Rn 9
Der Anspruch auf nachehelichen Unterhalt ist stets ein einheitlicher Anspruch, auch wenn zwei oder mehrere Einzeltatbestände gleichzeitig oder im zeitlichen Anschluss aneinander (zusammengesetzte Anspruchsgrundlage), verwirklicht sind (BGH FamRZ 01, 1687).
Bei der Abgrenzung des nachehelichen Unterhalts wegen eines Erwerbshindernisses nach §§ 1570–1572 und des Aufstockungsunterhalts nach § 1573 II ist zu unterscheiden, ob wegen des Hindernisses eine Erwerbstätigkeit vollständig oder nur zum Teil ausgeschlossen ist. Wenn der Berechtigte vollständig an einer Erwerbstätigkeit gehindert ist, ergibt sich der Unterhaltsanspruch allein aus §§ 1570 bis 1572, und zwar auch für den Teil des Bedarfs, der nicht auf dem Erwerbshindernis, sondern auf dem den angemessenen Lebensbedarf übersteigenden Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen gem § 1578 I 1 beruht. Ist der Berechtigte hingg nur teilweise an einer Erwerbstätigkeit gehindert, ergibt sich der Anspruch wegen des allein durch die Erwerbshinderung verursachten Einkommensausfalls aus §§ 1570 bis 1572 und iÜ als Aufstockungsunterhalt aus § 1573 II (BGH FamRZ 14, 823; 10, 869). Dies gilt auch für die Abgrenzung von Krankheitsunterhalt nach § 1572 und Aufstockungsunterhalt nach § 1573 II (BGH FamRZ 12, 1040; 10, 869). Ist der Berechtigte aus gesundheitlichen Gründen an einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit gehindert und ist der Einsatzzeitpunkt des § 1573 gewahrt, beruht der Anspruch nicht allein auf § 1573 II (vgl auch Ddorf FuR 09, 418).
Ist der einem titulierten Unterhaltsanspruch zugrunde liegende Tatbestand wegen Veränderung der Verhältnisse weggefallen, kann es geboten sein, die Unterhaltspflicht aufgrund eines anderen Unterhaltstatbestands aufrechtzuerhalten (BGH NJW 95, 1891 [BGH 15.03.1995 - XII ZR 257/93]). Besteht nur eine Verpflichtung zur Zahlung eines Teilunterhalts, kann ein Anschlussunterhalt auch nur in Höhe des Teilbetrages verlangt werden (Ddorf FamRZ 94, 965).
Das mögliche Bestehen verschiedener Anspruchsgrundlagen macht eine genaue Differenzierung und Bezifferung der verschiedenen Teilansprüche erforderlich (BGH FamRZ 10, 869). Dies gilt auch seit Inkrafttreten des UÄndG (BGH FamRZ 12, 517; 10, 869). Ausnahmsweise ist eine genaue Bestimmung der Unterhaltstatbestände nicht erforderlich, etwa wenn eine Befristung aus Billigkeitsgründen ausscheidet (BGH FamRZ 99, 708). Eine fehlende Aufschlüsselung der Anspruchsgrundlagen beschwert den Unterhaltsschuldner (BGH FamRZ 01, 1687). Die Darlegungs- und Beweislast für alle Voraussetzungen des neuen Unterhaltsanspruchs trägt der Berechtigte, unabhängig von der Rolle der Beteiligten des (Abänderungs-)Verfahrens (BGH FamRZ 90, 496).