Gesetzestext
(1) Eine natürliche Person muss nach
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ihren Kenntnissen und Erfahrungen, |
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ihren persönlichen Eigenschaften, |
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ihren persönlichen Verhältnissen und ihrer Vermögenslage sowie |
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ihrer Fähigkeit und Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit den anderen an der Erziehung des Mündels beteiligten Personen |
geeignet sein, die Vormundschaft so zu führen, wie es das Wohl des Mündels erfordert.
(2) Eine natürliche Person, die geeignet und bereit ist, die Vormundschaft ehrenamtlich zu führen, hat gegenüber den in § 1774 Absatz 1 Nummer 2 bis 4 genannten Vormündern Vorrang. Von ihrer Eignung ist auch dann auszugehen, wenn ein zusätzlicher Pfleger nach § 1776 bestellt wird.
A. Normzweck.
Rn 1
Wenn von den Eltern nach § 1782 niemand wirksam benannt wurde oder ein Grund vorliegt, einen von den Eltern Berufenen nach § 1783 zu übergehen, ist durch das FamG eine zur Führung der Vormundschaft geeignete Person nach §§ 1778, 1779 auszusuchen. Die Norm nennt die Kriterien für die Auswahl des Vormunds.
Rn 2
Kriterium für die Auswahl des Vormunds ist seine Eignung für die Führung der Vormundschaft (§ 1779 I Nr 1–4), dh seine Fähigkeit, das Amt so zu führen, wie es das Wohl des Mündels erfordert (Hamm NJWE-FER 97, 31).
Rn 3
Die Eignung des Vormunds bestimmt sich gem I Nr 1–4 nach seinen gesamten persönlichen Verhältnissen einschließlich seiner Vermögenslage (Staud/Veit § 1779 aF Rz 11 ff; LG Freiburg FamRZ 07, 2104 ff). Sie wird vom FamG nach freiem Ermessen beurteilt (Schlesw FamRZ 16, 1474), wobei es verfassungsgerichtlich nicht zu beanstanden ist, wenn das FamG einen Amtsvormund anstelle eines Einzelvormunds auswählt (BVerfG FamRZ 18, 1092). Zu berücksichtigende Faktoren sind zB Krankheit, Gebrechlichkeit oder auch nur mangelnde Lebenserfahrung. Weiterhin können berufliche Überlastung, aber auch eine bereits bestehende Belastung mit anderen Vormundschaften sowie die fehlende Bereitschaft zur Übernahme der Vormundschaft gegen die Berufung einer Person sprechen (Staud/Veit § 1779 aF Rz 11). Die Eignungskriterien in II Nr 1–4 stehen dabei gleichrangig nebeneinander.
Rn 4
Gegen die Eignung einer Person zum Vormund können nach I Nr 1 etwa fehlende pädagogische und juristische Kenntnisse sprechen. In persönlicher Hinsicht gem I Nr 2 kann zB eine erhebliche kriminelle Vergangenheit (BayObLG OLGE 20, 358: Vorstrafe wegen Kindesmisshandlung) oder eigenes fortdauerndes schweres Erziehungsversagen sprechen. Die politische Gesinnung des Vormunds kann hingegen idR nicht maßgebend sein (Staud/Veit § 1779 aF Rz 13). Mögliche wirtschaftliche Interessenkonflikte können gem I Nr 3 etwa bei umfänglicher Vermögensverwaltung wegen der Gefahr einer Beeinträchtigung des Mündelwohls gegen die Eignung einer Person als Vormund sprechen (BayObLG FamRZ 93, 241). An der in I Nr 4 genannten Fähigkeit und Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit anderen an der Erziehung des Mündels beteiligten Personen kann es etwa fehlen, wenn eine Person, die zum Vormund bestellt werden soll, die Kooperation mit einem ggf nach §§ 1776, 1777 zu bestimmenden zusätzlichen Pfleger grds ablehnt.
B. Vorrang ehrenamtlicher Vormund.
Rn 5
II enthält den Vorrang des ehrenamtlich tätigen Vormunds vor den beruflichen Vormündern, vorausgesetzt die ausgewählte Person ist zur Übernahme der Vormundschaft für den betroffenen Mündel nach I geeignet. Ihre Eignung ist auch dann zu bejahen, wenn ein zusätzlicher Pfleger nach § 1776 bestellt werden muss. Der nicht berufsmäßig tätige Vormund ist grds vorzugswürdig, da er gegenüber einem beruflichen Vormund mehr Zeit, Engagement und persönliche Zuwendung für den Mündel aufbringen kann (BTDrs 19/2445, 401).