Prof. Dr. Maximilian Zimmer
Rn 15
Die Berufung des Erben auf die Dürftigkeit oder Unzulänglichkeit hat nach § 1990 I 2 zur Folge, dass der Erbe den Nachlass zum Zwecke der Befriedigung der Gläubiger im Wege der Zwangsvollstreckung herauszugeben hat. Der Erbe muss die Zwangsvollstreckung in den noch vorhandenen Nachlass dulden und ihn auf Verlangen des Gläubigers bezeichnen (MüKo/Küpper § 1990 Rz 13). Von der Herausgabepflicht sind auch solche Nachlassgegenstände erfasst, die nach § 811 ZPO unpfändbar sind. Der Erbe kann diese Folge nicht durch Zahlung des Wertes des Nachlassgegenstandes abwenden, da § 1973 in § 1990 nicht genannt ist.
Rn 16
Die Einrede berührt nicht die Nachlassverbindlichkeit als solche, sondern führt zu einer Beschränkung der Erbenhaftung. Sie hat den Zweck, den Zugriff der Nachlassgläubiger auf das Eigenvermögen des Erben abzuwehren, hat aber keine Absonderung des Nachlasses vom Eigenvermögen des Erben zur Folge, sondern führt lediglich zu einer Trennung im Verhältnis zwischen Erben und jeweiligem Nachlassgläubiger (Grüneberg/Weidlich § 1990 Rz 9). Der Erbe verwaltet den Nachlass selbst und erfüllt die Nachlassverbindlichkeiten. Dabei gehen die Gläubiger mit einem rechtskräftigen Titel den anderen im Rang vor, § 1991 III (BGHZ 122, 197) und für Verbindlichkeiten aus Pflichtteilen, Vermächtnissen und Auflagen gilt die Reihenfolge, die auch im Nachlassinsolvenzverfahren nach § 327 I Nr 1 InsO zu beachten ist (NK-BGB/Krug § 1990 Rz 27). Daher ist der Erbe, wenn er die Einrede erhebt, den Nachlassgläubigern ggü für seine Verwaltung verantwortlich. Hat er sich wegen schuldhafter Pflichtverletzung schadensersatzpflichtig gemacht, vergrößert der zum Nachlass gehörende Ersatzanspruch den unzureichenden Nachlass (vgl Rn 7).
Rn 17
Liegen die Voraussetzungen des § 1990 vor, kann der Erbe den Nachlass auch freiwillig herausgeben oder sich zur Vermeidung von Prozesskosten der sofortigen Zwangsvollstreckung nach § 794 I Nr 5 ZPO unterwerfen (RGZ 137, 50). Allerdings führt die freiwillige Freigabe des Nachlasses zur Vollstreckung, nicht zu einer Schuldbefreiung. Bei seinen Handlungen unterliegt der Erbe insoweit der Verwalterhaftung nach § 1991 I, weshalb stets die Gefahr besteht, dass ihm von den Nachlassgläubigern vorgehalten wird, er habe einen Gegenstand unter Wert an den anderen Nachlassgläubiger herausgegeben. Davor kann sich der Erbe nur durch Vollstreckungsvereinbarungen mit den Gläubigern, entweder einzeln oder mit allen zusammen, absichern, in dem er vereinbart, dass die ihm übergebenen Gegenstände im Wege der öffentlichen Versteigerung verwertet und der Überschuss an den Nachlass ausgekehrt wird (HP/Lohmann § 1990 Rz 12).