Rn 11
Voraussetzungen des § 1574 III
- dass zur Aufnahme einer angemessenen Erwerbstätigkeit eine Aus- oder Fortbildung erforderlich ist
- ein erfolgreicher Abschluss zu erwarten ist
- und mit der erstrebten Ausbildung eine realistische Chance auf dem Arbeitsmarkt besteht (BGH FamRZ 86, 553).
Die Obliegenheit zur Ausbildung, Fortbildung und Umschulung nach III ergibt sich aus der Erwerbsobliegenheit, wenn mit dem bisherigen Bildungsstand eine angemessene bedarfsdeckende Tätigkeit nicht gefunden werden kann (BGH FamRZ 86, 1085). Die Obliegenheit zur Ausbildung beginnt in dem gleichen Zeitpunkt wie die Obliegenheit zur Arbeitssuche. Die Begriffe Ausbildung, Fortbildung und Umschulung sind wie bei § 1575 (vgl § 1575 Rn 2 ff) zu verstehen. § 1574 III beinhaltet eine Obliegenheit des Berechtigten, während § 1575 ihm einen Ausbildungsanspruch gibt (BGH FamRZ 86, 1085).
Die Ausbildung muss erforderlich sein (BGH FamRZ 87, 691). Eine Obliegenheit zur Weiterbildung besteht nicht, wenn der bedürftige Ehegatte nach Abschluss voraussichtlich ein Alter erreicht haben wird, mit dem er die Voraussetzungen des § 1571 erfüllt. Bei einer besonders zeit- und kostenaufwändigen Ausbildung müssen allerdings besondere Gründe vorliegen; andernfalls muss eine kürzere und kostengünstigere Alternative gewählt werden (BGH FamRZ 84, 561). Übt der Berechtigte bereits eine angemessene Erwerbstätigkeit aus, mit der er ggf seinen vollen Unterhalt nicht deckt, besteht allenfalls ein Anspruch nach § 1573 (BGH FamRZ 82, 360). Darüber hinaus muss ein erfolgreicher Ausbildungsabschluss zu erwarten sein (BGH FamRZ 86, 553). Der Anspruch während der Weiterbildung beruht auf § 1573 I, da eine Erwerbstätigkeit noch nicht möglich ist.
Rn 12
Der Höhe nach entspricht er dem Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen und umfasst gem § 1578 II auch die Kosten der Weiterbildung. Eine zeitliche Begrenzung kommt in Betracht, wenn die Dauer der Weiterbildung zuverlässig prognostiziert werden kann (BGH FamRZ 86, 553). Ist dies nicht zu erwarten, steht dem Verpflichteten ein entspr Auskunfts- und Informationsanspruch auch hinsichtlich des Verlaufs der Weiterbildung zu. IÜ ist er auf ein Abänderungsverfahren zu verweisen. Kommt der Bedürftige seiner Ausbildungsobliegenheit schuldhaft nicht nach, darf er sich nach § 1574 III nicht mehr auf eine Ausbildungsberechtigung berufen, wenn sein bisheriges Verhalten als mutwillige Herbeiführung der Bedürftigkeit zu werten ist (BGH FamRZ 86, 553). Bei mutwilliger Unterlassung einer Ausbildung können fiktive Einkünfte zugerechnet werden in Höhe eines Betrages, den der Berechtigte bei ordnungsgemäßer Ausbildung aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit hätte erzielen können (BGH NJW 86, 3080). Ein ergänzender Aufstockungsunterhaltsanspruch ist nicht ausgeschlossen (BGH FamRZ 88, 927).
Rn 13
Verstoßen Unterhaltsgläubiger oder -schuldner gegen eine jeweilige Obliegenheit, ist, sofern eine realistische Beschäftigungschance besteht, entspr Einkommen zu fingieren (BGH FamRZ 88, 927). Es sind die Einkünfte anzusetzen, die erzielt worden wären, wenn keine Obliegenheit verletzt worden wäre (BGH FamRZ 96, 345).
Sind die Umstände, welche die Annahme fiktiver Einkünfte rechtfertigen, nicht mehr gegeben, ist die Abänderung zulässig. Die Abänderung eines wegen mutwilliger Aufgabe einer gut bezahlten Arbeitsstelle auf fiktiver Grundlage ergangenen Unterhaltstitels ist nicht bereits mit der Behauptung zulässig, der Abänderungsantragsteller genüge inzwischen seiner Erwerbsobliegenheit, verdiene aber weniger als zuvor. Erforderlich ist vielmehr, dass der Abänderungsantragsteller geltend macht, er hätte die frühere Arbeitsstelle inzwischen aus anderen Gründen verloren (BGH FamRZ 08, 872). Da bei unterhaltsbezogenem leichtfertigen Verhalten als Sanktion folgt, dass das vormals erzielte Einkommen unabhängig von der Erzielbarkeit fortgeschrieben wird, ist keine Veränderung der Verhältnisse gegeben, wenn der Unterhaltspflichtige nun einen neuen Arbeitsplatz mit geringeren Bezügen findet. Erzielt er geringere Einkünfte als früher, kommt eine Abänderung nur in Betracht, wenn bei Fortbestand des alten Arbeitsverhältnisses zwischenzeitlich der Arbeitsplatzverlust auch ohne unterhaltsbezogenes Verhalten eingetreten wäre. Bei einem Wiedereinstieg in das Erwerbsleben nach langer Unterbrechung muss sich die Unterhaltsbeteiligten ggf mit einem vergleichsweise niedrigeren Gehalt begnügen (Köln FamRZ 93, 711). Soweit eine selbstständige Beschäftigung ausgeübt wird, die keinen Gewinn abwirft, ist eine abhängige Beschäftigung anzunehmen (BGH FamRZ 05, 23).