Rn 1
Die Vorschrift regelt die Pflichten des Betreuers bei der Ausübung seines Amtes. Mit ihr soll sichergestellt werden, dass die Wahrung und die Verwirklichung der Selbstbestimmung der Betreuten im Mittelpunkt des Betreuungsrechts stehen und ihr Schutz gewährleistet wird. In diesem Zusammenhang ist der bisher verwendete Begriff des ›Wohls‹ des Betreuten durch den Begriff der ›Wünsche‹ des Betreuten ersetzt worden, da bei der bisherigen Formulierung die Gefahr bestand, dass sich Entscheidungen an einem objektiven Wohl im Sinne objektiver Interessen des Betreuten ausrichten könnten, anstatt am Willen und an den Präferenzen des Betreuten (BTDrs 19/24445, 249). § 1821 ersetzt § 1901 aF und enthält als zentrale Norm den inhaltlichen Maßstab für jedes Handeln des Betreuers. Ihre Einhaltung ist vom BtG zu kontrollieren und durchzusetzen (§ 1862), Verstöße können ggf zur Entlassung des Betreuers führen (vgl § 1868). Die in II genannten Pflichten erzeugen jedoch keine Außenwirkung, sodass der Betreuer in seiner Vertretungsmacht nicht beschränkt wird (BGH FamRZ 08, 404). Daneben kann ggf eine Garantiepflicht zur Verhinderung von Straftaten des Betreuten bestehen (Celle FamRZ 08, 1026).
Rn 2
Die Betreuung umfasst alle Tätigkeiten, die zur Besorgung rechtlicher Angelegenheiten in den bei der Bestellung übertragenen Aufgabenkreisen erforderlich sind (zu den Aufgabenkreisen vgl §§ 1814, 1815 Rn 20 f), um die Geschäfte des Betreuten zu erledigen (I). Die darüber hinausgehende persönliche Zuwendung des Betreuers, wie zB persönliche Gespräche, Besuche zu Geburtstagen uÄ, sind zwar wünschenswert, aber nicht Gegenstand der Betreuung. Sie können daher auch nicht vergütet werden. Gleiches gilt für die Begleitung des Betreuten zu Arztbesuchen (BayObLG FamRZ 03, 477), die Erledigung von Einkäufen oder die Hilfe bei der Pflege, da für alle diese Tätigkeiten die Vergütung von anderen Kostenträgern zu erbringen ist (Krankenkasse, Sozialhilfe, Pflegeversicherung). Der Betreuer ist nur für die Organisation der entspr Maßnahmen verantwortlich (BGH FamRZ 11, 293). Ausnahmsweise kann der Betreuer aber auch für bestimmte nicht vergütungsfähige Tätigkeiten über §§ 670, 1877 I Aufwendungsersatz geltend machen, zumindest dann, wenn der Zeitaufwand für die Organisation von anderen Hilfsdiensten für den Betreuer höher wäre, als diese Tätigkeiten gleich selbst auszuführen (BayObLG FamRZ 98, 1050). I 2 betont den Primat der Unterstützung (vgl Art 12 3 UN-BRK), wonach der Betreuer vorrangig alles zu unternehmen hat, um den Betreuten dabei zu unterstützen, selbst die konkret anstehende Entscheidung zu treffen und selbst eine ggf notwendige Willenserklärung oder eine Einwilligung abzugeben oder eine Rechtshandlung vorzunehmen. Erst wenn dies nicht ausreichend ist, darf der Betreuer, soweit dies im konkreten Fall erforderlich ist, von dem Instrument der Stellvertretung nach § 1823 Gebrauch machen (BTDrs 19/24445, 249 ff). Bei der Unterstützung bei der Besorgung seiner rechtlichen Angelegenheiten ist nach Möglichkeit die Methode der ›unterstützten Entscheidungsfindung‹ anzuwenden (vgl dazu van Doornick BtPrax 20, 18 ff; Holtermann BtPrax 22, 191 ff).
Rn 3
Bei der Erledigung seiner Aufgaben hat sich der Betreuer an Wünschen des Betreuten zu orientieren (II 1). Dieser allgemeine Maßstab gilt auch wie bisher (§ 1901 II aF) sowohl für das Innenverhältnis zum Betreuten als auch für das Handeln nach außen im Wege der Unterstützung und soweit erforderlich auch für die rechtliche Stellvertretung. Dem Betroffenen muss so weit wie möglich sein bisheriger Lebenszuschnitt erhalten bleiben (BayObLG FamRZ 92, 106). So darf der Betreuer nicht etwa im Interesse des künftigen Erben (Ddorf FamRZ 99, 1166) oder der Gläubiger des Betreuten den Lebenszuschnitt des Betroffenen auf ein bescheideneres Maß zurückführen, um Geld zu sparen. Die Pflicht zur Berücksichtigung der Wünsche und Bedürfnisse des Betreuten in Bezug auf seine Lebensgestaltung (zB hinsichtlich seines Aufenthaltsortes: Köln NJW-RR 97, 451; zur Erklärung des Kirchenaustritts des Betreuten durch den Betreuer vgl Deinert FamRZ 06, 243 ff) findet dort ihre Begrenzung, wo die Wünsche aufgrund mangelnder persönlicher, wirtschaftlicher oder sonstiger Ressourcen nicht zu verwirklichen sind. Ob die Wünsche des Betreuten auf einer rationalen Grundlage zustande gekommen sind, der Betreute geschäftsfähig ist oder die Wünsche nach objektiven Maßstäben vernünftig sind, kommt es hingegen nicht an (BTDrs 19/24445, 249 ff). Er hat die aktuellen Wünsche des Betreuten auch unabhängig von dessen Geschäftsfähigkeit und der Form ihrer Kundgabe zu beachten, vorausgesetzt, dass sie sich auf erforderliche Tätigkeiten iRd rechtlichen Betreuung richten und außerdem in den ihm übertragenen Aufgabenbereich fallen (vgl Hoffmann, FamRZ 18, 1057 ff). Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, so sind Wünsche des Betreuten für den Betreuer nur dann verbindlich, wenn der Betreute geschäftsfähig ist und der Wunsch daher als Auftrag und Bevol...