Gesetzestext
(1) 1Die elterliche Sorge umfasst die Vertretung des Kindes. 2Die Eltern vertreten das Kind gemeinschaftlich; ist eine Willenserklärung gegenüber dem Kind abzugeben, so genügt die Abgabe gegenüber einem Elternteil. 3Ein Elternteil vertritt das Kind allein, soweit er die elterliche Sorge allein ausübt oder ihm die Entscheidung nach § 1628 übertragen ist. 4Bei Gefahr im Verzug ist jeder Elternteil dazu berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes notwendig sind; der andere Elternteil ist unverzüglich zu unterrichten.
(2) 1Der Vater und die Mutter können das Kind insoweit nicht vertreten, als nach § 1824 ein Betreuer von der Vertretung des Betreuten ausgeschlossen ist. 2Steht die elterliche Sorge für ein Kind den Eltern gemeinsam zu, so kann der Elternteil, in dessen Obhut sich das Kind befindet, Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den anderen Elternteil geltend machen. 3Das Familiengericht kann dem Vater und der Mutter nach § 1789 Absatz 2 Satz 3 und 4 die Vertretung entziehen; dies gilt nicht für die Feststellung der Vaterschaft.
(2a) Der Vater und die Mutter können das Kind in einem gerichtlichen Verfahren nach § 1598a Abs. 2 nicht vertreten.
(3) 1Sind die Eltern des Kindes miteinander verheirate oder besteht zwischen ihnen eine Lebenspartnerschaft, so kann ein Elternteil Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den anderen Elternteil nur im eigenen Namen geltend machen, solange
2Eine von einem Elternteil erwirkte gerichtliche Entscheidung und ein zwischen den Eltern geschlossener gerichtlicher Vergleich wirken auch für und gegen das Kind.
A. Abs 1: Umfang der gesetzlichen Vertretungsmacht.
I.
Rn 1
Die elterliche Sorge enthält neben der Pflicht und dem Recht zur tatsächlichen Betreuung und Erziehung des Kindes, die rechtliche Befugnis das Kind nach außen hin zu vertreten. Diese in I 1 normierte gesetzliche Vertretung des Kindes im Außenverhältnis korrespondiert immer mit der Berechtigung zur tatsächlichen Sorge im Innenverhältnis. Da die gesetzliche Vertretungsmacht aus der elterlichen Sorge erwächst, besteht sie nur in dem Umfang, in dem der Elternteil auch Inhaber der elterlichen Sorge ist.
Rn 2
Die Vertretungsmacht der Eltern umfasst das Recht im Namen des Kindes alle Rechtshandlungen, insb Rechtsgeschäfte und Einwilligungen (in medizinische Maßnahmen) mit Wirkung für und gegen das Kind vorzunehmen. Es besteht aber keine Vermutung, dass die Eltern in Angelegenheiten, die das Kind betr, auch das Kind verpflichten wollen. Im Zweifel ist unter Beachtung des § 164 und der hierzu entwickelten Rechtsfiguren durch Auslegung zu ermitteln, ob die Eltern im Namen des Kindes oder im eigenen Namen gehandelt haben (Grüneberg/Götz § 1629 Rz 3).
Rn 3
Die Vertretungsmacht der Eltern ist verschiedentlich durch G beschränkt (vgl § 1629 II 1 und § 1631c); auch die Beschränkung durch gerichtliche Anordnung (vgl § 1629 II 3 und §§ 1666 ff) oder bei Zuwendung Dritter (§§ 1638f) ist möglich. Bei der Einwilligung in einen ärztlichen Heileingriff ist zu beachten, dass diese nicht mehr wirksam von den Eltern als gesetzliche Vertreter erklärt werden kann, wenn das Kind aufgrund seiner Verstandesreife die Tragweite des Eingriffs und der erteilten Einwilligung selbst erfassen kann (Hamm FamRZ 20, 340; Grüneberg/Götz § 1629 Rz 4; Spickhoff FamRZ 18, 412). Dies dürfte regelmäßig bei einem normal entwickelten Kind etwa ab dem 16. Lebensjahr der Fall sein. Nach Hamm (FamRZ 20, 340) bedarf eine Minderjährige auch zum Schwangerschaftsabbruch nicht der Zustimmung ihrer gesetzlichen Vertreter, wenn sie einwilligungsfähig ist. Demgegenüber soll nach Frankf (FamRZ 20, 336 m Anm Götz) bei ärztlichen Eingriffen schwererer Art mit nicht unbedeutenden Risiken (so etwa Zirkumzision) die Einwilligung des Minderjährigen nicht genügen und zusätzlich auch der Einwilligung (und zuvor der Aufklärung) der Sorgeberechtigten (›Co-Konsens‹) bedürfen.
Rn 4
IR ihrer Vertretungsmacht können die Eltern auch Dritten eine rechtsgeschäftliche Vollmacht zur Vertretung des Kindes erteilen. Dies ist sowohl in Bezug auf einzelne Angelegenheiten als auch in Form einer generellen Vollmacht möglich, soweit die Widerruflichkeit gewahrt ist und keine versteckte Sorgerechtsübertragung vorliegt. Dritter kann auch der andere Elternteil sein, unabhängig davon, ob er sorgeberechtigt ist (vgl auch Geiger/Kirsch FamRZ 09, 1879).
II.
Rn 5
Sofern und soweit beide Eltern Inhaber der gesetzlichen Vertretungsmacht sind, können sie gem I 2 Hs 1 das Kind nur gemeinsam aktiv vertreten. Deshalb ist eine Rechtshandlung nur dann wirksam, wenn sie beide Eltern vornehmen. Eine Bevollmächtigung, die im Einzelfall auch stillschweigend erfolgen kann, ist aber zulässig (BGH FamRZ 20, 1171); ebenso gelten die Grundsätze der Duldungs- und Anscheinsvollmacht (BGH FamRZ 88, 1142...