Rn 69
Der Einsatzbetrag des nach § 1615l Berechtigten richtet sich nach dessen Bedarf. Da über § 1615l III die Vorschriften über den Verwandtenunterhalt entsprechend anzuwenden sind, gilt § 1610. Danach bestimmt sich der Bedarf nach der Lebensstellung des Berechtigten. Auf die Lebensstellung des Pflichtigen kommt es nicht an. Ebenso wenig hat dieser Bedarf etwas mit dem Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen von Eheleuten zu tun. Daher kommt es ausschließlich auf die bis zur Geburt des Kindes nachhaltig erzielten Einkünfte des nach § 1615l Berechtigten an (BGH FamRZ 10, 357; 444). Darauf anzurechnen ist insbesondere das Elterngeld, soweit es nicht nach § 11 BEEG anrechnungsfrei ist.
Rn 70
Der BGH beschränkt allerdings den Bedarf auf den Halbteilungsgrundsatz. Nach seiner Auffassung darf der nach § 1615l Berechtigte mit eigenen Einkünften nicht mehr zur Verfügung haben, als dem Pflichtigen verbleibt (BGH FamRZ 10, 357; 444). Dieser Eingriff in den Bedarf kann nicht ohne Kritik bleiben. Zum einen ergibt sich die Beschränkung nicht aus dem Gesetz. § 1610 sieht einen derartigen Vorbehalt nicht vor. Zum anderen findet sie im Gesetz nicht einmal Anklang. Der Gesetzgeber hat vielmehr die Rechtsstellung des nach § 1615l Berechtigten mit der Unterhaltsreform verbessert, indem er diesen auf den zweiten Rang angehoben hat, nachdem er bis dahin mit seinem Unterhaltsanspruch den dritten Rang bekleidete. Schließlich führt diese Begrenzung auf der Bedarfsebene auch zu unangemessenen, teils nicht nachvollziehbaren Ergebnissen, vor allem bei Vorliegen eines Mangelfalles. Im Mangelfall führt die Bedarfsdeckelung zu einem geringeren Einsatzbetrag, obwohl der nach § 1615l Berechtigte im Ergebnis nach Durchführung der Mangelfallberechnung weniger erhält, als dem Pflichtigen verbleibt. Aus welchem Grunde in einem solchen Fall schon der Bedarf begrenzt werden soll, wenn die Rechtfertigung dafür im Ergebnis gar nicht eintritt, ist nicht nachvollziehbar. An eine Berücksichtigung des Halbteilungsgrundsatzes könnte daher allenfalls bei der Leistungsfähigkeit gedacht werden. Beim Erfordernis einer Mangelfallberechnung kann der Bedarf eines nach § 1615l Berechtigten niemals über 1.280 EUR liegen, da dem Pflichtigen wegen seines Selbstbehalts genau dieser Betrag seines Einkommens verbleibt. Beschränkt man den an sich höheren Bedarf des Berechtigten nach § 1615l, wird er wegen des geringeren Einsatzbetrages in der Mangelfallberechnung ggü dem Ehegatten benachteiligt. Gleichwohl erhält der nach § 1615l Berechtigte aus der Mangelfallberechnung weniger als dem Pflichtigen verbleibt. Warum dann zuvor der Bedarf begrenzt wurde, ist nicht einleuchtend. Würde man den Halbteilungsgrundsatz bei der Leistungsfähigkeit anwenden, müsste eine Ergebniskorrektur ausbleiben, weil dem Pflichtigen aus der Mangelfallberechnung mehr verbleibt, als der nach § 1615l Berechtigte zur Verfügung hat. Zu beachten ist auch bei dem nach § 1615l Berechtigten ein Mindestbedarf iHd Existenzminimums, das nach Anm A V der Düsseldorfer Tabelle von 91.18 EUR und ein Selbstbehalt von 1.475 EUR bei nicht erwerbstätigen und 1.600 EUR bei erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen besteht.
Rn 71
Wenn der Anspruch aus § 1615l Abs 2 S 2 mit einem gleichrangigen ehelichen Unterhaltsanspruch konkurriert und Ersterer bereits vor Rechtskraft der Scheidung entstanden und damit eheprägend ist, soll die Dreiteilungsmethode angewendet werden (BGH NJW 19, 2392 [BGH 15.05.2019 - XII ZB 357/18]).