Gesetzestext
(1) Das Betreuungsgericht führt über die gesamte Tätigkeit des Betreuers die Aufsicht. Es hat dabei auf die Einhaltung der Pflichten des Betreuten zu achten und insbesondere bei Anordnungen nach Absatz 3, der Erteilung von Genehmigungen und einstweiligen Maßnahmen nach § 1867 den in § 1821 Absatz 2 bis 4 festgelegten Maßstab zu beachten.
(2) Das Betreuungsgericht hat den Betreuten persönlich anzuhören, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Betreuer pflichtwidrig den Wünschen des Betreuten nicht oder nicht in geeigneter Weise oder seinen Pflichen gegenüber dem Betreuten in anderer Weise nicht nachkommt, es sei denn, die persönliche Anhörung ist nicht geeignet oder nicht erforderlich, um die Pflichtwidrigkeit aufzuklären.
(3) Das Betreuungsgericht hat gegen Pflichtwidrigkeiten des Betreuers durch geeignete Gebote und Verbote einzuschreiten. Zur Befolgung seiner Anordnungen kann es den Betreuer durch die Festsetzung von Zwangsgeld anhalten. Gegen die Betreuungsbehörde, einen Behördenbetreuer oder einen Betreuungsverein wird kein Zwangsgeld festgesetzt.
(4) Durch Landesrecht kann bestimmt werden, dass Vorschriften, welche die Aufsicht des Betreuungsgerichts in vermögensrechtlicher Hinsicht sowie beim Abschluss von Ausbildungs-, Dienst- oder Arbeitsverträgen betreffen, gegenüber der Betreuungsbehörde außer Anwendung bleiben.
A. Normzweck.
Rn 1
Die Vorschrift regelt die Aufsichtspflicht des BtG. Der Grundsatz der Selbstständigkeit des Betreuers bei der Führung seiner ihm übertragenen Aufgaben erfährt in § 1862 im Interesse der staatlichen Kontrolle und Aufsicht verschiedene Einschränkungen (BTDrs 19/24445, 298f). In den Regelungsgehalt sind die Bestimmungen des § 1837 II u III aF in modifizierter Form aufgenommen worden, zur Berichtspflicht über die persönlichen Kontakte (§ 1837 II 2 aF) vgl jetzt § 1863 III Nr 1, zur Pflicht zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung für Berufsbetreuer (§ 1837 II 3 aF) § 23 I Nr 3 BtOG.
Rn 2
Nach I erstreckt sich die Aufsichtspflicht des BtG auf die gesamte Tätigkeit des Betreuers in den Bereichen der ihm übertragenen Aufgaben. Der Aufsicht unterworfen sind dabei ehrenamtliche und berufliche Betreuer. Unterschiede gibt es lediglich hinsichtlich des Maßes der Kontrolle. Das Gericht hat dabei zu überwachen, dass der Betreuer dem Gebot zu einer treuen und gewissenhaften Amtsführung nachkommt, dh die gesetzlichen Vorschriften über die Führung der Betreuung einhält, nicht gegen gerichtliche AnO verstößt, die persönlichen und wirtschaftlichen Interessen des Betreuten nicht vernachlässigt und den ihm zustehenden Ermessensspielraum nicht überschreitet. Maßstab ist dabei nach I 2 der Wunsch bzw der mutmaßliche Wille des Betreuten gem § 1821 II–IV, der auch bei der Erteilung von Genehmigungen gem §§ 1855 ff und einstweiligen Maßnahmen nach § 1867 zu beachten ist.
Die Aufsicht beginnt mit der Bestellung (§ 287 FamFG) des Betreuers und endet mit seiner Entlassung bzw dem Ende der Betreuung (§§ 1868, 1870). Zwangsmaßnahmen gegen den Betreuer nach III sind daher idR ausgeschlossen, sobald er entlassen ist (Staud/Veit § 1837 aF Rz 28). Ausnahme davon ist die Festsetzung von Zwangsgeld zur Durchsetzung seiner Verpflichtung zur Legung einer Schlussrechnung (§ 1872) und der Rückgabe der Bestallungsurkunde (§§ 290 III FamFG) sowie uU zur Fortführung der Geschäfte (§ 1874 II).
Rn 3
Pflichtwidrigkeiten sind alle Verstöße gegen konkrete sich aus dem Gesetz oder einer AnO des Gerichts ergebende Handlungspflichten bzw eine Verletzung der Pflicht zu treuer und gewissenhafter Führung der Vormundschaft oder Betreuung. Es ist nicht ausschlaggebend, ob die Pflichtwidrigkeit die Interessen des Betreuten bereits gefährdet. Anlegen von Geldern des Betreuten auf einem Treuhandkonto des Betreuers unter Verstoß gegen §§ 1841, 1845 I, Verhängung einer Kontaktsperre entgegen § 1834 I, pflichtwidrig handelt auch der Betreuer, der dem Betreuten entgegen dessen Wünschen und Möglichkeiten einen sparsamen Lebenszuschnitt aufnötigt. Keine Pflichtwidrigkeit liegt in der Nichtbefolgung einer vom BtG unzulässigerweise erteilten bindenden AnO (BGHZ 17, 108, 116). Ein Verbot an Betreuer, Betroffene ohne gerichtliche Zustimmung in ein anderes Heim zu verlegen, ist regelmäßig unzulässig (München FamRZ 10, 493). Auch bloße Meinungsverschiedenheiten über die Zweckmäßigkeit einer Entscheidung des Betreuers rechtfertigen einen Eingriff nicht. Verschulden des Betreuers ist nicht erforderlich.
B. Anhörungspflicht (II).
Rn 4
Neu eingeführt wird in II eine Anhörungspflicht des Betreuten durch das das BtG iRd Aufsicht. Liegen Anhaltspunkte für eine Pflichtverletzung des Betreuers vor so hat das BtG den Betreuten persönlich anzuhören. Durch die Anhörung soll das BtG die Sichtweise des Betreuten und dessen Wünsche ermitteln und mit ihm beim Vorliegen einer tatsächlichen Pflichtverletzung Handlungsmöglichkeiten erörtern. Auf eine persönliche Anhörung kann ausnahmsweise verzichtet werden, soweit es keinen weiteren Grund gibt, die Angelegenheit persönlich zu erörtern, etwa wen...