Prof. Dr. Maximilian Zimmer
Rn 2
Mit dem Tod des ausschlagungsberechtigten Erben geht das Ausschlagungsrecht als Bestandteil seines Nachlasses (Zweitnachlass) auf den/die gesetzlichen oder gewillkürten Erben über (BGH NJW 65, 2295 [BGH 31.05.1965 - III ZR 233/62]). Mit dem Ausschlagungsrecht erlangt der Erbeserbe das Recht zur Annahme der Erbschaft. Er kann die Erbschaft nach dem verstorbenen Erben ausschlagen, wodurch er die Erbeserbenstellung rückwirkend verliert. Hatte die Ausschlagungsfrist für den Erben schon begonnen, läuft sie für den Erbeserben weiter, auch wenn er vom Anfall der ersten Erbschaft keine Kenntnis hat.
Rn 3
Die Ausschlagungsfrist läuft für den ersten Erbfall jedoch erst mit der für den zweiten ab. Dadurch behält der Erbeserbe die volle Überlegungsfrist. Der Erbeserbe kann die Erbschaft des Erben annehmen, die Erbschaft des Erblassers aber ausschlagen; er kann weiter auch beide annehmen, jedoch nicht die unmittelbar an ihn gefallene Erbschaft ausschlagen und zusätzlich das Ausschlagungsrecht hinsichtlich der im Nachlass befindlichen Erbschaft ausüben, dieses Gestaltungsrecht ist an seine Erbenstellung gebunden (München ZEV 20, 351 [OLG München 11.03.2020 - 31 Wx 74/20]; Grüneberg/Weidlich § 1952 Rz 1). Nicht möglich ist es weiter, die entferntere Erbschaft anzunehmen und die nähere auszuschlagen, weil auch hier die entferntere Erbschaft nur als Bestandteil der näheren dem Erbeserbe angefallen ist. In der Annahme der ersten Erbschaft liegt regelmäßig zugleich die Annahme der zweiten (v Lübtow JZ 69, 502; aA Soergel/Naczinsky§ 1952 Rz 2), da der Wille erkennbar ist, ein zum Zweitnachlass gehörendes Recht dauerhaft behalten zu wollen. Schlägt er den Zweitnachlass aus, verliert die Annahme des ersten Nachlasses ihre Grundlage (MüKo/Leipold § 1952 Rz 6).
Rn 4
Schlägt der Erbeserbe die Erbschaft des Erblassers aus, fällt sie demjenigen an, der berufen gewesen wäre, wenn der unmittelbare Erbe selbst die Erbschaft ausgeschlagen hätte (BayObLG NJW 53, 1431).
Rn 5
Starb der Erbe vor Fristbeginn, fängt die Frist für den Erbeserben erst mit seiner Kenntnis von Anfall und Berufungsgrund zu laufen an, § 1944 II 1; sie endet nicht vor Ablauf der für die Erbschaft des Erben bestehenden Ausschlagungsfrist des II, da andernfalls für die Erbschaft des Erblassers die gedachte Annahme nach § 1943 eintreten könnte (Grüneberg/Weidlich § 1952 Rz 1). Kannte der Erbe einzelne, aber nicht alle erforderlichen Tatsachen, so können diese dem Erbeserben nicht zugerechnet werden.