die Überlegungsfrist (BGH NJW 16, 1441 Tz 21; BGH NJW 08, 1148 Tz 21; BGHZ 145, 139, 142 = NJW 01, 303; BAG BB 03, 1732). Das gleiche gilt, wenn ihm bekannt ist, dass der Angebotsempfänger Ausk...