Gesetzestext
(1) Zum Vormund kann bestellt werden:
1. |
eine natürliche Person, die die Vormundschaft ehrenamtlich führt, |
2. |
eine natürliche Person, die die Vormundschaft beruflich selbstständig führt (Berufsvormund), |
3. |
ein Mitarbeiter eines vom überörtlichen Träger der Jugendhilfe anerkannten Vormundschaftsvereins, wenn der Mitarbeiter dort ausschließlich oder teilweise als Vormund tätig ist (Vereinsvormund), oder |
4. |
das Jugendamt. |
(2) Zum vorläufigen Vormund kann bestellt werden:
1. |
ein vom überörtlichen Träger der Jugendhilfe anerkannter Vormundschaftsverein, |
2. |
das Jugendamt. |
A. Normzweck.
Rn 1
§ 1774 stellt klar, welche Typen von Vormündern bestellt werden können. Die bisherigen Regelungen zur Einzelvormundschaft (§ 1779 II 1 aF) sowie der Vereins- und Amtsvormundschaft (§§ 1791a, 1791b aF) werden dabei in einer Norm systematisch zusammengeführt. Die bisherigen Regelungen der Vereinsvormundschaft werden dahingehend modifizirt, dass künftig mit Ausnahme der Bestellung eines vorläufigen Vormunds (II Nr 1) an Stelle des Vereins als Vormund nur noch ein Mitarbeiter des Vereins persönlich bestellt werden soll (I Nr 3).
I zählt die zur Vormundschaft generell tauglichen Vormünder auf. Das sind als natürliche Personen der ehrenamtliche Einzelvormund (Nr 1), der berufliche Einzelvormund (Nr 2) und der Mitarbeiter eines anerkannten Vormundschaftsvereins als Vereinsvormund (Nr 3) sowie das Jugendamt als Amtsvormund (Nr 4). Mit der Einführung eines persönlich zu bestellenden Mitarbeiters des vom Landesjugendamt anerkannten Vormundschaftsvereins (s § 54 SGB VIII) als Vereinsvormund soll die Vormundschaft auch in diesem Bereich personalisiert werden. Der ehrenamtliche Einzelvormund (Nr 1) geht den Vormündern nach I Nr 2–4 vor (§ 1779 II 1) vor, die ihrerseits ohne Rangverhältnis nebeneinanderstehen.
Ist keine als Einzelvormund geeignete Person vorhanden oder entspricht es dem durch Ausübung des Benennungsrechts geäußerten Elternwillen (§ 1776), kann auch ein rechtsfähiger Verein (§ 21) zum Vormund bestellt werden. In Betracht kommen nur Vereine, deren Zweck die Förderung der Jugendwohlfahrt ist und die zum Zeitpunkt der Bestellung vom Landesjugendamt für geeignet erklärt worden sein müssen (I 1; § 54 SGB VIII). Für den Verein besteht keine Übernahmeverpflichtung (I 2 aE). Ist der Verein gem § 1776 von den Eltern als Vormund benannt, so kann er nur nach § 1778 I übergangen werden.
B. Vereinsvormund und Vormundschaftsverein.
Rn 2
Nach I Nr 3 bedient sich der Verein bei der Führung der Vormundschaft einzelner Mitglieder oder Mitarbeiter, diese werden als echte Einzelvormünder bestellt. Sie tragen für den Mündel die Erziehungsverantwortung, haften selbst gem § 1794 und unterliegen der Aufsicht des FamG nach § 1802 II. Nach II Nr 1 wird der Verein als vorläufiger Vormund bestellt. In diesem Fall überträgt der Verein die Aufgaben des vorläufigen Vormunds einzelnen seiner Mitarbeiter (§ 1781 II 1). Unter Mitarbeitern sind angestellte Personen (Voll- oder Teilzeit), nicht jedoch ehrenamtlich tätige Personen zu verstehen, die nicht Mitglieder des Vereins sind. Der Verein haftet für Verschulden seiner Mitglieder und Mitarbeiter nach § 31. Die §§ 278, 831 finden keine Anwendung (LG Stade FamRZ 08, 2232). Der Vereinsvormund ist befreiter Vormund (§ 1801 iVm § 1859). Der Vereinsvormund ist auch von der Überwachung durch das Jugendamt weitgehend freigestellt (§ 53 IV 2 iVm III SGB VIII). Gegen den Verein kann kein Zwangsgeld (§ 1862 III 3) festgesetzt werden. Aufwendungen und Vergütungen können nicht bzw nur eingeschränkt geltend gemacht werden (BGH FamRZ 11, 1394), vgl § 1808 III iVm §§ 1, 5 VBVG. Mit Bestellung einer endgültigen Vormundschaft endet das Amt des Vereins (§ 1781 V). Der Verein ist als Vormund zu entlassen, sobald ein geeigneter Einzelvormund vorhanden ist, bei Widerruf der Erlaubnis des Landesjugendamts oder aus wichtigem Grund auf Antrag (§ 1804). Die durch den Verein mit der Führung der Vormundschaft beauftragten Mitglieder oder Mitarbeiter kann das FamG auch bei pflichtwidriger Amtsführung nicht entlassen, sondern es muss in solchen Fällen den Verein anhalten, den Pflichtwidrigkeiten durch vereinsinterne Maßnahmen zu begegnen (BayObLG FamRZ 94, 991).
C. Bestellte Amtsvormundschaft.
Rn 3
Fehlt eine als Einzelvormund geeignete Person, kann bei Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen des § 1773 als Ultima Ratio auch das Jugendamt als Vormund bestellt werden (I). Wegen des Auffangcharakters der Norm können die Eltern die Vormundschaft des Jugendamtes nicht ausschließen (§ 1782). Im Interesse, unnötige Belastungen der Behörde zu vermeiden, können sie es aber umgekehrt auch nicht als Vormund benennen (§ 1782). Voraussetzungen der Bestellung: Dem FamG obliegt es, wegen des Vorrangs der ehrenamtlichen Einzelvormundschaft eigene Ermittlungen anzustellen, ob die Voraussetzungen für die Bestellung einer Amtsvormundschaft des Jugendamtes vorliegen (vgl §§ 53 I SGB VIII, 26 FamFG; KG NJWE-FER 99, 211), es darf sich zu diesem Nachweis nicht auf die Mitwirkung des Jugendamtes beschränken, ist jedoch an die behördlichen Zuständigkei...