Rn 17
Nach II 2 greift die gesteigerte Unterhaltsverpflichtung nicht, wenn weitere leistungsfähige unterhaltspflichtige Verwandte vorhanden sind, denen trotz Barunterhaltsleistungen ihr eigener angemessener Unterhalt verbleibt. In Betracht kommen Großeltern BGH NJW 22, 331), aber auch der andere Elternteil. Voraussetzung ist, dass der barunterhaltspflichtige Elternteil außer Stande ist, ohne Gefährdung seines eigenen notwendigen Unterhalts den Unterhalt des Kindes zu decken, während der andere Verwandte in besseren Einkommensverhältnissen lebt. Grds führt der Wegfall der gesteigerten Unterhaltsverpflichtung dazu, dass sich der unterhaltsverpflichtete Elternteil auf den angemessenen Selbstbehalt berufen darf und nicht auf den notwendigen Selbstbehalt beschränkt ist. Dies ist auch dann gegeben, wenn der betreuende Elternteil den Kindesunterhalt unter Wahrung seines angemessenen Unterhalts zahlen kann und ohne seine Beteiligung am Barunterhalt ein finanzielles Ungleichgewicht zwischen den Eltern entstünde. Dies kann schon bei einem Einkommensunterschied von rund 600,00 EUR gegeben sein (BGH FuR 11, 458; 13, 653). Der angemessene Unterhalt entspricht dem angemessenen Selbstbehalt von gegenwärtig 1.750,00 EUR. Der barunterhaltspflichtige Elternteil muss allerdings sein Einkommen, das über 1.750,00 EUR liegt, grds einsetzen. Dies gilt nicht bei erheblichem Leistungsgefälle beider Elternteile. Dies ist anzunehmen, wenn der betreuende Elternteil mehr als das Dreifache als der barunterhaltspflichtige Elternteil verdient. Bei geringeren Einkommensunterschieden kommt eine anteilige Barunterhaltspflicht in Betracht, die entsprechend der Formel beim Volljährigenunterhalt berechnet werden kann, wobei allerdings wegen der Betreuungsleistung eine wertende Veränderung des Verteilungsmaßstabes zugunsten des betreuenden Elternteils vorzunehmen ist BGH FuR 13, 653). Die anteilige Barunterhaltspflicht des betreuenden Elternteils dürfte bei einem Einkommen, das mehr als doppelt so hoch wie das des an sich barunterhaltspflichtigen ist, in Betracht kommen.
Rn 17a
Was die Leistungsfähigkeit von Großeltern anbelangt, hat der BGH (NJW 22, 331 [BGH 27.10.2021 - XII ZB 123/21]) auf die Heranziehung des Selbstbehaltes von Kindern ggü Eltern iRd Elternunterhaltes verwiesen. Dies ist allerdings seit 2020 problematisch. Viele OLG und auch die Düsseldorfer Tabelle sehen keinen festen Selbstbehalt für den Elternunterhalt vor. Dies beruht auf den Auswirkungen des Angehörigen-Entlastungsgesetzes. Danach ist gegenüber dem Träger der Sozialhilfe nur noch dasjenige Kind unterhaltspflichtig, das ein höheres Bruttoeinkommen als 100.000 EUR erzielt. Vermögen wird dabei nicht eingerechnet. Abzüge wie Steuern, andere Unterhaltsverpflichtungen und Verbindlichkeiten werden ebenfalls nicht vorgenommen, es kommt auf das reine Bruttoeinkommen an. Damit zeichnen sich klare Ungleichbehandlungen ggü Kindern ab, die bis zu 100.000 EUR verdienen. Geht man davon aus, dass ein solches Kind auch noch ein Vermögen von 1 Mio. EUR hat, der über 100.000 EUR Verdienende allerdings noch Unterhaltspflichten und Verbindlichkeiten zu bereinigen hat, dem also vielleicht nur noch 3.000,00 EUR verbleiben, zeigt, dass dessen Inanspruchnahme wenig verständlich ist. Gleiches gilt, wenn der bis 100.000 EUR Verdienende keinerlei Verbindlichkeiten oder Unterhaltsverpflichtungen zu erfüllen hat, der andere aber, der über 100.000 EUR verdient, solche Verbindlichkeiten und Unterhaltspflichten zu erfüllen hat. Auch hier kommt es zu einem erheblichen Ungleichgewicht. Zieht man von dem Einkommen dessen, der 100.000 EUR verdient, Steuern und Sozialabgaben ab, wird man etwa auf 5.000 EUR netto kommen. Dem anderen darüber hinaus Mehrverdienenden verbleiben nur noch 3.000 EUR. Aus diesem Grunde steht in Rede, die Selbstbehalte bei dem Elternunterhalt entspr anzupassen, sodass solche Ungleichbehandlungen vermieden werden. Vorgeschlagen wird ein Selbstbehalt des unterhaltspflichtigen Kindes von etwa 5.000 EUR. In diesem Falle würde dieses Kind faktisch erst von dem über 100.000 EUR hinausgehenden Einkommen Unterhalt für die Eltern bezahlen.
Rn 17b
Ein solcher Selbstbehalt wäre jedoch für den Fall des Enkelunterhalts völlig unangebracht. Das Angehörigen-Entlastungsgesetz, das letztlich zu der Erhöhung des Selbstbehalts führt, hat auf den Enkelunterhalt überhaupt keinen Einfluss, da diese Fallkonstellation überhaupt nicht erfasst wird. Minderjährigenunterhalt wird vom Angehörigen-Entlastungsgesetz überhaupt nicht erfasst. Aus diesem Grunde müsste ein anderer Selbstbehalt ermittelt werden, der vielleicht an den früheren Selbstbehalt beim Elternunterhalt anknüpfen könnte. Der letzte Elternunterhalt lag bei 2.000 EUR. Dieser müsste dann, wenn sich die Selbstbehalte insg erhöhen auch angemessen erhöht werden. Gegenwärtig wäre ein Selbstbehalt von 2.500 EUR angemessen. Hilfreich wäre es, wenn die OLG in ihren Leitlinien und auch in der Düsseldorfer Tabelle einen gesonderten Selbstbehalt für den Enkelun...