Prof. Dr. Maximilian Zimmer
Gesetzestext
(1) Verkauft ein Miterbe seinen Anteil an einen Dritten, so sind die übrigen Miterben zum Vorkauf berechtigt.
(2) 1Die Frist für die Ausübung des Vorkaufsrechts beträgt zwei Monate. 2Das Vorkaufsrecht ist vererblich.
A. Allgemeines.
Rn 1
Das Vorkaufsrecht ermöglicht den Miterben, unerwünschte Dritte (›Nichterben‹) von der Erbengemeinschaft fernzuhalten (BGH NJW 82, 330 [BGH 28.10.1981 - IVa ZR 163/80]). Die Wirkung wird dadurch verstärkt, dass es einen gutgläubigen lastenfreien Erwerb von Erbteilen nicht gibt, da das Vorkaufsrecht kraft Gesetzes ggü Dritten wirkt (BayObLGZ 52, 231). Dadurch wird verhindert, dass das Vorkaufsrecht durch Veräußerung des Anteils an Dritte untergehen kann (Erman/Bayer § 2034 Rz 1), daher ist es auch nicht im Grundbuch absicherbar (BayObLGZ 52, 231).
Rn 2
Das noch nicht ausgeübte Vorkaufsrecht ist weder isoliert übertragbar, § 473 (KG OLGE 9, 387), noch pfändbar, § 851 ZPO, aber nach II zusammen mit dem Erbteil vererblich (BGH NJW 66, 2207 [BGH 13.06.1966 - III ZR 198/64]).
Rn 3
Die allgemeinen Vorschriften der §§ 463 ff finden nur insoweit Anwendung, als die §§ 2034–2037 keine speziellere Regelung vorsehen.
B. Entstehung.
Rn 4
Das Vorkaufsrecht besteht allein bei Verkauf des Erbteils durch einen Miterben, den Erben oder Erbeserben eines Miterben (BGH NJW 69, 92 [BGH 14.10.1968 - III ZR 73/66]) an Dritte (BGH ZEV 01, 116), nicht aber an einen anderen Miterben (stRspr BGH ZEV 93, 72; BGH NJW 11, 1126), und zwar unabhängig davon, ob dieser Dritte einen weiteren Erbteil hinzu erwirbt (BGH NJW 71, 1264).
Rn 5
Das Vorkaufsrecht setzt stets einen Kaufvertrag (§ 2371) voraus. Auf andere Austauschverträge ist die Vorschrift nicht anwendbar (Rn 6).
Rn 6
Das Vorkaufsrecht besteht insbes nicht bei Schenkungen (BGH 57, 1162), gemischter Schenkung (RGZ 101, 99), Verpfändung, Sicherungsabtretung (BGH NJW 57, 1515 [BGH 13.07.1957 - IV ZR 93/57]), Hingabe an Zahlungs Statt (Hambg OLGZ 14, 285), Tausch (BGH NJW 64, 540 [BGH 11.12.1963 - V ZR 41/62]), beim Verkauf im Wege der Zwangsvollstreckung oder durch den Insolvenzverwalter (§ 471). Es besteht auch dann nicht, wenn ein Erbe die Versteigerung des Nachlasses betreibt (BGH NJW 72, 1199 [BGH 19.04.1972 - IV ZR 117/70]).
Rn 7
Das Vorkaufsrecht erlischt, wenn der Erbteil an den veräußernden oder einen anderen Miterben übertragen wird (RGZ 170, 203) und lebt auch nicht wieder auf, wenn der veräußernde Miterbe später den Anteil zurückerwirbt (BGH NJW 11, 1126).
Rn 8
Die öffentlich-rechtliche Veräußerung eines Nachlassanteils im Umlegungsverfahren erfüllt, wenn er nur aus einem Grundstück besteht, die Voraussetzungen des § 2034 nicht (Clasen DVBl 56, 821).
C. Vorkaufsberechtigung.
Rn 9
Nach §§ 2034 I, 472 sind sämtliche Miterben als Gesamthänder vorkaufsberechtigt (BGH NJW 82, 330 [BGH 28.10.1981 - IVa ZR 163/80]). Nicht dazu gehört der Miterbe, der seinen Anteil bereits veräußert hat (BGH NJW 02, 820 [BGH 31.10.2001 - IV ZR 268/00]) oder sich bereits bindend verpflichtet hat, seinen Erbteil zu veräußern (Rostock MDR 99, 941 [OLG Rostock 26.11.1998 - 7 U 301/97]). Die bloße Absicht, den Erbteil später zu veräußern, schadet nicht.
Rn 10
§ 472 2 ist im Hinblick auf den Zweck des § 2034, das Eindringen Familienfremder in die Erbengemeinschaft zu verhindern, nicht anzuwenden, wenn ein Erbteil an den zur gesetzlichen Erbfolge berufenen Abkömmling eines Miterben verkauft wird und dieser der Ausübung des Vorkaufsrechts durch einen anderen Miterben widerspricht (BGH MDR 71, 377).
Rn 11
Nicht zum Kreis der Vorkaufsberechtigten gehört der Dritte, der bereits zu einem früheren Zeitpunkt den Erbteil eines anderen Miterben vollständig erworben hat (BGH NJW 83, 2142) sowie der durch Übertragung seines Anteils vollständig aus der Erbengemeinschaft ausgeschiedene Miterbe, der zwar noch Erbe im Rechtssinn geblieben ist (BGHZ 86, 379), aber keines Schutzes vor dem Eindringen Dritter in die Erbengemeinschaft bedarf (BGHZ 121, 47).
Rn 12
Nicht vorkaufsberechtigt sind Erbteilserwerber, da sie den Gesamthändern nur aus freiem Entschluss angehören und das Vorkaufsrecht weder allein noch zusammen mit dem Anteil übertragbar ist (BGH NJW 82, 2142). Dem Erwerber eines Erbanteils, der diesen durch Rechtsgeschäft unter Lebenden erworben hat, steht beim späteren Verkauf eines anderen Erbteils eines weiteren Miterben ein Vorkaufsrecht nicht zu, und zwar selbst dann nicht, wenn der Anteilserwerb im Wege der vorweggenommenen Erbfolge erfolgt war und der Erwerber den Miterben, von dem er seinen Anteil erworben hat, zwischenzeitlich beerbt hat (München ErbR 10, 262).
D. Ausübung des Vorkaufsrechts.
Rn 13
Die Ausübung des Vorkaufsrechts erfolgt durch formlose, aber eindeutige Erklärung ggü dem Verkäufer oder nach § 2035 ggü jedem Käufer. Dabei stellt die Erklärung, erst noch die Bedingungen des Erwerbs aushandeln zu wollen, keine wirksame Ausübung des Vorkaufsrechts dar (BGH DB 63, 828). Nach § 472 müssen die ausübungsbereiten Miterben ihr Vorkaufsrecht einheitlich ausüben (BGH WM 79, 1066), allerdings nicht gleichzeitig (RGZ 158, 57). Fehlt es an einer Einigung dieser Miterben, scheidet ...