Gesetzestext
(1) 1Die Annahme als Kind ist zulässig, wenn sie dem Wohl des Kindes dient und zu erwarten ist, dass zwischen dem Annehmenden und dem Kind ein Eltern-Kind-Verhältnis entsteht. 2Wer an einer gesetzes- oder sittenwidrigen Vermittlung oder Verbringung eines Kindes zum Zwecke der Annahme mitgewirkt oder einen Dritten hiermit beauftragt oder hierfür belohnt hat, soll ein Kind nur dann annehmen, wenn dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist.
(2) 1Wer nicht verheiratet ist, kann ein Kind nur allein annehmen. 2Ein Ehepaar kann ein Kind nur gemeinschaftlich annehmen. 3Ein Ehegatte kann ein Kind seines Ehegatten allein annehmen. 4Er kann ein Kind auch dann allein annehmen, wenn der andere Ehegatte das Kind nicht annehmen kann, weil er geschäftsunfähig ist oder das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.
A. Kindeswohlmaßstab (Abs 1).
Rn 1
§ 1741 regelt die Annahme minderjähriger Kinder, für die Annahme Volljähriger gelten dagegen die §§ 1767 ff, wobei § 1767 II eine Verweisung auf das Recht der Minderjährigenadoption enthält. Die Frage, ob das anzunehmende Kind bereits volljährig ist, ist nach seinem – gem Art 7 I EGBGB zur Anwendung gelangenden – Heimatrecht zu beantworten (Bremen OLGR 06, 510–512).
Rn 2
Vorrang hat, ebenso wie im Regelungsbereich der elterlichen Sorge (§ 1697a), das Kindeswohl. Aus der Zielvorgabe, ein Eltern-Kind-Verhältnis entstehen zu lassen, ergibt sich, dass auch bei ehelichen Kindern eine Adoption durch Dritte nicht ausgeschlossen ist, wenn in der Familie kein ausreichender Schutz gewährleistet ist und mit einer Adoption dem Kind eine bessere Entwicklung gewährt werden kann (vgl LG Düsseldorf Beschl 31.5.10 – 25 T 524/09). Andere Beweggründe als das Wohl des Kindes können nicht Grundlage für eine Adoption sein, wie zB der Erhalt eines speziellen Namens (Adelsname). Das Kindeswohl kann erst beurteilt werden, wenn das Kind geboren ist, deshalb ist eine Annahme vor Geburt des Kindes unzulässig. Dem Kindeswohl kann eine Adoption nur dienen, wenn der Annehmende zur Erziehung willens und geeignet und wirtschaftlich in der Lage ist, den angemessenen Lebensbedarf des Kindes (insb Wohnung, Unterhalt) sicherzustellen (Nürnbg Beschl v 5.11.18 – 7 UF 958/18, juris).
Rn 3
Ferner muss zu erwarten sein, dass ein Eltern-Kind-Verhältnis entstehen wird. IR einer Gesamtabwägung sämtlicher Tatsachen müssen die für die Entstehung einer Eltern-Kind-Beziehung sprechenden Umstände die dagegen sprechenden deutlich überwiegen (Brandbg FamRZ 19, 1721).
Rn 4
Das FamG hat sich mit dem Kind zu beschäftigen und ist grds gezwungen, das Kind persönlich anzuhören, denn § 192 FamFG verpflichtet das FamG zur Anhörung des Annehmenden und des Kindes in allen Verfahren, welche die Adoption oder die Aufhebung einer Adoption betreffen. Je älter ein Kind ist, desto größere Bedeutung hat die Anhörung. Von einer Anhörung eines minderjährigen Beteiligten kann das FamG absehen, wenn Nachteile für seine Entwicklung, Erziehung oder Gesundheit zu befürchten sind. Auch kann die Anhörung unterbleiben, wenn wegen des geringen Alters eine Aufklärung nicht zu erwarten ist. Die Rspr geht grds von einer Anhörungspflicht ab Vollendung des 3. Lebensjahres aus (Völker in jurisPR-FamR 14/09 Anm 2 mN). Ab welchem Alter für eine kindeswohldienliche Adoption das Kind über die Tatsache aufgeklärt sein muss, dass es nicht vom Annehmenden abstammt, wird in der Rspr unterschiedlich beurteilt. Während die Möglichkeit einer Anhörung eines 11-jährigen Kindes ohne Offenbarung der Abstammungsverhältnisse iR einer sachgerechten und schonenden Befragung durch das BayObLG bejaht wurde (BayObLG NJW-RR 2001, 722, 723), sieht das AG Hamburg-Bergedorf bei Kindern ab dem Grundschulalter eine Anhörung ohne vorherige Aufklärung des Kindes über seine leibliche Abstammung als sinnwidrig an, da der eigentliche Anlass und Gegenstand des Verfahrens für das Kind dadurch verschleiert und verheimlicht werde (AG Hamburg-Bergedorf FamRZ 23, 440 mAnm Botthof, NJW 23, 1372 mAnm Eckebrecht). Allerdings ist allein die fehlende Aufklärung des Kindes über das Auseinanderfallen von leiblichen und sozialen Eltern kein Grund für ein Absehen von einer Anhörung des Kindes, welches in einem Alter ist, das eine Anhörung erlaubt (BGH FamRZ 24, 365, 368).
Rn 5
Die Anhörung hat persönlich zu erfolgen und ist eine besondere Form der Sachaufklärung, die Nichtanhörung ist im Regelfall ein schwerer Verfahrensfehler (ThoPu/Hüßtege § 192 FamFG Rz 2).
Rn 6
Der Richter hat die Anhörung persönlich durchzuführen als Ausfluss von Art 6 GG (BVerfG FamRZ 07, 1078), sollte jedoch bei Unklarheiten oder aufgrund besonderer Umstände auch einen Sachverständigen zuziehen oder nach einer Anhörung ein Gutachten in Auftrag geben, denn gerade im Adoptionsverfahren ist es von besonderer Wichtigkeit, dass Neigungen ebenso wie Aversionen klar und nachvollziehbar festgestellt werden. Diese Feststellung entscheidet im Einzelfall letztlich darüber, ob eine Adoption überhaupt stattfindet oder zu unterbleiben hat.
Rn 7
Das Wohl des Kindes und die für eine Adoption...