Gesetzestext
(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt.
(2) 1Ist der Beginn eines Tages der für den Anfang einer Frist maßgebende Zeitpunkt, so wird dieser Tag bei der Berechnung der Frist mitgerechnet. 2Das Gleiche gilt von dem Tage der Geburt bei der Berechnung des Lebensalters.
Rn 1
Wann eine Frist beginnt, ist im jeweiligen Sachzusammenhang geregelt (zB § 199, § 438 II). Die Auslegungsregel des I bestimmt, dass für die Berechnung der Fristdauer als Fristbeginn der Tag außer Betracht bleibt, in den das maßgebliche Ereignis oder der Zeitpunkt fällt (Zivilkomputation). Ein Werktag beginnt um 0:00 Uhr und endet um 24:00 Uhr (BGH NJW 19, 2469 [BGH 19.03.2019 - XI ZR 280/17] Rz 36). Fristanlauf ist daher erst der Anfang des folgenden Kalendertages (0.00 Uhr). Entspr endet die Frist mit dessen Schluss um 24.00 Uhr. Dadurch steht bei Fristen, deren Zeitraum nicht nach Stunden, sondern nach Tagen, Wochen, Monaten oder Jahren bemessen sind, der Zeitraum vollständig zur Verfügung. Für den Fristbeginn ist es unerheblich, ob dieser auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag fällt, da § 193 nicht entspr anzuwenden ist (RG Recht 1937 Nr 1915). Fällt das den Fristanlauf auslösende Ereignis zufällig auf den Beginn eines Tages, beginnt die Frist gleichwohl erst am Folgetag zu laufen (BGH NJW-RR 89, 629). Denn idR wollen die Beteiligten nicht den exakten Zeitpunkt des Fristbeginns innerhalb eines Tages festhalten müssen. Bei Stundenfristen bzw noch kleineren Zeiteinheiten zeigt schon deren Verwendung, dass nicht I, sondern eine Bemessung nach der natürlichen Länge gewollt ist.
Rn 2
II 1 ordnet konsequent für Fristläufe an, die exakt durch den Beginn des Tages (0.00 Uhr) definiert sind, dass der Tag des Fristbeginns mitzurechnen ist. Während bei I der Fristbeginn an einen im Verlauf eines Tages liegenden Anfangszeitpunkt oder an ein während des Tages eintretendes Ereignis anknüft, fallen unter II die Fälle, in denen es an einem solchen Ereignis oder einem in den Lauf des Tages fallenden Zeitpunkt fehlt (BGH WM 05, 381f). Bsp ist der Mietbeginn (Staud/Repgen Rz 10a) oder der Ablauf der Bewirkungsfrist des § 9 I 3 InsO, so dass sich die Frist der sofortigen Beschwerde gem § 4 InsO, § 569 I 1 ZPO nach § 187 II, 188 II Alt 2 berechnet (BGH 14.11.13 – IX ZB 101/11 Rz 9f). Entgegen des Grds Rn 1 zählt nach II 2 für die Berechnung des Lebensalters der Tag mit: Das jeweils nächste Lebensjahr beginnt bereits mit Beendigung des vorangegangenen Tages.
Rn 3
§ 187 ist analog anzuwenden, wenn eine Frist von einem bestimmten Zeitpunkt zurückgerechnet werden muss. Fällt also das Ereignis, welches den Endzeitpunkt für eine Tages-, Wochen-, Monats- oder Jahresfrist bestimmt, in den Ablauf eines Tages, so ist im Zweifel dieser Tag nicht mitzuzählen, um den Beginn der Frist zu ermitteln (BeckOGK/Fervers Rz 29, 33). Eine Wochen-Rückfrist endet damit um 0 Uhr des seiner Benennung entspr Wochentags (BGH NJW 13, 2199 [BGH 05.06.2013 - XII ZB 427/11] Rz 11: zur 2-Wochen-Frist gem § 137 II 1 FamFG), also zB bei einer vom Terminstag Donnerstag (20.3.) rückwärtsgerichteten 2-Wochen Frist am Donnerstag (6.3.) um 0 Uhr; bei Termin am Montag (20.3.) endet die Frist am Freitag, 3.3.
Rn 4
Beispiele:
Bei einer Formulierung ›in 14 Tagen ab heute‹ wird das >heute’ idR nicht mitgezählt (Königsberg OLGE 40, 277); Gesetze, die vom Tag der Verkündung an gelten, gelten ab Beginn des Verkündungstages (RGZ 91, 339); eine um 24.00 oder 0.00 Uhr notierte Geburt ist dem neuen Tag zuzurechnen (Schlesw MDR 02, 522 [OLG Schleswig 04.10.2001 - 2 W 163/01]); Rechtshängigkeit als Ereignis nach § 291 1 fällt unter § 187 I, Zinslauf beginnt also erst ab folgendem Tag (BGH NJW-RR 90, 518, 519 [BGH 24.01.1990 - VIII ZR 296/88]; 20.11.12 – II ZR 98/10 Rz 34; BGH 10.10.17 – XI ZR 549/16; BGH 15.10.19, 3 StR 449/19; BAG NJW 01, 1517, 1519 [BAG 15.11.2000 - 5 AZR 365/99]; BAG NZA 23, 650 [BAG 14.12.2022 - 10 AZR 531/20] Rz 44); gleiches gilt für Beginn des Zinslaufs im Rahmen gesetzlicher Verzugszinsen nach Mahnung, Klagezustellung, Zustellung eines Mahnbescheids (hM) oder nach Stellung eines Adhäsionsantrags (BGH 18.2.21 – 2 StR 365/20); § 187 gilt nicht für den Beginn der Verjährungshemmung (RGZ 161, 125, 127); Prozessrecht (§ 222 ZPO): bei der Ladungsfrist (§ 217 ZPO) wird der Tag des die Frist auslösenden Ereignisses ebenso wie der Terminstag selbst nicht eingerechnet (BGH NJW 13, 2199 [BGH 05.06.2013 - XII ZB 427/11] Rz 12); zur Berufungsbegründungsfrist BGH 2.6.16 – III ZB 13/16; bei Rechtsmittelfristen (§§ 517, 548 ZPO) beginnt die Frist grds mit Zustellung des vollständigen Urteils und endet wegen § 188 II (und ggf § 188 III) mit dem Tage des der Zustellung folgenden Monats, der durch seine Zahl dem Anfangstag, also dem Tag der Zustellung, entspricht (BGH NJW 84, 1358); zur Wiedereinsetzung s BGH NJ...