Prof. Dr. Moritz Brinkmann
I. Definition.
Rn 1
Bedingung iSd §§ 158 ff ist eine vertragliche Nebenbestimmung, welche die Wirkungen des Rechtsgeschäfts an ein zukünftiges, ungewisses Ereignis knüpft. Das Gesetz nennt allerdings nicht nur die rechtsgeschäftliche Abrede ›Bedingung‹, sondern auch das in Bezug genommene ungewisse Ereignis. Eine solche rechtsgeschäftliche Gestaltung erlaubt es, die Zeitpunkte der Vornahme des Rechtsgeschäfts und seiner Wirkungen voneinander zu trennen. Diese Trennung kann unterschiedlichen Zwecken dienen. Praktisch außerordentlich große Bedeutung haben heute Bedingungen iRv
Sicherungsgeschäften (Kaufpreiszahlung als aufschiebende Bedingung beim Eigentumsvorbehalt. Bei der Sicherungsübereignung ist dagegen im Zweifel keine auflösende Bedingung anzunehmen, BGH NJW 84, 1185 [BGH 02.02.1984 - IX ZR 8/83]; NJW 94, 865 [BGH 13.01.1994 - IX ZR 79/93]; Vor §§ 1204 ff Rn 22). Bedingungen können aber auch verwendet werden, um das Risiko zu berücksichtigen, dass sich die vertragswesentlichen Umstände anders als von den Parteien erhofft entwickeln. Schließlich kann ein Verfügungsgeschäft grds so auflösend bedingt werden, dass es unwirksam wird, wenn das Verpflichtungsgeschäft unwirksam ist. Auf diese Weise ist eine Überwindung des Abstraktionsprinzips möglich (MüKo/Westermann Rz 26). Zur bedingten Erbeinsetzung BGH NJW-RR 09, 1455 [BGH 24.06.2009 - IV ZR 202/07].
II. Arten von Bedingungen.
1. Aufschiebende und auflösende Bedingung.
Rn 2
§ 158 unterscheidet Bedingungen zunächst nach der Art ihres Einflusses auf das Rechtsgeschäft. Die Wirkungen des Rechtsgeschäfts können mit Eintritt der Bedingung eintreten (aufschiebende oder Suspensivbedingung, I) oder zu diesem Zeitpunkt enden (auflösende oder Resolutivbedingung, II). Die Abgrenzung zwischen auflösender und aufschiebender Bedingung kann im Einzelfall schwierig sein. Vgl die Auslegungsregeln in §§ 449, 454, 2074.
2. Art des Ereignisses.
Rn 3
Das in Bezug genommene Ereignis kann jeder ungewisse Tatbestand sein, insb auch ein bestimmtes Verhalten eines Beteiligten. Die Ungewissheit des Ereignisses kann sich nur auf das ›Ob‹ beziehen (Erleben des 60. Geburtstages) oder zusätzlich auf das ›Wann‹ (Eintritt eines bestimmten Börsenkurses). Wird auf ein künftiges gewisses Ereignis abgestellt, handelt es sich um eine Befristung iSv § 163.
Rn 4
Bedingungen lassen sich nach der Art des fraglichen Ereignisses weiter in Zufalls- und Potestativbedingungen einteilen.
a) Zufallsbedingung.
Rn 5
Bei der Zufallsbedingung steht der Eintritt der Bedingung nicht im Belieben einer der Parteien, sondern hängt vom Verhalten eines Dritten ab (unzulässig im Falle des § 2065, vgl zur Zulässigkeit einer solchen Bedingung iÜ BayObLG NJW-RR 86, 94; vgl auch BGH WM 63, 192) oder ist ausschl zufällig in dem Sinn, dass kein Einzelner auf den Eintritt Einfluss besitzt, wie etwa bei der Entwicklung der politischen Lage. Bedingungen, die an ein vollkommen dem Zufall überlassenes Ereignis anknüpfen, können zur Beurteilung des Geschäfts als Spiel iSv § 762 führen (NK-BGB/Wackerbarth Rz 4).
b) Potestativ- und Wollensbedingung.
Rn 6
Bei der Potestativbedingung sind die Wirkungen des Rechtsgeschäfts an ein Verhalten geknüpft, das im Belieben einer der Parteien steht. Diese kann also durch Vornahme oder Unterlassen der entspr Handlung die Wirkungen des Rechtsgeschäfts herbeiführen oder beenden. Die Potestativbedingung knüpft insofern nicht unmittelbar an den Willen einer Partei, sondern lediglich an ihr Verhalten an, das freilich regelmäßig Ausdruck ihres Willens sein wird. Schulbeispiel ist der Eigentumsvorbehalt (Soergel/Klinck Vor § 158 Rz 24). Solche Potestativbedingungen sind grds zulässig und in § 2075 auch gesetzlich anerkannt (vgl aber BGH WM 83, 991 für den Fall, dass die Erfüllung einer vertraglichen Nebenpflicht, Kautionszahlung, als aufschiebende Bedingung des Vertrags formuliert wurde). Zur Beendigung eines unabsehbar langen Schwebezustands bei Potestativbedingungen kommt uU eine Fristsetzung analog §§ 146, 148 (BGH NJW 85, 1557 [BGH 26.11.1984 - VIII ZR 217/83]) durch die andere Seite in Betracht.
Rn 7
Ein Sonderfall der Potestativbedingung ist die Wollensbedingung, bei der die Wirkungen des Vertrags direkt in das freie Belieben einer der Parteien gestellt werden. Die Rspr verfährt bei der Anerkennung derartiger Bedingungen im Rahmen gegenseitiger Verträge großzügig (BGHZ 47, 387, 391 = NJW 67, 1605; BGH GRUR 17, 1144). Die auflösende Wollensbedingung ist in der Tat außerhalb von Verfügungen, bei denen auflösende Wollensbedingungen aus Gründen der Rechtssicherheit unzulässig sind (Soergel/Klinck Vor § 158 Rz 27), unproblematisch (Giesen FS Schapp, 159, 167 ff). Funktional kommt diese Konstruktion der Vereinbarung eines einseitigen Kündigungs- oder Rücktrittsvorbehalts nahe (Staud/Bork Vor §§ 158–163 Rz 18). Von diesen Instituten ist die auflösende Wollensbedingung durch Auslegung abzugrenzen (vgl LG Hamburg NJW-RR 91, 823 [LG Hamburg 25.10.1990 - 302 O 50/90]). Die aufschiebende Wollensbedingung wird dagegen von einigen Stimmen in der Literatur, abgesehen vom Kauf auf Probe, § 454 I, nicht anerkannt. Eingewendet wird, dass es hier am Vorliegen eines verbindlichen Vert...