Prof. Dr. Moritz Brinkmann
Gesetzestext
Hat der Antragende für die Annahme des Antrags eine Frist bestimmt, so kann die Annahme nur innerhalb der Frist erfolgen.
A. Annahmeerklärung.
I. Ausdrückliche oder konkludente Annahme.
Rn 1
Die Annahme ist wie das Angebot empfangsbedürftige Willenserklärung. Ihr Zugang ist allerdings in den Fällen der §§ 151 1, 152 entbehrlich. Inhaltlich liegt eine Annahme vor, wenn die Erklärung eine uneingeschränkte Zustimmung zum Angebot enthält. Daher geht das Angebot der Annahme stets voraus, die ›antizipierte Annahme‹ ist entweder invitatio (§ 145 Rn 6) oder selbst Angebot (Hamm NJW 01, 1143; NK-BGB/Rademacher/G. Schulze Vor §§ 145 Rz 19; aber BGHZ 149, 129, 134 = NJW 02, 363). Zur Annahme unter Änderungen s § 150 2.
Rn 2
Soweit die Annahme formfrei möglich ist, kann sie auch durch automatisierte Willenserklärung (abzugrenzen von der elektronischen Bestellbestätigung, AG Butzbach NJW-RR 03, 55) oder schlüssiges Verhalten erfolgen (etwa durch die widerspruchslose Fortsetzung der Tätigkeit nach einem Änderungsangebot, das sich jedenfalls teilweise im Arbeitsverhältnis unmittelbar auswirkt (BAG ZIP 02, 46; durch Durchführung des Betankungsvorgangs bei SB-Tankstelle BGH NJW 11, 2871). Ob in der Einlösung eines Schecks eine Annahme des zusammen mit der Scheckzusendung angebotenen Teilerlasses zu sehen ist, ist Auslegungsfrage. Hierbei kommt es entscheidend auf das Verhältnis zwischen Höhe der geltend gemachten Forderung und Schecksumme an (zur Abgrenzung zwischen konkludenter Annahme des angetragenen Erlassvertrags und unzulässiger Erlassfalle BGH NJW 01, 2325 [BGH 10.05.2001 - VII ZR 356/00]; Kobl NJW 03, 758 [OLG Koblenz 21.11.2002 - 5 U 1035/02]). Eine konkludente Annahme ist vorbehaltlich § 242 ausgeschlossen, wenn die Parteien fälschlich von einem bereits geschlossenen Vertrag ausgehen (BGH NJW 16, 1441 [BGH 24.02.2016 - XII ZR 5/15] Tz 36 auch zu Ausnahmen zum Schutz des redlichen Rechtsverkehrs), vgl auch §§ 148 Rn 4, 150 Rn 2.
II. Schweigen als Annahme.
1. Schweigen im Allgemeinen.
Rn 3
Schweigen stellt auch im kaufmännischen Verkehr grds keine Annahme dar (NK-BGB/Rademacher/G. Schulze § 147 Rz 5). Auch iRv § 663 und § 44 BRAO folgt aus einem Unterlassen der Ablehnungsanzeige nur ein Ersatzanspruch auf das negative Interesse (§ 663 Rn 5; Jauernig/Mansel § 663 Rz 3). Anders im Anwendungsbereich von § 516 II 2, § 362 I HGB und § 5 III 1 PflVG. In diesen Fällen knüpft das Gesetz an das Schweigen des Angebotsempfängers die Fiktion der Annahme. Weiterhin kann zwischen den Parteien vereinbart worden sein, dass dem Schweigen Annahmewirkung zukommen soll (›beredtes Schweigen‹, Ddorf NJW 05, 1515 [OLG Düsseldorf 28.12.2004 - 21 U 68/04]). Für Vereinbarung in AGB s § 308 Nr 5. Auch bei entspr Rahmenverträgen oder bei laufender Geschäftsverbindung, bei der sich eine derartige Übung entwickelt hat, kann im Schweigen eine konkludente Annahme liegen (RGZ 84, 324; bei außergewöhnlichen und besonders bedeutsamen Geschäften jedoch zu verneinen, BGH NJW-RR 94, 1165 [BGH 01.06.1994 - XII ZR 227/92]).
Rn 4
Schweigt der Empfänger eines Angebots, das auf eine von ihm stammende invitatio hin abgegeben wurde, so wird man dagegen grds nur einen Schadensersatzanspruch aus § 311 II anerkennen können (RGZ 102, 229; Staud/Bork § 146 Rz 10; NK-BGB/Rademacher/G. Schulze § 147 Rz 7; aA Erman/Armbrüster § 147 Rz 3). Aus der Verletzung einer ausnahmsweise zu bejahenden Pflicht zur Ablehnung des Angebots (§ 146 Rn 1) folgt insofern nicht zwingend die Fiktion der Annahme (aA Grüneberg/Ellenberger § 147 Rz 3). Zur Abgrenzung muss es darauf ankommen, ob sich das Verhalten des Angebotsempfängers nach §§ 133, 157 dahingehend auslegen lässt, dass er den Vertrag wollte. Die Rspr verfährt hier zT unter Berufung auf § 242 großzügig. So soll bei einer geringfügig verspäteten Annahmeerklärung das Schweigen des Empfängers regelmäßig als konkludente Annahme des neuen Angebots (§ 150 I) zu werten sein (§ 150 Rn 2). Auch in diesen Fällen soll aber Anderes anzunehmen sein, wenn Umstände vorliegen, die die Möglichkeit einer Änderung seiner sachlichen Entscheidung nahelegen (BGH NJW 86, 1809 [BGH 26.03.1986 - VIII ZR 85/85]; NJW-RR 94, 1165 [BGH 01.06.1994 - XII ZR 227/92]). Weitergehend Flume II § 35 II 2, der § 149 analog anwenden will. Auch Schweigen auf ein Angebot auf Grund von Verhandlungen, bei denen alle wesentlichen Punkte geklärt worden waren und die Parteien daher fest mit einem Vertragsschluss rechnen durften, soll Annahme sein (BGH NJW 96, 920 [BGH 02.11.1995 - X ZR 135/93]; NJW 95, 1281 [BGH 14.02.1995 - XI ZR 65/94]; sogar bei Vorverhandlungen mit namensähnlicher Schwesterfirma BGH NJW-RR 86, 457 [BGH 15.01.1986 - VIII ZR 6/85]).
2. Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben.
Rn 5
Kraft Gewohnheitsrechts (K. Schmidt HandelsR § 19 III 1a) kann auch an das Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben die Fiktion der Annahme durch den Empfänger geknüpft werden (s aber auch die gesetzliche Annahmefiktion in § 362 HGB, s Rn 3). Tatbestandlich gelten folgende Voraussetzungen: (1) Absender und Empfänger des Schreibens müssen Kaufleute sein oder wie solche am Geschäftsverkehr teilnehmen (Vertretung eines Nicht-Kaufmanns...