Rn 7
Die Gefahr von Überschneidungen von Verjährungsfristen ist durch die Neuregelung des Verjährungsrechts erheblich gemindert, insb durch die Aufhebung der bisherigen Einzelregelungen in den §§ 196, 197 aF.
I. Entstehungstatbestand/Novation.
Rn 8
Entscheidend für die Frage, welche Verjährungsfrist zur Anwendung kommt, ist der Sachverhalt zum Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs (Schlesw NJW-RR 03, 627 [OLG Schleswig 15.08.2002 - 2 U 3/01]; allgem BGH NJW-RR 06, 618 [BGH 15.12.2005 - I ZR 9/03] Rz 15). Bei gemischten Verträgen kommt es auf die Qualifikation des jeweiligen Einzelanspruchs an (BGHZ 70, 361). Soweit auch hierbei mehrere Vertragstypen in Betracht kommen, entscheidet der wirtschaftliche Kern. Nachträgliche Änderungen (zB BGHZ 52, 39, 46; BGH NJW-RR 87, 1426, 1427; NJW 10, 2652 Rz 15: gerichtlicher oder außergerichtlicher Vergleich; BGH NJW 82, 1809, 1810 [BGH 19.02.1982 - V ZR 251/80]; 92, 2228 [BGH 26.05.1992 - VI ZR 253/91]: deklaratorisches Schuldanerkenntnis) spielen keine Rolle, doch kann § 212 I Nr 1 greifen (BGH NJW 14, 394 Rz 21: zum Vergleich). Das gilt auch bei einem Wechsel auf Gläubiger- oder Schuldnerseite, wenn keine Neubegründung des Anspruchs eintritt (BGH NJW 90, 2555, 2556; Köln ZMR 94, 115, 117: je zu § 1004). Wird dagegen ein bestehendes Schuldverhältnis durch ein Neues ersetzt (Novation) oder wird neben dem Bestehenden ein weiteres Schuldverhältnis geschaffen, so läuft die Verjährung für das neue Rechtsverhältnis grds neu an und zwar mit den dafür geltenden Verjährungsregeln; beim Schuldbeitritt unterliegt die Verjährung derselben, wie der beigetretenen Schuld (BGH 20.1.11 – IX ZR 74/10 Rz 2). Beim konstitutiven Schuldanerkenntnis (§ 781) verjährt der Anspruch nach § 195 (BGHZ 130, 288, 292; BGH NZG 11, 628 Rz 7 f; s.a. NJW 10, 1144 Rz 18 ff). Weitere Fälle sind die Anerkennung eines Kontokorrentsaldos (BGH NJW 68, 33, 34; 69, 879) oder einer Saldoforderung aus einem Kreditkartenvertrag (Oldbg DB 1994, 526; zu Reisewertkonten s. Köln 23.8.13 – 6 U 27/13).
II. Ersatz-, Neben- und Hilfsansprüche.
Rn 9
Nach § 217 verjähren Ansprüche auf abhängige Nebenleistungen mit dem Anspruch auf die Hauptleistung. IdR unterliegen jene Ansprüche ohnehin der Regelverjährung nach § 195. Gilt für den Hauptanspruch nicht die Regelverjährung, ist zu prüfen, ob sich für die Sekundäransprüche Anhaltspunkte bieten, diese einer anderen, insb der Regelverjährung, zu unterwerfen. Richtet sich insoweit ein Ersatzanspruch auf die gleiche geschuldete Leistung, wird eine Anwendung spezialgesetzlicher Verjährungsfristen in Betracht kommen. Richtet er sich dagegen auf Schadensersatz, verjährt er innerhalb der Regelverjährung. Entspr gilt für Nebenansprüche, dass, wenn ihr alleiniger Normzweck darin besteht, die Durchsetzung eines Leistungsanspruchs zu ermöglichen, sie nicht später als dieser verjähren. Hilfsansprüche, insb solche auf Rechnungslegung oder Auskunft (s BGHZ 33, 373, 379; NJW 85, 384; aA Ddorf MDR 05, 981), unterliegen einer eigenständigen Verjährung (BGH NJW 17, 2755 Rz 8), grds also der Regelverjährung. Der Auskunftsanspruch aus § 242 verjährt grds nicht vor dem Hauptanspruch, dem er dient (BGH NJW 17, 2755 [BGH 25.07.2017 - VI ZR 222/16] Rz 8; zu § 280 BGH NJW 21, 765 [BGH 03.09.2020 - III ZR 136/18] Rz 55; zu § 1379 BGH NJW 18, 950 [BGH 31.01.2018 - XII ZB 175/17] Rz 23). Der Auskunftsanspruch des Mieters gem § 556g III verjährt nach § 195, doch beginnt die Frist abweichend von § 199 I erst mit dem Auskunftsverlangen des Mieters (BGH NZM 23, 673 [BGH 12.07.2023 - VIII ZR 375/21] Rz 18). Die Verjährung des Auskunftsanspruchs nach § 666 Alt 2 beginnt nicht vor Beendigung des Auftragsverhältnisses (BGH NJW 12, 917 [BGH 01.12.2011 - III ZR 71/11] Rz 15). Jedoch liegt keine Informationspflicht aus § 666 mehr vor, wenn feststeht, dass der Gläubiger des Informationsanspruchs trotz Erfüllung wegen Verjährung keinesfalls etwas fordern könnte (Frankf 8.7.13 – 23 U 246/12 Rz 75–77).