Rn 6
soll dem an der Ehe festhaltenden Ehegatten die Möglichkeit und die Zeit geben, sich auf die Auflösung der Ehe einzustellen (BTDrs 7/4361, 13). Da die Ehescheidung gegen den Willen eines Ehegatten regelmäßig mit Härten verbunden ist, ist der Maßstab für die schwere Härte nicht die Ehe schlechthin, sondern die bereits gescheiterte. Nur dann, wenn sich auf Grund außergewöhnlicher Umstände durch die Scheidung besondere Härten ergeben, kann an der bereits gescheiterten Ehe festzuhalten sein, wobei hier anders als im Falle der Kinderschutzklausel die beiderseitigen Interessen gegeneinander abzuwägen sind. Die Härte muss durch die Auflösung des Ehebandes, nicht durch die Trennung begründet sein (Brandbg FamRZ 10, 1803), die zumeist als viel einschneidender empfunden wird als der Scheidungsausspruch (Bambg FamRZ 22, 682).
Rn 7
Krankheit reicht dann nicht aus, die schwere Härte zu begründen, wenn sie nicht zu einer psychischen Ausnahmesituation geführt hat (Brandbg FamRZ 10, 1803) oder bei zumutbaren Therapiemöglichkeiten (Hamm MDR 24, 378). Anders aber etwa im Spätstadium der Erkrankung des an der Ehe festhaltenden Ehegatten an multipler Sklerose, wenn schon kleine Aktivierungen der Entzündungsvorgänge massive Anfälle bewirken, so dass die Gefahr wesentlicher gesundheitlicher Verschlechterungen besteht (BGH FamRZ 85, 905 [BGH 05.06.1985 - IVb ZR 13/84]). Aber auch das gilt dann nicht, wenn die Verweigerung der Ehescheidung nunmehr für den scheidungswilligen Ehegatten zu einer akuten lebensbedrohenden Gesundheitsgefährdung führen kann (Hamm NJW-RR 89, 1159 [OLG Hamm 10.01.1989 - 1 UF 199/88]). Schwere Härte ist zu bejahen, wenn dem betagten und pflegebedürftigen Ehegatten eine Ehescheidung in seinen letzten Lebensjahren nicht mehr zugemutet werden kann (Stuttg NJW-RR 02, 1443) oder wenn der Aufenthalt eines in einem Pflegeheim lebenden Ehegatten allein durch die Ehe gesichert ist (AG Tempelhof FamRZ 14, 1780).
Rn 8
Die religiöse Überzeugung eines Ehegatten und seine Stellung in einer Glaubensgemeinschaft können die schwere Härte nicht begründen (Schlesw OLGR 01, 6; Stuttg FamRZ 91, 334).
Rn 9
Die Suizidgefahr führt nur dann zur Anwendung der Norm, wenn sie aus einer von dem Ehegatten nicht zu steuernden psychischen Ausnahmesituation resultiert (BGH FamRZ 81, 1161; Hamm FamRZ 90, 60; Schlesw MDR 06, 874), nicht dagegen dann, wenn sie eine von dem Ehegatten selbst zu verantwortende Fehlreaktion darstellt (FAFamR/v Heintschel-Heinegg, Kap 2 Rz 46). Mit der Scheidung einhergehende seelische Belastungen sind grds zumutbar, insb dann, wenn der unter Depressionen leidende Ehegatte therapiefähig ist (Stuttg NJW-RR 92, 1093; Hamm FamRZ 90, 60). Da überdies Depressionen eine häufige Begleiterscheinung des Partnerverlustes darstellen, begründen sie allein nicht die scheidungshindernden außergewöhnlichen Umstände, wenn als ihre Folge der Suizid droht (Celle NJW-RR 95, 1409 [OLG Celle 03.03.1995 - 15 UF 95/94]).
Rn 10
Keine schwere Härte liegt in der drohenden Abschiebung eines ausländischen Ehegatten, weil die Rechtsfolgen des Ausländerrechts an die dauerhaft bestehende Trennung anknüpfen und dem rechtlichen Bestand der Ehe ausländerrechtlich keine entscheidende Bedeutung zukommt (Nürnbg FamRZ 96, 35; Karlsr FamRZ 90, 630). Das gilt selbst dann, wenn nach der drohenden Abschiebung der Verlust der Bindung zum gemeinsamen Kind zu befürchten ist (Köln FamRZ 98, 827).
Rn 11
Nicht zu begründen vermögen die schwere Härte die langjährige Blockade des Umgangs mit den gemeinschaftlichen Kindern durch den die Scheidung begehrenden Ehegatten (Frankf MDR 02, 521), die lange Ehedauer, die Ablehnung der Scheidung aus ethischen Gründen oder der unbedingte Wille, an der Ehe festzuhalten (Brandbg FamRZ 09, 1223) und ein nach Ehescheidung zu leistender Zugewinnausgleich mit nachfolgenden wirtschaftlichen Problemen (Hamm FamRZ 89, 1188). Unerheblich ist auch, dass der Krankenversicherungsschutz des Ehegatten nach der Scheidung hinter dem bei fortbestehender Ehe zurück bleibt und damit der Versorgungsstatus nicht aufrechterhalten wird (BGH FamRZ 81, 649), oder dass sich die Scheidung zum aktuellen Zeitpunkt hinsichtlich des Erwerbs von Rentenversorgungsanwartschaften ungünstig auswirkt, weil der Ehegatte wegen der Betreuung eines gemeinschaftlichen schwerstbehinderten Kindes an der Ausweitung seiner Berufstätigkeit gehindert ist (KG NJW-RR 01, 1658 [KG Berlin 29.08.2000 - 19 UF 3553/99]). Keine schwere Härte liegt auch darin, dass ein Landwirt den von seiner Ehefrau eingebrachten Hof, den er jahrzehntelang bewirtschaftet hat, verlassen muss (München OLGR 95, 9), anders aber dann, wenn dies mit anderen Umständen wie hohem Lebensalter und Pflegebedürftigkeit zusammentrifft (Stuttg NJW-RR 02, 1443 [OLG Stuttgart 14.05.2002 - 18 UF 519/01]). Wirtschaftliche Folgen sind grds iRd güterrechtlichen Scheidungsfolgen zu erfassen und für die Härte ebenso zu gewichten wie immaterielle Folgen (BGH NJW 84, 2353). Die Härtefallklausel bietet auch keinen Schutz ...