Rn 6
Der in § 1581 genannte angemessene Unterhalt des Unterhaltsverpflichteten steht damit dem vollen eheangemessenen Unterhalt nach §§ 1578 I 1 bzw 1361 gleich (BGH FuR 12, 192).
Rn 7
Der eheangemessene Bedarf des Unterhaltspflichtigen beträgt damit bei einer Alleinverdienerehe und einem Erwerbstätigenbonus von 1/7, 4/7 und von 1/10 55 % seiner Einkünfte plus der Hälfte der Einkünfte, die nach dem reinen Halbteilungsgrundsatz in die Unterhaltsberechnung einzustellen sind. Bei einer Doppelverdienerehe beträgt der eheangemessene Bedarf des Unterhaltsverpflichteten 4/7 bzw 55 % seiner eigenen Einkünfte und 3/7 bzw 45 % der Einkünfte des Unterhaltsberechtigten, je nach Höhe des Erwerbstätigenbonus, sowie wiederum die Hälfte der nach dem Halbteilungsgrundsatz zu berücksichtigenden Rechnungsposten.
Rn 8
Dieser Vorschrift wurde durch die BGH-Rspr zum Wandel der ehelichen Lebensverhältnisse der Anwendungsbereich genommen. Im Grunde gab es keine Fälle von eingeschränkter Leistungsfähigkeit im Sinne der Vorschrift, weil die gesamten einkommenssenkenden Entwicklungen bereits die ehelichen Lebensverhältnisse prägten und deshalb schon auf der Bedarfsebene und nicht erst bei der Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen waren. Dies hat das BVerfG in seiner Entscheidung vom 27.1.01 (FamRZ 11, 437) für die Berücksichtigung eines weiteren Ehegattenunterhalts missbilligt, aber im Übrigen hervorgehoben, dass auch unvorhergesehene einkommenssenkende Entwicklungen die ehelichen Lebensverhältnisse prägen, wenn sie nicht vorwerfbar sind und auch bei Fortbestand der Ehe zu berücksichtigen wären. Damit erlangt die Vorschrift ihren ursprünglichen Anwendungsbereich wieder zurück, wenn der unterhaltspflichtige Ehegatte wieder verheiratet ist und den Unterhalt des neuen Ehegatten berücksichtigt wissen will.
Rn 9
Bsp: Monatliches bereinigtes Nettoeinkommen des Mannes 3.500 EUR.
Eheprägendes monatliches bereinigtes Nettoeinkommen der Frau 1.400 EUR
Zinseinkünfte 200,00 EUR
Wohnvorteil 600,00 EUR
Bedarf der Frau:
9/10 von 3.500,00 EUR |
3.150,00 EUR |
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+ 9/10 von 1.400,00 EUR |
1.260,00 EUR |
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+ Zinsen |
200,00 EUR |
|
+ Wohnvorteil |
600,00 EUR |
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ergibt insgesamt |
5.210,00 EUR |
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die Hälfte davon beträgt |
2.605,00 EUR |
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Leistungsfähigkeit des Mannes:
55 % von 3.500,00 EUR |
1.925,00 EUR |
|
45 % von 1.400,00 EUR |
630,00 EUR |
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½ von 200,00 EUR |
100,00 EUR |
|
½ von 600,00 EUR |
300,00 EUR |
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ergibt |
2.955,00 EUR |
|
Rn 10
Der aufgrund des höheren auf dem Erwerbstätigenbonus beruhenden Einkommens etwas höhere eheangemessene Bedarf des Unterhaltspflichtigen stellt die Grenze der Leistungsfähigkeit dar, nicht etwa der Selbstbehalt von 1.600,00 EUR. Läge das dem Unterhaltspflichtigen nach Abzug des Unterhalts und der berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten verbleibende Einkommen unter dem Betrag von 2.955,00 EUR, müsste der Unterhalt gem § 1581 neu berechnet werden.
Rn 11
Verfehlt ist es also, die Grenze der Leistungsfähigkeit dem notwendigen Selbstbehalt, der sich an § 1603 II anlehnt, gleichzusetzen. Es ist daher nicht zulässig, den oft unter dem eheangemessenen Bedarf liegenden Selbstbehalt als Grenze der Leistungsfähigkeit anzusehen und den Unterhaltsverpflichteten als voll leistungsfähig zu behandeln, obwohl ihm im Fall der Erfüllung der Unterhaltsverpflichtung weniger als der eigene eheangemessene Bedarf verbleibt (BVerfG FamRZ 11, 437). Richtig ist es, in einem solchen Fall gemäß § 1581 das verfügbare Einkommen unter den Eheleuten so zu verteilen, dass der sich aus den ehelichen Lebensverhältnissen ergebende Bedarf für beide angemessen gedeckt ist. Dabei ist zu beachten, dass die nach § 1581 vorzunehmende Kürzung für beide Ehegatten einheitlich erfolgen muss.
Rn 12
Bsp:
Bereinigtes Nettoeinkommen des Mannes |
3.800,00 EUR |
ehebedingte Schulden, monatliche Belastung |
350,00 EUR |
trennungsbedingte berücksichtigungsfähige Schulden des Mannes wegen Hausratanschaffung, monatliche Belastung |
100,00 EUR |
Bedarfsberechnung |
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3.800,00 EUR |
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– 350,00 EUR |
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3.450,00 EUR |
45 % = |
1.552,50 EUR für die Frau |
eheangemessener Bedarf des Mannes 55 % von 3.450,00 EUR = |
1.897,50 EUR |
|
– 100,00 EUR |
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1.797,50 EUR |
Der eheangemessene Bedarf des Mannes von 1.857,50 EUR würde damit unterschritten.
Rn 13
Bei diesem Berechnungsbeispiel ist zu beachten, dass die Schulden wegen Hausratanschaffung mit monatlicher Abtragung von 100,00 EUR die ehelichen Lebensverhältnisse nicht geprägt haben, da sie trennungsbedingt sind. Sie sind daher bei der Ermittlung des eheangemessenen Bedarfs nicht zu berücksichtigen. Anders verhält es sich demggü bei der Prüfung der Leistungsfähigkeit. Handelt es sich um berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten, wovon hier ausgegangen werden soll, sind diese in die Ermittlung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen einzubeziehen (BGH FamRZ 90, 283; 99, 1501). Dies führt dazu, dass der Unterhaltsverpflichtete im Beispielsfall in Höhe von 100,00 EUR nicht leistungsfähig ist, weil sein eigener eheangemessene Bedarf in Höhe von 1.897,50,00 EUR (55 % seines Einkommens) untersch...