Prof. Dr. Maximilian Zimmer
Gesetzestext
(1) Die Ausschlagung kann nur binnen sechs Wochen erfolgen.
(2) 1Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in welchem der Erbe von dem Anfall und dem Grund der Berufung Kenntnis erlangt. 2Ist der Erbe durch Verfügung von Todes wegen berufen, beginnt die Frist nicht vor Bekanntgabe der Verfügung von Todes wegen durch das Nachlassgericht. 3Auf den Lauf der Frist finden die für die Verjährung geltenden Vorschriften der §§ 206, 210 entsprechende Anwendung.
(3) Die Frist beträgt sechs Monate, wenn der Erblasser seinen letzten Wohnsitz nur im Ausland gehabt hat oder wenn sich der Erbe bei dem Beginn der Frist im Ausland aufhält.
A. Allgemeines.
Rn 1
Die gesetzliche Ausschlussfrist nach I bzw III für die Ausschlagung soll es dem vorläufigen Erben ermöglichen, sich über die Nachlassverhältnisse zu unterrichten und über die Ausschlagung zu entscheiden. Die Bestimmung bewirkt damit die Beendigung der vorläufigen Rechtsstellung dieses Erben. Die Ausschlagungsfrist gilt daher nicht für die Ausschlagung eines zugunsten eines Vermächtnisnehmers ausgesetzten Vermächtnisses; die Frist des § 1944 ist hier weder direkt noch analog anzuwenden (BGH NJW 11, 1353 [BGH 12.01.2011 - IV ZR 230/09]).
Rn 2
Andererseits soll die gesetzliche Befristung des Ausschlagungsrechts insb den Nachlassgläubigern und den Nächstberufenen schnell Klarheit über die Rechtslage verschaffen (Erman/Schmidt § 1944 Rz 1), sie kann daher weder vom Erblasser noch vom Nachlassgericht verlängert werden. Läuft die Frist ab, ohne dass die Ausschlagung erklärt wird, treten die Folgen des § 1943 Hs 2 ein.
Rn 3
Bei einer Erbengemeinschaft (vgl § 1952 Rn 8) sind der Fristbeginn, die Länge der Frist und die Fristberechnung für jeden Miterben gesondert festzustellen. Die Frist kann auch dann unterschiedlich sein, wenn der Erbe zu mehreren gesondert ausschlagbaren Erbteilen berufen ist.
B. Ausschlagungsfrist.
Rn 4
Für den Fristbeginn bei Kenntnis (Rn 14) des gesetzlichen Vertreters ist dessen Aufenthalt (Inland/Ausland) oder ausschließlicher Wohnsitz (§ 7 I) maßgebend (Grüneberg/Weidlich § 1944 Rz 1). Der Sterbeort des Erblassers ist dabei unerheblich, selbst wenn er im Inland liegt Für die Verlängerung der Frist auf 6 Monate (III) soll ein Tagesausflug in das benachbarte Ausland nicht genügen (BGH NJW 19, 1071 [BGH 16.01.2019 - IV ZB 21/18]).
C. Fristbeginn.
Rn 5
Die Frist beginnt in dem Zeitpunkt, in dem der Erbe zuverlässige Kenntnis vom Anfall der Erbschaft und von seinem Berufungsgrund erlangt hat (Rostock FamRZ 10, 1597); sie beginnt damit erst dann zu laufen, wenn der Erbe nicht nur Kenntnis von dem Erbfall sondern auch von dem konkreten einschlägigen Berufungsgrund (Gesetz, letztwillige Verfügung oder Erbvertrag) hat (Schlesw v 20.6.16 – 3 Wx 96/15). Bei Miterben läuft die Frist für jeden Erben gesondert (. Die Kenntnis setzt das zuverlässige Erfahren der maßgeblichen Umstände voraus, aufgrund dessen ein Handeln erwartet werden kann, wenn dem Erben die tatsächlichen und rechtlichen Umstände in so zuverlässiger Weise bekannt geworden sind, dass von ihm vernünftigerweise erwartet werden kann, zu überlegen, ob er die Erbschaft annehmen oder ausschlagen will (Zweibr NJW-RR 06, 1594 [OLG Zweibrücken 23.02.2006 - 3 W 6/06]). Im Fall gesetzlicher Erbfolge ist Kenntnis vom Berufungsgrund erst dann anzunehmen, wenn dem Erben die Familienverhältnisse bekannt sind und er nach den Gesamtumständen und seiner subjektiven Sicht keine begründete Vermutung hat oder haben kann, dass eine ihn ausschließende letztwillige Verfügung vorhanden ist. Abgerissene Familienbande können es aus der Sicht des Erben nicht unwahrscheinlich erscheinen lassen, dass der Erblasser ihn durch letztwillige Verfügung ausschließen wollte und ausgeschlossen hat (Schlesw v 20.6.16 – 3 Wx 96/15). Erlangt der Nacherbe im Erbscheinsverfahren des Vorerben Kenntnis vom Inhalt des Testaments, so setzt diese Kenntnis nicht die Ausschlagungsfrist in Lauf (München ZEV 11, 318 [OLG München 02.12.2010 - 31 Wx 067/10]). Bei einem rechtlich Unkundigen kann uU auch das Fehlen eines Aktivnachlasses oder die Annahme, ein solcher fehle, die Kenntnis vom Anfall der Erbschaft ausschließen (BayObLG NJW-RR 94, 202). Dabei kommt es auf die Erkenntnisquelle nicht an, wenngleich unüberprüfbare, private Mitteilungen idR nicht ausreichen (BayObLG NJW-RR 94, 202 [BayObLG 26.08.1993 - 1 Z BR 80/93]). Die zuverlässige Kenntnis vom Berufungsgrund fehlt, wenn der durch eine auslegungsbedürftige letztwillige Verfügung berufene Miterbe mit vertretbaren Gründen annimmt, er sei Alleinerbe kraft Gesetzes geworden (München FamRZ 08, 445). Ein Tatsachen- und/oder Rechtsirrtum ist beachtlich; in gleicher Weise schließt ein Irrtum über die Art oder Wirksamkeit der Berufung, der nicht ›von vornherein von der Hand‹ zu weisen ist, die positive Kenntnis vom Berufungsgrund aus (BGH ZErb 00, 232).
Rn 6
Kennen müssen oder grob fahrlässige Unkenntnis steht der Kenntnis nicht gleich; sie verhindert aber den Fristbeginn. Entspr gilt bei sonstiger Unfähigkeit zur Kenntnisnahme.
Rn 7
Für den pflichtteilsberechtigten Erb...