Prof. Dr. Martin Avenarius
Gesetzestext
(1) Die Anfechtung einer letztwilligen Verfügung, durch die ein Erbe eingesetzt, ein gesetzlicher Erbe von der Erbfolge ausgeschlossen, ein Testamentsvollstrecker ernannt oder eine Verfügung solcher Art aufgehoben wird, erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht.
(2) 1Das Nachlassgericht soll die Anfechtungserklärung demjenigen mitteilen, welchem die angefochtene Verfügung unmittelbar zustattenkommt. 2Es hat die Einsicht der Erklärung jedem zu gestatten, der ein rechtliches Interesse glaubhaft macht.
(3) Die Vorschrift des Absatzes 1 gilt auch für die Anfechtung einer letztwilligen Verfügung, durch die ein Recht für einen anderen nicht begründet wird, insbesondere für die Anfechtung einer Auflage.
A. Anfechtungsgegner.
Rn 1
Die Anfechtung letztwilliger Verfügungen iSd § 2081 I ist (schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle) ggü dem zuständigen Nachlassgericht (§ 343 FamFG) zu erklären (amtsempfangsbedürftige Willenserklärung, § 130 III). Das gilt auch, wenn sich die Nachlasssache bereits in der Beschwerdeinstanz befindet (BayObLG FamRZ 92, 226).
Rn 2
Die Anfechtungserklärung muss keinen bestimmten Wortlaut haben. Sie muss jedoch erkennen lassen, welche Verfügung angefochten wird (BayObLG FamRZ 92, 226), nicht hingegen, aus welchem Grund (BayObLG FamRZ 89, 1346, 1348; München ZEV 05, 482, 483; aA MüKo/Leipold § 2081 Rz 18; Staud/Otte § 2081 Rz 12: Zugrunde liegender Lebenssachverhalt in groben Zügen). Das Gericht teilt die Erklärung ggf den durch die angefochtene Verfügung unmittelbar Begünstigten mit, § 2081 II 1. Zur Anfechtung durch den Erblasser selbst iRv Erbverträgen und Ehegattentestamenten s § 2282.
Rn 3
Vermächtnisse und Teilungsanordnungen werden nicht von § 2081 erfasst und müssen deshalb gem § 143 IV 1 durch formlose, empfangsbedürftige Willenserklärung ggü demjenigen angefochten werden, der durch die angefochtene Verfügung unmittelbar einen rechtlichen Vorteil erlangt. Die Anfechtung eines Vermächtnisses hat folglich ggü dem Vermächtnisnehmer und die einer Teilungsanordnung ggü dem daraus Berechtigten zu erfolgen. Wird der Widerruf derartiger Verfügungen angefochten, so ist Adressat der Erklärung bei einem Vermächtnis der damit Beschwerte und bei einer Teilungsanordnung die Erbengemeinschaft. Für die Anfechtung einer Befreiung des Vorerben soll hingegen § 2081 I gelten (BayObLG FamRZ 90, 1159; aA Staud/Otte § 2081 Rz 2).
Rn 4
§ 2081 III erfasst Verfügungen, für die sich ein Anfechtungsgegner weder aus § 2080 I, noch aus § 143 ermitteln lässt, weil sie keine Rechte begründen, also etwa Pflichtteilsbeschränkungen und -entziehungen, §§ 2336, 2338.
B. Hinweise.
Rn 5
Es ist darauf zu achten, dass jede einzelne Verfügung getrennt angefochten werden muss und deshalb hinsichtlich jeder Verfügung gesondert der zutreffende Adressat zu ermitteln ist. In den genannten Zweifelsfällen bietet es sich an, zur Sicherheit sowohl ggü dem Nachlassgericht als auch ggü dem Begünstigten die Anfechtung zu erklären. Gleiches gilt, wenn nicht sicher ist, ob eine Verfügung des Erblassers als Erbeinsetzung oder Vermächtnis anzusehen ist.
Rn 6
Bei Anfechtung durch den Rechtsanwalt ist zu beachten, dass der Erklärung eine Originalvollmacht beizufügen ist. Andernfalls ist die Erklärung als einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung bei sofortiger Rüge des Fehlens der Vollmacht unwirksam (§ 174) und wahrt nicht die Anfechtungsfrist.