Prof. Dr. Maximilian Zimmer
Rn 52
Öffentlich-rechtliche Ansprüche gehören zum Vermögen des Erblassers und sind grds vererblich, sofern dies nicht durch besondere Rechtsnormen oder durch das Wesen des Anspruchs ausgeschlossen ist, mit der Folge, dass Sozialleistungen grds vererblich sind (OVG Schlesw FamRZ 09, 1865). IÜ richtet sich deren Vererblichkeit nach dem Zweck der jeweiligen öffentlich-rechtlichen Vorschrift (BVerwGE 16, 68). Fehlt eine solche, kann der Rechtsgedanke des § 1922 entspr angewendet werden (BGH NJW 78, 2091). Öffentlich-rechtliche Genehmigungen und Erlaubnisse, die auf die Person des Erblassers abstellen, wie zB § 19 GüKG, § 19 PBefG, § 46 GewG, § 10 GastStG, § 4 HandwO, § 15 FahrlehrerG oder die Waffenerlaubnis, sind unvererblich. Die Berechtigung geht nur dann auf einen privilegierten Erben über, wenn er die vom Gesetz geforderten Voraussetzungen erfüllt. Die Weiterführung des Gewerbes für eine Übergangszeit ist teilw in den Gesetzen zugelassen. Das Beamtenverhältnis erlischt mit dem Tod, ebenso die Vergütungsansprüche (RGZ 93, 110) mit Ausnahme der rückständigen und auf den Sterbemonat des Beamten angefallenen Bezüge, § 17 BeamtVG und des Beihilfeanspruchs. Die in § 18 BeamtVG geregelte Hinterbliebenenversorgung (Sterbegeld, Witwengeld) steht nicht dem Erben, sondern den privilegierten Personen zu (BVerwG FamRZ 66, 234). Entspr erwerben der Ehegatte, die Kinder und Eltern nach § 56 I SGB I im Wege der Sondererbfolge die beim Tod des Berechtigten bestehenden fälligen Ansprüche auf laufende Geldleistungen gegen den Leistungsträger, wenn sie mit dem Berechtigten zum Zeitpunkt des Todes in einem gemeinsamen Haushalt gelebt hatten oder im Wesentlichen von ihm unterhalten wurden (Erman/Lieder § 1922 Rz 57). Hierzu gehören auch Ansprüche aus Versichertenrenten nach § 102 VI SGB VI und Ansprüche auf Nachzahlung des Wohngeldes (BVerwGE 20, 123 [BVerwG 17.12.1964 - BVerwG I C 106.61]). Dagegen ist zB der Rückforderungsanspruch des verarmten Schenkers iRd Erstattung von Sozialhilfe vererblich (BGH NJW 95, 2287; vgl § 528 Rn 19). Auch die Rückzahlungsverpflichtung des Erblassers wegen überzahlten Pflegegeldes geht auf den Erben über (BVerwG NJW 02, 1892).
Rn 53
Soweit es sich nicht um höchstpersönliche Rechte und Pflichten, sondern um Verhaltenspflichten handelt, die im Wege der Ersatzvornahme erzwungen werden können, ist von einer Rechtsnachfolge in Polizei- und Ordnungspflichten auszugehen (Ossenbühl NJW 68, 1992; anders für Ansprüche aus § 4 BBodSchG: München ZEV 20, 650). Im Strafverfahren führt der Tod des Beschuldigten zur Einstellung des Verfahrens durch förmlichen Beschl (BGH NJW 99, 2644). IÜ ist das Recht des Verletzten, das Klageerzwingungsverfahren nach § 172 II StPO zu betreiben, nicht vererblich (hM Stuttg NJW 86, 3153), wohl aber geht das Strafantragsrecht auf die nahen Angehörigen über (§ 77 StGB). Der Tod einer Prozesspartei führt grds nicht zur Beendigung des Prozesses, sondern zu einer Unterbrechung nach § 239 ZPO bis zur Aufnahme durch die Erben. Die Darlegungs- und Beweislast im Prozess wird durch den Erbfall nicht verändert (BGH ZEV 19, 261). Allerdings erlischt die PKH-Bewilligung rückwirkend als höchstpersönliche Berechtigung des Erblassers (Hamm MDR 77, 409) und der Anspruch auf Restschuldbefreiung (vgl Rn 12). Die dem Erblasser zu Unrecht nicht bewilligte PKH steht damit nicht dem Erben zu (Frankf FamRZ 11, 385); der Erbe in dessen Person die Voraussetzungen für PKH nicht vorliegen, darf aber nicht stärker haften als der Erblasser, dem bereits PKH bewilligt war (Jena FamRZ 12, 1161). Das Recht an einem Familiengrab ist idR als Sondernutzungsrecht ausgestaltet und nicht vererblich (BayVGH NJW 18, 1832 [VGH Bayern 21.03.2018 - 4 ZB 17.2082]).
Rn 54
Forderungen aus dem Steuerrecht einschl Verbindlichkeiten wie die Lasten, Säumnis- und Verspätungszuschläge oder die Hinterziehungszinsen gehen grds auf den oder die Erben über (BFH NJW 00, 238). Darüber hinaus treffen die Erben Erstattungspflichten des Erblassers auf Grund eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs (BGHZ 72, 56); auch die Pflicht zur Zahlung von Erschließungsbeiträgen geht auf die Rechtsnachfolger über (OVG Bremen NVwZ 85, 917). Dies gilt nicht für Zwangsgelder, auch wenn sie bereits gegen den Erblasser festgesetzt sind. Sie können diesen ggü auch nicht neu festgesetzt werden (OVG Münster NJW 80, 415; anders bei der Androhung eines Zwangsgeldes: VG Gelsenkirchen FamRZ 11, 759).