Prof. Dr. Maximilian Zimmer
Rn 9
Die Miterben können Art und Inhalt der Verwaltung frei bestimmen. Die Verwaltung umfasst alle ›rechtlichen und tatsächlichen Maßnahmen, die der Verwaltung, Sicherung, Erhaltung, Vermehrung, Nutzungsgewinnung, Verwertung von Nachlassgegenständen und der Schuldentilgung dienen‹ (iE s MüKo/Gergen § 2038 Rz 16f), wobei aber der Erlass von Nachlassforderungen nicht zur Nachlassverwaltung gehört. § 2038 unterscheidet nicht danach, ob eine Maßnahme lediglich im Innenverhältnis oder auch außerhalb der Erbengemeinschaft wirkt; Verwaltung umfasst daher sowohl die interne Beschlussfassung als auch Maßnahmen im Außenverhältnis, wie zB Rechtsgeschäfte über einen Nachlassgegenstand. Daher können auch die Erben ein Mietverhältnis über eine zum Nachlass gehörende Sache wirksam mit Stimmenmehrheit kündigen, wenn sich die Kündigung als Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung darstellt (BGHZ 183, 131 – Darlehenskündigung; Brandbg ZOV 19, 70 – Pachtvertrag; vgl aber KG ErbR 19, 650 – Kündigung des Sparguthabens, das wesentlicher Nachlass ist). Auch die Einziehung einer Nachlassforderung gehört zur ordnungsgemäßen Verwaltung, die Mehrheit der Erben kann eine entsprechende Einziehungsbefugnis auf einen Miterben übertragen (BGH NJW 13, 166 [BGH 19.09.2012 - XII ZR 151/10]), ebenso die Ausübung von Auskunftsrechten (Karlsr ZEV 14, 208 [OLG Karlsruhe 16.12.2013 - 7 W 76/13]) oder die Ausübung von Gestaltungsrechten im Rahmen bestehender Vertragsverhältnisse (BGH 3.12.14 – IV ZA 22/14). Damit ist für die Maßnahmen im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung nicht nur bei der Geschäftsführung eine Mehrheit ausreichend, sondern auch das Verfügungsgeschäft, selbst über einen einzelnen Nachlassgegenstand, bedarf nicht der Mitwirkung aller Miterben. Der nicht zur Mitwirkung bei der Umsetzung (Verfügung) bereite Miterbe muss also nicht auf Mitwirkung verklagt werden (vgl § 2040 Rn 1).
Rn 10
Die Änderung der bisherigen Rspr bietet eine Reihe von Erleichterungen für die Verwaltung der Erbengemeinschaft, weil die Durchsetzung einer durch Mehrheit wirksam beschlossenen Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung nicht mehr daran scheitert, dass ein Miterbe nicht zur Mitwirkung bereit ist oder aber zunächst auf Mitwirkung verklagt werden muss. Allerdings bedeutet dies auch eine Unsicherheit im Rechtsverkehr, denn der Dritte wird eine richtige Einordnung der Verfügung als Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung nicht immer sicher erkennen können (vgl Müßig JZ 11, 481 [BGH 11.11.2009 - XII ZR 210/05]). Im Grundbuchverfahren wird der Hinweis auf eine Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung nicht genügen, wenn nicht alle Erben mitgewirkt haben (München NotBZ 19, 66 [OLG München 03.08.2018 - 34 Wx 196/18] m Anm Zimmer). Ob der Schadensersatzanspruch gegen die Handelnden ausreichenden Schutz bietet (BGHZ183, 131) kann bezweifelt werden. Sinnvoll wäre eine Vermutungsregelung für die Zulässigkeit der Verfügung im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung bei Mehrheitsentscheidungen. Grundbuchbeschwerde (§ 71 GBO) sollen die Miterben nur gemeinschaftlich einlegen dürfen (München FamRZ 19, 1655).
Rn 11
Die Bestimmung der Ruhestätte des Erblassers (Kobl ErbR 21, 1057 [OLG Koblenz 25.03.2021 - 12 U 1546/20]), eine Obduktion und Exhumierung der Leiche des Erblassers (LG Detmold NJW 58, 265), der Widerruf einer von den Miterben erteilten Vollmacht (BGH NJW 59, 2114 [BGH 24.09.1959 - II ZR 46/59]) gehören ebenso wenig zu den Verwaltungshandlungen wie Maßnahmen der Auseinandersetzung (Ddorf NJWE-FER 97, 87) oder der Ausübung des Vorkaufsrechts (RGZ 158, 57).