Rn 14
Über die Unterbringung nach § 1831 hinaus bedarf aber auch jede ärztliche Zwangsmaßnahme (Zwangsbehandlung) der Einwilligung des Betreuers (§ 1832 I) und der zusätzlichen Genehmigung durch das Betreuungsgericht (§ 1832 II). Auf der Grundlage des § 1832 kann eine Genehmigung der Zwangsbehandlung auch bei Betroffenen, bei denen eine Unterbringung nach § 1831 I nicht möglich ist, da sie sich der Behandlung räumlich nicht entziehen wollen oder hierzu körperlich nicht in der Lage sind, bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 1832 I erfolgen. § 1832 enthält dabei Auslegungsspielräume, zu denen sich noch keine eindeutige fachgerichtliche, zumal höchstrichterliche Rspr herausgebildet hat (BGH FamRZ 22, 49). Eine Zwangsmaßnahme iSd I liegt immer dann vor, wenn der Betreute die Maßnahme mit natürlichem Willen, dh bewusst und nicht nur bloß reflexartig, ablehnt (BVerfG 13, 767; BGH FamRZ 12, 1366; Dresd FamRZ 20, 633). Der Betreuer darf in eine ärztliche Zwangsmaßnahme nur einwilligen, wenn die Voraussetzungen nach I 1 Nr 1–7 kumulativ vorliegen (BGH FamRZ 21, 1739). So muss die ärztliche Zwangsmaßnahme zum Wohl des Betreuten notwendig sein (Nr 1). Als notwendig können dabei nur ärztliche Zwangsmaßnahmen angesehen werden, deren Durchführung einem breiten medizinischen Konsens entspricht, der sich in wissenschaftlichen Stellungnahmen des Beirats der Bundesärztekammer sowie durch medizinische Leitlinien äußern kann (BGH FamRZ 20, 534 m Anm Spickhoff; 21, 1739). Der Betreute muss außerdem einwilligungsunfähig sein (Nr 2) und ein nach § 1832 zu beachtender Wille des Betreuten darf der Zwangsmaßnahme nicht entgegenstehen (Nr 3). Eine Genehmigung kann auch dann erfolgen, wenn ein nach I 1 Nr 3 zu beachtender Wille des Betroffenen nicht festgestellt werden kann (BGH FamRZ 20, 1868), nicht hingegen, wenn er die Behandlung im Zustand der Einsichtsfähigkeit durch eine Patientenverfügung wirksam ausgeschlossen hat (BVerfG FamRZ 21, 1564). Nr 4 lässt die Zwangsmaßnahme nur zu, wenn zuvor versucht worden ist, den Betroffenen von der Notwendigkeit der Maßnahme zu überzeugen (vgl Lipp FamRZ 13, 913; BGH FamRZ 14, 1358; 17, 2056; 18, 1947). Fehlt hingegen ein ernsthafter Überzeugungsversuch ist bereits deshalb eine Genehmigung der Zwangsbehandlung ausgeschlossen (LG Saarbrücken FamRZ 16, 1302). Nr 5–6 konkretisieren das Gebot der Verhältnismäßigkeit mit dem Ziel, die zwangsweise Durchführung einer ärztlichen Maßnahme nur als letztes Mittel zu gestatten (Dodegge NJW 13, 1265; BGH FamRZ 14, 1447). Nach Nr 7 darf die ärztliche Zwangsmaßnahme ausschließlich iR eines stationären Aufenthalts in einem Krankenhaus durchgeführt werden, in dem die gebotene medizinische Versorgung sichergestellt ist (BVerfG FamRZ 18, 1599; BGH FamRZ 24, 213). V dehnt das Genehmigungserfordernis auch auf die Einwilligung eines Bevollmächtigten in eine ärztliche Zwangsmaßnahme (I) aus. Seine Bevollmächtigung muss in Schriftform erfolgen und sich ausdrücklich auf die in I und IV genannten Maßnahmen erstrecken.