Prof. Dr. Maximilian Zimmer
Gesetzestext
Der Erblasser kann durch Testament einen Verwandten, den Ehegatten oder den Lebenspartner von der gesetzlichen Erbfolge ausschließen, ohne einen Erben einzusetzen.
A. Allgemeines.
Rn 1
IdR wird die Enterbung in der Weise vorgenommen, dass der Erblasser eine andere Person als den gesetzlichen Erben einsetzt. Fällt der eingesetzte Erbe weg, kann eine Enterbung der gesetzlichen Erben nicht unterstellt werden (Brandbg ZEV 23, 218 [OLG Brandenburg 17.11.2022 - 3 W 121/22]). Die ausdrückliche eingeräumte Möglichkeit, die gesetzlichen Erben durch ein negatives Testament (BayObLGE 74, 440) von der Erbfolge auszuschließen, ohne andere Personen am Nachlass zu beteiligen, folgt aus der Testierfreiheit.
B. Negativtestament.
Rn 2
Der Erblasser kann die in § 1938 genannten Personen von der Erbfolge ausschließen, ohne gleichzeitig einen Erben einzusetzen. Ohne Einsetzung eines Erben kann der Fiskus als Erbe nicht ausgeschlossen werden.
C. Enterbung.
Rn 3
Der Ausschluss von der Erbfolge kann durch Testament oder eine einseitige Verfügung im Erbvertrag, §§ 2278 II, 2299, erfolgen, eine wechselbezügliche oder vertragsmäßige Enterbung ist jedoch nicht möglich (München DNotZ 06, 1232; § 2278 Rn 2, § 2270 Rn 6).
Rn 4
Der Erblasser muss keinen Grund für die Enterbung angeben; nennt er ihn und ist die Begründung falsch, kann dies den Ausgeschlossenen möglicherweise berechtigen, die letztwillige Verfügung anzufechten (BGH NJW 65, 584). Die Enterbung ist ausdrücklich oder in Form eines ›stillschweigenden Ausschlusses‹ möglich (München FamRZ 01, 940), muss sich aber stets unzweideutig aus der Verfügung ergeben (München ZErb 13, 33). Die bloße Zuwendung des Pflichtteils an den Ehegatten oder an Verwandte stellt eine Enterbung dar (RGZ 61, 15). Dies gilt nicht, wenn der Nachlass durch Vermächtnisse erschöpft ist, da die Vermächtnisse ausgeschlagen werden können (BayObLG MDR 79, 847).
Rn 5
Die Enterbung eines Verwandten der ersten bis dritten Ordnung führt nicht zum Ausschluss des gesamten Stammes (BGH FamRZ 59, 149), vielmehr treten an die Stelle des Ausgeschlossenen seine Abkömmlinge. Der Erblasser kann auch alle Verwandten enterben, ob dies gewollt ist, ist durch Auslegung zu ermitteln, wobei Zurückhaltung zu üben ist (vgl Hamm ZEV 12, 266 [OLG Hamm 02.12.2011 - I-15 W 603/10]).
D. Rechtsfolgen.
Rn 6
Die Rechtsfolge einer Enterbung ist nicht ausdrücklich geregelt; der Vorschrift ist aber zu entnehmen, dass die gesetzliche Erbfolge eingreifen soll und der Ausgeschlossene erbrechtlich als vorverstorben gilt. Enterbt der Erblasser eine in § 2303 genannte Person, kann diese den Pflichtteil verlangen. Für einen stillschweigenden Ausschluss aller Abkömmlinge bedarf es konkreter Anhaltspunkte (BayObLG FamRZ 89, 1006; Hamm ZEV 12, 266).
Rn 7
UU kann in der Enterbung auch die Entziehung der Verwaltungsbefugnis des § 1632 der an die Abkömmlinge fallenden Erbschaft liegen (BayOLGZ 64, 263).
Rn 8
Mit der Enterbung verliert der Ehegatte unabhängig vom Güterstand das Recht auf den Voraus.
Rn 9
Zwar kann eine Pflichtteilsentziehung nur unter den Voraussetzungen der §§ 2333 ff erfolgen; aber auch eine unwirksame Pflichtteilsentziehung bringt zum Ausdruck, dass der Betroffene von der Erbfolge ausgeschlossen sein soll (§ 2336 Rn 1). Dies gilt auch bei anderen Unwirksamkeitsgründen oder wenn es an einer Pflichtteilsberechtigung fehlt (BayObLG NJW-RR 96, 967 [BayObLG 30.11.1995 - 1Z BR 86/95]).