Prof. Dr. Maximilian Zimmer
Gesetzestext
(1) Die Erben können über einen Nachlassgegenstand nur gemeinschaftlich verfügen.
(2) Gegen eine zum Nachlass gehörende Forderung kann der Schuldner nicht eine ihm gegen einen einzelnen Miterben zustehende Forderung aufrechnen.
A. Allgemeines.
Rn 1
Die Vorschrift entspricht dem Gesamthandsprinzip der Erbengemeinschaft und ist nicht nur von Nacherben, sondern auch vom Erwerber des Erbteils zu beachten. Der Zweck liegt vor allem darin, eine Entwertung des Nachlasses zu verhindern (BGHZ 183, 131). Die Vorschrift hat im Hinblick auf die vom BGH zugelassene Erstreckung der Befugnis zur Mehrheitsentscheidung im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses auch auf Verfügungen über einzelne Nachlassgegenstände erheblich an Bedeutung verloren (vgl § 2038 Rn 6).
B. Verfügungsbefugnis.
Rn 2
Da die Miterben nur gemeinsam über einen Nachlassgegenstand verfügen können, kann jeder einzelne die Verfügung verhindern, jedoch dann nicht, wenn es sich um eine ordnungsgemäße Verwaltungsmaßnahme iSd § 2038 handelt oder die Verfügung zur Erhaltung des Nachlasses erforderlich ist (BGHZ 183, 131). Diese Verfügungen, sofern durch einen Mehrheitsbeschluss gedeckt, erlauben abweichend vom Wortlaut des § 2040 auch die Verfügung durch Mehrheit der Erben im Außenverhältnis.
Rn 3
Ist ein Miterbe mit der Verfügung nicht einverstanden, etwa weil es sich nach seiner Auffassung nicht um eine Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung handelt, muss er auf Feststellung der Unwirksamkeit klagen. Die Vorschrift erfasst damit vor allem Fälle außerordentlicher Verwaltung und solche Fälle ordnungsgemäßer Verwaltung, bei denen die Mehrheit der Erben auf Mitwirkung der Minderheit besteht, etwa um Schadensersatzansprüchen zu entgehen oder aber, weil deren Mitwirkung für Grundbuchzwecke erforderlich ist (§ 2038 Rn 7).
C. Nachlassgegenstand.
Rn 4
§ 2040 betrifft nur einzelne Nachlassgegenstände (Sachen oder Rechte), nicht aber den Gesamtnachlass.
D. Verfügungen.
Rn 5
Verfügungen sind Rechtsgeschäfte, die bestehende Rechte aufheben, belasten und/oder inhaltlich verändern. Hierzu gehören insb die Kündigung einer Forderung und ihre Einziehung (Ddorf NJWE-FER 97, 87); die Kündigung eines Pachtvertrages (BGH ZEV 06, 358 [BGH 28.04.2006 - LwZR 10/05]); der Rücktritt (RGZ 151, 304); die Anfechtung nach § 119; die Anerkennung und der Verzicht auf ein Recht (RG JR 25, Nr 1345); der Erlass einer Schuld (die Abtretung; das Anerkenntnis und die Aufrechnung (BGH NJW 63, 244 [BGH 24.10.1962 - V ZR 1/61]); die Ermächtigung eines Dritten zur Vornahme einer Verfügung (RGZ 67, 27); der Widerruf eines Auftrags; die Annahme einer Leistung als Erfüllung (Staud/Löhnig § 2040 Rz 5); die Zustimmung einer Erbengemeinschaft als Grundstückseigentümerin zur Veräußerung des Erbbaurechts (Hamm MDR 67, 127 [OLG Hamm 23.09.1966 - 15 W 243/66]); die Zustimmung zur Grundbuchberichtigung (RGZ 93, 292); die Löschungsbewilligung einer Reallast (BayObLGZ 1988, 229); Sicherungsübereignung; die Erhebung einer Mietaufhebungsklage (AG Hannover ZMR 66, 152) und die Klage auf geräumte Herausgabe einer Wohnung (LG Köln MDR 72, 520), die Kündigung eines Mietvertrages (BGH 183, 133) oder eines Girovertrages (Brandbg MDR 11, 1425 [OLG Brandenburg 24.08.2011 - 13 U 56/10]).
Rn 6
Keine Verfügung idS ist die Ausschlagung einer zum Nachlass gehörenden Erbschaft, weil hierzu jeder Miterbe für seinen Teil befugt ist, § 1952 III, der Widerruf erteilter Vollmachten des Erblassers, da das Widerrufsrecht kein Nachlassgegenstand ist (Kipp/Coing § 114 V 2), die Vollmachtserteilung über einen Nachlassgegenstand (Wolf AcP 81, 480, aA BGHZ 30, 391); die Rücknahme des Eintragungsantrags des Erblassers vor Eintritt der Bindungswirkung nach § 873 II (Ddorf NJW 56, 876 [OLG Düsseldorf 31.01.1955 - 3 W 17/55]) oder das Anerkenntnis einer Nachlassverbindlichkeit, da es sich um die Bestätigung/Begründung einer Verbindlichkeit handelt, die unter § 2038 fällt sowie der Antrag, ein Aufgebotsverfahren nach § 927 einzuleiten (Bambg NJW 66, 1413 [OLG Bamberg 14.02.1966 - 1 W 6/65]).
Rn 7
Die Verfügungen über einzelne Nachlassgegenstände können die Miterben nur gemeinschaftlich treffen, sofern es sich nicht nur um Verfügungen eines einzelnen Miterben handelt, die der Erhaltung des Nachlasses dienen, § 2038 I 2 Hs 2. Insoweit ergänzt § 2040 I die Bestimmung des § 2033 II; er findet aber auch auf den Erbteilserwerber Anwendung, der nur wie der veräußernde Miterbe verfügen kann (RGZ 112, 129).
E. Gemeinschaftlichkeit.
Rn 8
Gemeinschaftlichkeit (soweit nicht wegen der ohnehin durch Mehrheit zulässigen ordnungsgemäßen Verwaltung entbehrlich) bedeutet, dass jedes Verfügungsgeschäft vom rechtsgeschäftlich geäußerten Willen eines jeden Miterben als gesamthänderische Maßnahme getragen sein muss (MüKo/Gergen § 2040 Rz 14). Wegen § 2033 II ist eine Aufteilung der Verfügung über einen Nachlassgegenstand in eine rechtlich koordinierte Verfügung jedes Miterben über seinen Anteil am Gegenstand nicht möglich (BGH NJW 94, 1470 [BGH 04.02.1994 - V ZR 277/92]), es bedarf bei der Zuweisung des Eigentums an einem Grundstück an einzelne Miterben der Auflassung...