Gesetzestext
(1) 1Zur Klärung der leiblichen Abstammung des Kindes können
1. |
der Vater jeweils von Mutter und Kind, |
2. |
die Mutter jeweils von Vater und Kind und |
3. |
das Kind jeweils von beiden Elternteilen |
verlangen, dass diese in eine genetische Abstammungsuntersuchung einwilligen und die Entnahme einer für die Untersuchung geeigneten genetischen Probe dulden. 2Die Probe muss nach den anerkannten Grundsätzen der Wissenschaft entnommen werden.
(2) Auf Antrag eines Klärungsberechtigten hat das Familiengericht eine nicht erteilte Einwilligung zu ersetzen und die Duldung einer Probeentnahme anzuordnen.
(3) Das Gericht setzt das Verfahren aus, wenn und solange die Klärung der leiblichen Abstammung eine erhebliche Beeinträchtigung des Wohls des minderjährigen Kindes begründen würde, die auch unter Berücksichtigung der Belange des Klärungsberechtigten für das Kind unzumutbar wäre.
(4) 1Wer in eine genetische Abstammungsuntersuchung eingewilligt und eine genetische Probe abgegeben hat, kann von dem Klärungsberechtigten, der eine Abstammungsuntersuchung hat durchführen lassen, Einsicht in das Abstammungsgutachten oder Aushändigung einer Abschrift verlangen. 2Über Streitigkeiten aus dem Anspruch nach Satz 1 entscheidet das Familiengericht.
A. Allgemeines.
Rn 1
Mithilfe des Anspruchs auf eine genetische Untersuchung kann unabhängig von einem Vaterschaftsanfechtungsverfahren die Abstammung der rechtlichen Eltern zu einem Kind geklärt und zugleich das Recht auf Kenntnis der Abstammung gewährleistet werden, ohne das Eltern-Kind-Verhältnis aufzulösen. Zur Vermeidung rechtswidriger heimlicher Vaterschaftstests gewährt § 1598a I einen Anspruch auf Einwilligung in ein außergerichtliches Abstammungsgutachten. Den Berechtigten steht ein Wahlrecht zwischen dem statusunabhängigen Klärungsanspruch und einem auf Auflösung des Eltern-Kind-Verhältnisses gerichteten Vaterschaftsanfechtungsverfahren zu. Ein Anspruch auf Klärung der genetischen Abstammung außerhalb der rechtlichen Familie wird mit der Regelung nicht eröffnet (BVerfG FamRZ 16, 877; Frankf NJW 17, 92; weitergehend § 1600g DiskE). Praktische Bedeutung erlangt das Klärungsverfahren va, wenn der Anfechtungsberechtigte den erforderlichen Anfangsverdacht (§ 171 Abs 2 FamFG) nicht darlegen kann.
B. Klärungsanspruch.
Rn 2
Tatbestandlich sind drei unterschiedliche Ansprüche geregelt. Der Anspruch auf Einwilligung in eine genetische Abstammungsuntersuchung (Abs 1 S 1) ist unmittelbar mit der Duldungspflicht zur Entnahme einer für die Untersuchung geeigneten genetischen Probe verbunden. Die Duldung umfasst die Pflicht zum Erscheinen am Ort der Probenentnahme, zur Identitätsfeststellung sowie die Mitwirkung an der Entnahme genetischen Materials durch einen Mundschleimhautabstrich oder eine Blutprobe. Zusätzlich besteht der Anspruch der klärungspflichtigen Personen auf Einsicht in das Abstammungsgutachten, das nicht im gerichtlichen Verfahren eingeholt wird oder auf Aushändigung einer Abschrift (Abs 4). Das Verfahren dient allein der Klärung der Abstammung, nicht der statusrechtlichen Korrektur.
Rn 3
Die Ansprüche bestehen in Zweifelsfällen ggü dem Vater und der Mutter, auch wenn die Mutterschaft in § 1591 ohne Anfechtungsmöglichkeit geregelt ist. Die Ansprüche auf Einwilligung und Duldung sind an keine weiteren materiell-rechtlichen Voraussetzungen gebunden und bewusst niederschwellig ausgestaltet (BGH FamRZ 17, 219; Kobl FamRZ 14, 406). Die anspruchsberechtigte Person muss keine Gründe für ihr individuelles Interesse an einer Klärung oder etwaige Zweifel an der Abstammung darlegen. Der für ein Vaterschaftsanfechtungsverfahren erforderliche Anfangsverdacht ist im Klärungsverfahren gerade nicht darzulegen. Der Anspruch ist an keine Frist gebunden und unterliegt nicht der Verjährung. Die klärungspflichtige Person kann dem Klärungsbegehren daher vom Einwand des Rechtsmissbrauchs bzw der Kinderschutzklausel nicht entgegentreten (Karlsr FamRZ 21, 1148). Die gerichtliche Entscheidung ersetzt nach § 17 VII GenDG die nach § 17 I und III GenDG erforderliche Einwilligungserklärung.
Rn 4
Tatbestandlich ist der Anspruch nur dadurch begrenzt, dass die Probe nach den anerkannten Grundsätzen der Wissenschaft entnommen werden muss (§ 1598a Abs 1 S 2), wobei primär auf die durch die RL der GEKO zur genetischen Abstammungsanalyse abzustellen ist, sodass idR ein Mundschleimhautabstrich ausreichend ist (München FamRZ 11, 1878). Das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fehlt, wenn die leibliche Abstammung des Kindes bereits durch ein vorangegangenes Abstammungsgutachten erwiesen ist. Nur ausnw besteht ein Bedürfnis für ein zweites Gutachten bzw für eine weitere Klärung, wenn die früher erfolgte Begutachtung fehlerhaft durchgeführt worden ist oder das vorliegende Abstammungsgutachten ›nicht geeignet ist, dem Anspruchsinhaber die ausreichend sichere naturwissenschaftliche Gewissheit und damit Kenntnis der Abstammung zu vermitteln‹ (BGH FamRZ 17, 219; Frankf FamRZ 16, 1476). Schwerwiegende Zweifel können bei einem geringen Wahrscheinlichkeitsgrad oder bei einer...