Prof. Dr. Moritz Brinkmann
Rn 41
Vielfach wird von der Rspr im Weg ergänzender Vertragsauslegung ein (stillschweigender) Haftungsverzicht angenommen, wenn der Geschädigte billigerweise das Risiko hätte versichern können (BGH NJW 79, 414, 415 [BGH 14.11.1978 - VI ZR 178/77] für Beschränkung der Haftung ggü Mitfahrer; Hamm NJW-RR 00, 1047 für Vollkaskoversicherung bei Ersatzfahrzeug; Wessel VersR 11, 569). Das Bestehen einer Haftpflichtversicherung auf Seiten des Schädigers soll gegen eine Haftungsbeschränkung sprechen (BGH NJW 09, 1482 [BGH 10.02.2009 - VI ZR 28/08]). Zuweilen gerät dabei freilich die Voraussetzung des Bestehens einer wirksamen und damit auslegungsfähigen Vereinbarung zwischen den Parteien aus dem Blick (BGH NJW 79, 644 für Schäden am KFZ bei Probefahrt). Im Wege ergänzender Auslegung entnimmt man dem Gebäudeversicherungsvertrag des Vermieters mit einem Versicherer einen konkludenten Regressverzicht des Versicherers gegen den nur fahrlässig handelnden Mieter (BGH NJW-RR 05, 381). Dies gilt auch dann, wenn dieser haftpflichtversichert ist (BGH NJW-RR 07, 684 [BGH 20.12.2006 - VIII ZR 67/06]; zur entspr Anwendbarkeit von § 78 II 1 VVG im Verhältnis Gebäude- und Haftpflichtversicherer BGH NJW 06, 3707 [BGH 13.09.2006 - IV ZR 273/05]; LMK 06, 204, 726 m Anm Hübner). Dennoch kann in der mietvertraglichen Verpflichtung des Wohnungsmieters, die (anteiligen) Kosten der Gebäudeversicherung zu zahlen, keine stillschweigende Beschränkung seiner Haftung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit gesehen werden. Der Vermieter ist jedoch verpflichtet, den Gebäudeversicherer und nicht den Mieter auf Schadensausgleich in Anspruch zu nehmen, wenn ein Versicherungsfall vorliegt (BGH NJW-RR 05, 381 [BGH 03.11.2004 - VIII ZR 28/04]).
Rn 42
Freistellungsvereinbarungen verpflichten regelmäßig nicht nur zur Erfüllung begründeter, sondern auch zur Abwehr unbegründeter Ansprüche (BGH NJW 02, 2382 [BGH 19.04.2002 - V ZR 3/01]).
Im Rahmen eines auf unbestimmte Dauer angelegten Gaslieferungsvertrags ergibt eine ergänzende Auslegung, dass der Grundversorger berechtigt ist, Steigerungen seiner Bezugskosten, soweit diese nicht durch Kostensenkungen in anderen Bereichen ausgeglichen werden, während der Vertragslaufzeit an seine Kunden weiterzugeben und umgekehrt verpflichtet ist, ebenso mit Kostensenkungen zu verfahren (BGH ZIP 15, 2226 Tz 66 ff).
Rn 43
Bei einem Gewährleistungsausschluss bzgl eines Grundstückskaufs kann eine Verpflichtung zur Abtretung von Ansprüchen des Verkäufers und Erstkäufers gegen seinen (Erst-)Verkäufer nur bejaht werden, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Erstverkäufer nicht endgültig entlastet werden sollte (BGH NJW 04, 1873 [BGH 13.02.2004 - V ZR 225/03]).
Rn 44
Zum Drittschutz bei Gutachterleistungen (BGH NJW 02, 3625 [BGH 17.09.2002 - X ZR 237/01]; 04, 3035 [BGH 20.04.2004 - X ZR 250/02]). Zu Rücknahmeverpflichtungen bez Ersatzteilen bei KFZ-Vertragshändlern (BGH NJW-RR 08, 1371 [BGH 18.06.2008 - VIII ZR 154/06]).
Rn 45
Klauseln über den Rückkaufswert von Kapitallebensversicherungen, die wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam sind, dürfen nicht im Wege des Treuhänderverfahrens nach § 163 VVG (§ 172 II aF) durch inhaltsgleiche Bestimmungen ersetzt werden. Im Wege ergänzender Vertragsauslegung ergibt sich, dass der Stornoabzug entfällt und der Rückkaufswert bei Kündigung die Hälfte des mit den Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation berechneten ungezillmerten Deckungskapitals nicht unterschreiten darf (BGH NJW 05, 3559; NJW-RR 08, 188 [BGH 26.09.2007 - IV ZR 20/04]).
Rn 46
Die Umsatzsteuer ist ein rechtlich unselbstständiger Teil des Kaufpreises (BGH NJW 91, 2486 [BGH 16.05.1991 - VII ZR 296/90] für Berechnung der Nutzungsvergütung). Der Käufer darf grds davon ausgehen, dass sie im angebotenen Preis enthalten ist (BGH NJW 02, 2312; München NJW-RR 93, 415), anders bei RAen, Steuerberatern und Architekten. Bei Irrtümern über UStPflicht gilt: Bei beiderseitigem Irrtum ist USt nach- bzw zurückzuzahlen (BGH NJW-RR 00, 1652 [BGH 14.01.2000 - V ZR 416/97]). Anders bei einseitigem Irrtum des Verkäufers (BGH NJW 02, 2312 [BGH 28.02.2002 - I ZR 318/99]).
Rn 47
Trägt der Mieter die Pflicht, Reparatur- und Instandsetzungsarbeiten durchführen zu lassen, so hat er dem Vermieter bei Beendigung des Mietverhältnisses statt der Instandsetzung einen Ausgleich in Geld zu zahlen, wenn dieser das Mietobjekt umbaut und dadurch die Instandsetzungsmaßnahmen zerstört würden (BGHZ 151, 53, 58 = NJW 02, 2383. Zu Schönheitsreparaturen s.a. BGH NJW 04, 2961. Ist die Klausel zur Abwälzung von Schönheitsreparaturen unwirksam, so lässt sich auch im Wege ergänzender Vertragsauslegung kein Anspruch des Vermieters auf eine Mieterhöhung konstruieren, BGH ZMR 08, 878). Nicht ausreichend ist die bloße Absicht des Vermieters, Umbaumaßnahmen durchzuführen (BGH NJW 14, 1521 [BGH 12.02.2014 - XII ZR 76/13]). Eine Regelung über die Umlegung der Kosten einer Gemeinschaftsantenne lässt sich ergänzend dahin auslegen, dass bei deren Beseitigung die Kosten ...