Rn 11
Die Billigkeitsregelung des § 1578b gilt für alle Unterhaltstatbestände, auch für § 1572 (BGH FamRZ 11, 188; 09, 1207; Schlesw FamRZ 11, 302). § 1578b ist neben § 1579 (vgl Rn 10) anwendbar. § 1578b ist auch im Hinblick auf die Befristung des Krankheitsunterhalts nicht wegen Unbestimmtheit verfassungswidrig (BGH FamRZ 10, 1414). Der Befristungs- und Begrenzungseinwand kann auch ggü dem Sozialleistungsträger geltend gemacht werden (BGH FamRZ 10, 1057). Auch eine im Fall einer Unterhaltsversagung eintretende Sozialhilfebedürftigkeit schließt eine Befristung nicht notwendig aus (BGH FamRZ 11, 875; 10, 1057).
Ird Billigkeitsabwägung ist insb zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Ehebedingte Nachteile schränken regelmäßig die Möglichkeit einer Befristung und Begrenzung ein (BGH FamRZ 11, 875; 10, 629; Hamm FamRZ 10, 814). Ird § 1572 ist die Krankheit selbst regelmäßig nicht ehe-, sondern schicksalsbedingt (BGH FamRZ 13, 1291; 11, 875), auch, wenn eine psychische Erkrankung durch die Ehekrise und Trennung ausgelöst worden ist (BGH FamRZ 13, 1291; 11, 188; 11, 875). Etwas anderes gilt, wenn die Krankheit etwa im unmittelbaren Zusammenhang mit der Geburt eines ehegemeinschaftlichen Kindes auftritt und zu einer Bedürftigkeit führt (Braunschw FamRZ 08, 999; Nürnbg FuR 08, 359) oder bei Schädigung durch den Partner (Saarbr FamRZ 11, 225). Bei nicht ehebedingter Krankheit kann sich ein ehebedingter Nachteil nur daraus ergeben, dass ein Unterhaltsgläubiger aufgrund der Rollenverteilung in der Ehe (BGH NJW 11, 300) nicht ausreichend für den Fall der krankheitsbedingten Erwerbsminderung vorgesorgt hat (BGH FamRZ 13, 1291; 11, 188). Der Ausgleich unterschiedlicher Altersvorsorgebeiträge ist jedoch vornehmlich Aufgabe des Versorgungsausgleichs (BGH FamRZ 13, 1291; 11, 188; Saarbrücken FamRZ 13, 630).
§ 1578b beschränkt sich nicht auf die Kompensation ehebedingter Nachteile, sondern berücksichtigt auch eine darüber hinausgehende nacheheliche Solidarität (BGH FamRZ 11, 713, 875; 10, 629; 11, 713; Hamm FamRZ 15, 1397). Indem § 1578b I 2 ›insb‹ auf das Vorliegen ehebedingter Nachteile abstellt, ist die Berücksichtigung anderer Gesichtspunkte iRd Billigkeitsabwägung nicht ausgeschlossen. Dies gewinnt insb iRd § 1572 wegen einer Krankheit, die regelmäßig nicht ehebedingt ist, an Bedeutung (BGH FamRZ 10, 1452; 10, 629). Geboten ist eine umfassende Billigkeitsabwägung im Einzelfall (Hamm FamRZ 15, 1397). Insb die Dauer der Pflege oder Erziehung gemeinschaftlicher Kinder, die Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit sowie die Dauer der Ehe sind zu berücksichtigen (BGH FamRZ 13, 1291; 10, 629) oder auch die wirtschaftlichen Verhältnisse der (geschiedenen) Ehepartner (BGH FamRZ 09, 406; Celle FamRZ 09, 56). Diese Billigkeitsabwägung kann in einem Fall zu einer Begrenzung des Krankheitsunterhalts führen (BGH FuR 09, 203), in einem anderen Fall auch einen unbefristeten Krankheitsunterhaltsanspruch rechtfertigen (BGH FamRZ 11, 713; 10, 1057; 09, 1914: 26-jährige Hausfrauenehe, vier Kinder, Eigeneinkünfte der Ehefrau nur knapp über dem Selbstbehalt). Auch eine Prognose hinsichtlich des weiteren Krankheitsverlaufs ist zu berücksichtigen (Hamm NJW-RR 10, 577; Köln FamRZ 09, 429). Ein ehebedingter Nachteil kann sich aus der Aufgabe der Erwerbstätigkeit wegen Kindererziehung und Haushaltstätigkeit während der Ehe ergeben, wenn deswegen die Voraussetzungen für eine Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht erfüllt sind. Nach § 43 II Nr 2 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze nur dann Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit gezahlt haben (BGH FamRZ 11, 713).
Der Maßstab des angemessenen Lebensbedarfs, der nach § 1578b regelmäßig die Grenze für die Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts bildet, bemisst sich nach dem Einkommen, das der berechtigte Ehegatte ohne die Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte. Beim Krankheitsunterhalt ist auf das Einkommen abzustellen, das der Berechtigte ohne die Ehe und Kindererziehung im Fall seiner Krankheit zur Verfügung hätte. Aus dem Begriff der Angemessenheit folgt aber zugleich, dass der herabgesetzte Unterhaltsbedarf jedenfalls das Existenzminimum des Berechtigten erreichen muss (BGH FamRZ 11, 713; 10, 629). Erzielt der Berechtigte eigene Einkünfte, die diesen angemessenen Unterhaltsbedarf erreichen, oder könnte er solche Einkünfte erzielen, kann dies iRd Billigkeitsabwägung nach einer Übergangszeit, in der er sich nach gescheiterter Ehe von den ehelichen Lebensverhältnissen auf den Lebensbedarf nach den eigenen Einkünften umstellen kann, zum vollständigen Wegfall des Krankheitsunterhalts in Form einer Befristung führen (BGH FamRZ 10, 629; 09, 1990). Erzielt der Berechtigte nach einer e...