Rn 12
Nach II setzt der Überlassungsanspruch im Fall der dinglichen Berechtigung des überlassenden Ehegatten voraus, dass die Wohnungszuweisung erforderlich ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden. Das gilt auch dann, wenn der dinglich Berechtigte dem anderen die Wohnung für die Trennungszeit zunächst überlassen hatte (Ddorf FamRZ 18, 1816). Mit der Entscheidung wird nicht in dingliche Rechte am Haus eingegriffen; die Wohnungszuweisung erfolgt nur zum Gebrauch, weshalb sie auch keinen enteignenden Eingriff darstellt. Allerdings kann der die Wohnung übernehmende Ehegatte gem V die Begründung eines Mietverhältnisses beanspruchen.
Rn 13
II regelt nur den Fall, in dem sich die Ehewohnung im eigenen Haus eines der Ehegatten befindet oder dieser mit einem Dritten Miteigentümer ist. Dasselbe gilt, wenn zu Gunsten eines der Ehegatten an dem Haus ein Nießbrauchrecht (§ 1030), ein Erbbaurecht (§ 1 ErbbauVO) oder ein dingliches Wohnrecht bestellt ist (§ 1093). Weiter findet II Anwendung auf den Fall des Wohnungseigentums (§ 1 WEG) oder Dauerwohnrechts (§ 31 WEG) an der Ehewohnung.
Rn 14
Konkurrieren mehrere dingliche Rechte der Ehegatten an der Ehewohnung miteinander, so ist demjenigen dinglich Berechtigten der Vorrang einzuräumen, dessen Berechtigung den anderen von der Nutzung ausschließt. Das gilt zB im Verhältnis zwischen Eigentümer und Nießbraucher, in dem allein auf das Eigentum abzustellen ist (Stuttg FamRZ 90, 1260). Sind beide Ehegatten Miteigentümer des mit der ehelichen Wohnung bebauten Grundstücks, aber nur einer Erbbauberechtigter und damit alleiniger Eigentümer der Ehewohnung selbst, gilt entsprechendes (Oldbg FamRZ 98, 57). Bei Gleichrang der dinglichen Berechtigung folgt die Entscheidung aus I, ebenso, wenn ein dingliches Wohnrecht und das Eigentum miteinander konkurrieren, das Wohnrecht aber nicht unter Ausschluss der Eigentümer bestellt worden ist (Naumbg FamRZ 98, 1529).
Rn 15
An die Annahme einer unbilligen Härte sind strenge Anforderungen zu stellen, um nicht mehr als notwendig in das Eigentum einzugreifen. Die Zuweisung muss deshalb auf Grund außergewöhnlicher Umstände dringend notwendig sein, um eine für den Nichteigentümer unerträgliche Belastung abzuwenden; die Aufgabe der Wohnung muss eine ungewöhnlich schwere Beeinträchtigung darstellen (Naumbg FamRZ 02, 131; Köln FamRZ 92, 322). Eine bloße Unbequemlichkeit begründet die schwere Härte nicht. Auch reicht es nicht aus, dass einer der Ehegatten die Wohnung dringender benötigt als der andere oder dass er keine der Ehewohnung vergleichbare Unterkunft zu finden vermag (München FamRZ 95, 1205). Die Wohnungszuweisung kann auch nicht zum Zweck der Sicherung sonst gefährdeter Unterhaltsansprüche erfolgen (München FamRZ 95, 1205). Andererseits ist der Anwendungsbereich nicht auf Sachverhalte unmittelbarer Gewalt für Leib oder Leben des betroffenen Ehegatten beschränkt. Es genügen außergewöhnliche Umstände, die das Verbleiben des Ehegatten zu einer unerträglichen Belastung machen. Hierzu rechnet auch grob rücksichtsloses Verhalten (Naumbg OLGR 06, 307).
Rn 16
Positiv kann eine unbillige Härte angenommen werden, wenn derjenige Elternteil, der die gemeinsamen Kinder betreut, im Gegensatz zu dem anderen keine andere für sich und die Kinder angemessene Wohnung finden kann (BayObLG FamRZ 74, 17). Unangemessen wäre eine Ersatzwohnung, wenn der die Kinder betreuende Elternteil gezwungen wäre, im Wohnzimmer zu schlafen (Köln FamRZ 96, 492). Im Fall der Betreuung nur eines bereits 14 Jahre alten Kindes wird allerdings kaum anzunehmen sein, dass keine angemessene Ersatzwohnung gefunden werden kann (Oldbg FamRZ 98, 571). Dasselbe gilt für die nur abstrakte Befürchtung einer Destabilisierung gemeinsamer Kinder durch einen Umzug, zumal dann, wenn der kinderbetreuende Elternteil während der Trennungszeit keinerlei Anstrengungen zur Suche von Ersatzwohnraum unternommen hat (Frankf FamRZ 22, 1845).
Rn 17
Die unbillige Härte kann auch darin begründet sein, dass der Nichteigentümer in dem Haus oder in der Ehewohnung einen Gewerbebetrieb oder eine Praxis hat, die nicht alsbald verlegt werden können. Abzustellen ist in diesem Zusammenhang auch auf das Alter der Beteiligten, ihre psychische Verfassung und ihre körperlichen Gegebenheiten (Brandbg FamRZ 22, 1523) sowie darauf, ob der Eigentümer die Wohnung überhaupt selbst benötigt und nutzen will oder ob er wegen schlechter finanzieller Verhältnisse auf die Verwertung der Wohnung angewiesen ist (Stuttg OLGZ 68, 126).