Gesetzestext
(1) Der Betreuer ist dem Betreuten für den aus einer Pflichtverletzung entstehenden Schaden verantwortlich. Dies gilt nicht, wenn der Betreuer die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Sind für den Schaden mehrere Betreuer nebeneinander verantwortlich, so haften sie als Gesamtschuldner.
(3) Ist ein Betreuungsverein als Betreuer bestellt, so ist er dem Betreuten für ein Verschulden des Mitglieds oder des Mitarbeiters in gleicher Weise verantwortlich wie für ein Verschulden eines verfassungsmäßig berufenen Vertreters.
A. Normzweck.
Rn 1
Die Norm regelt die Haftung für Schäden, die der Betreuer (I) oder der Betreuungsverein als Betreuer (III) dem Betreuten zufügt. I 1 enthält wie bisher § 1833 I 1 aF die Anspruchsgrundlage für Ansprüche des Betreuten gegen den Betreuer. Er gilt im Umfang der Verweisung des § 1794 I 3 auch für Ansprüche des Mündels gegen den Vormund. I 2 sieht anders als § 1833 aF eine Beweislastumkehr zu Lasten des Betreuers entspr § 280 I 2 vor. Daher haftet der Betreuer grds für den aus seiner Pflichtverletzung entstandenen Schaden, es sei denn, er kann sich im Schadensfall hinsichtlich des Verschuldensvorwurfs entlasten (BTDrs 19/24445, 259f).
B. Anwendungsbereich.
Rn 2
Die Grundsätze des § 1826 gelten für alle Betreuer. Beim Vereinsbetreuer haftet der Verein nach § 31 für das Verschulden verfassungsmäßig bestellter Vertreter und des Vorstands sowie für persönlich zum Vormund bestellte Mitarbeiter (LG Stade FamRZ 08, 2232; aA Kobl FamRZ 10, 755). Der als Betreuer bestellte Betreuungsverein haftet nach III. Wird die Betreuung aufgehoben, weil ihre gesetzlichen Grundlagen nicht vorlagen, auch die bloße Untauglichkeit des Betreuers (§ 1816), schließt eine Haftung nach § 1826 nicht aus (Soergel/Zimmermann § 1833 aF Rz 1). Bei Tod des Betreuten Haftung ggü den Erben (LG Berlin FamRZ 10, 492).
C. Voraussetzungen der Haftung.
I. Schuldhafte Pflichtverletzung.
Rn 3
Der Betreuer muss eine Pflichtverletzung begangen haben, sei es durch Verstoß gegen das allgemeine Gebot, die Betreuung in dem ihm übertragenen Aufgabenkreis entspr dem Grundsatz des § 1821 zu führen, sei es durch Zuwiderhandlung gegen eine gesetzlich angeordnete Verpflichtung (zB 1838 ff), aber auch gegen eine konkrete AnO des BtG (§ 1862) oder ggf auch Anordnungen Dritter (§ 1837 I). Als Pflichtverletzungen kommen zB in Betracht (vgl auch weitere Beispiele bei Staud/Veit § 1833 aF Rz 24 ff): a) Vernachlässigung des regelmäßigen persönlichen Kontakts zwischen Vormund und Mündel (s §§ 1793 I a, 1800 2, 1837 II 2, 1840 I 2). b) Bei der Vermögenssorge zB die Unterlassung bei titulierten Forderungen, rechtzeitig die Zwangsvollstreckung zu betreiben (KG DAV 75, 439); Nichtberücksichtigung des Währungsverfalls bei Abfindungen (BGH NJW 57, 138 [BGH 24.10.1956 - IV ZR 103/56]). das Führen aussichtsloser Prozesse (Hambg NJW 60, 1207 [OLG Hamburg 14.12.1959 - 8 U 36/59]; Soergel/Zimmermann § 1833 aF mwN); die prüfungslose Hinnahme von Wertgutachten (BGH FamRZ 83, 1220), unterlassene oder verspätete Geltendmachung von Renten oder Sozialhilfeansprüchen des Betreuten (Schlesw FamRZ 97, 1427; BGH FamRZ 11, 1144); unterlassene Anmeldung zur Krankenversicherung (Brandbg FamRZ 08, 916; Hamm FamRZ 10, 754; Nürnbg NJW 13, 836); Nichterfüllung von Informationspflichten ggü der kontoführenden Bank des Betreuten (Kobl FamRZ 13, 69); nicht bestimmungsgemäße Verwendung von Geldern aus dem Vermögen des Betreuten (Saarbr BtPrax 14, 45) Bei der Gesundheitssorge: Hier sind besonders die Bereiche der Unterbringung und der ärztlichen Eingriffe von Bedeutung, wo der Betreuer durch die Vornahme, wie durch deren Unterlassung einer Behandlung ggf gleichermaßen haftpflichtig werden kann. Daneben kann auch die Unterlassung allgemeiner Pflichten aus dem Bereich der Gesundheitssorge zur Haftung des Betreuers führen, wie etwa die Kündigung einer privaten Kranken- und Pflegeversicherung (Kobl FamRZ 18, 1026). Soweit der Betreuer nach der Art der Geschäfte einzelne Aufgaben delegieren darf, haftet er für die Auswahl und die Überwachung der Hilfspersonen (LG Waldshut-Tiengen FamRZ 08, 916). Eine Genehmigung der Handlungen des Betreuers durch das BtG schließt eine Haftung grds nicht aus, andererseits darf er sich jedoch idR auf Rechtsauskünfte des Gerichts verlassen (Jurgeleit/Meier § 1826 Rz 53 mwN). Höhere Anforderungen können dann gelten, wenn ein Betreuer gerade wegen seines besonderen Fachwissens als Rechtsanwalt in das Amt berufen worden ist (Hamm FamRZ 01, 861, BGH BtPrax 04, 30f). Abzuwarten bleibt, wie sich die mit der Reform des Betreuungsrechts verfolgte Stärkung des Selbstbestimmungsrechtes des Betreuten in § 1821 auf die Frage nach Vorliegen einer schuldhaften Pflichtverletzung des Betreuers auswirken wird. Entspricht die Entscheidung des Betreuers, auch wenn sie zu wirtschaftlichen Nachteilen beim Betreuten führt, dessen nach § 1821 zu beachtenden Wünschen und liegt auch keine Ausnahme nach § 1821 III Nr 1 vor, so kann dies ggf eine Haftung des Betreuers nach I ausschließen.
II. Schaden.
Rn 4
Dem Betreuten muss durch die Pflichtverletzung ein Schaden entstanden sein. Es gelt...