Rn 39
Der Erblasser kann die Nacherbschaft von der auflösenden Bedingung abhängig machen, dass der Vorerbe nicht anders testiert (BGHZ 59, 220, 222; dazu J. Mayer ZEV 96, 104 mit Formulierungsbeispielen; für den länger lebenden Ehegatten als Vorerben beim gemeinschaftlichen Testament BGHZ 2, 35, 36; Mü ZEV 16, 390). Der Vorerbe kann dadurch die Nacherbschaft insgesamt beseitigen (Oldbg NJW-RR 91, 646 [OLG Oldenburg 06.11.1990 - 5 U 50/90]). In diesen Fällen bleibt sie als solche aber bis zum Tode des Vorerben bestehen, weil sich erst dann zeigt, ob dieser anders testiert hat (Mü ZEV 16, 390, 391 [OLG München 27.01.2016 - 31 Wx 168/15]; Hamm MDR 14, 1270, 1271 [OLG Hamm 22.05.2014 - 15 W 102/13]). Ob all dies mit § 2065 II vereinbar ist (bei RGZ 159, 299 problemlos angenommen), ist aber fraglich geworden. Dagegen will Hamm (DNotZ 20, 351 [OLG München 26.02.2019 - 34 Wx 168/18]; Ls unrichtig) sogar die auflösende Bedingung zulassen, dass der Vorerbe unter Lebenden über den gesamten Nachlass verfügt; dies ausdrücklich auch im Hinblick auf § 2065 II.
Rn 40
Nach älterer Rspr kann der Vorerbe mittelbar auch über die Person des Nacherben entscheiden (BGHZ 59, 220; RGZ 159, 299), etwa in dem er einem von mehreren eingesetzten Nacherben die Nacherbschaft entzieht (BGHZ 59, 220) oder aus mehreren vom Erblasser vorgesehenen Personen einen Nacherben auswählt (BGH LM Nr 2 zu § 2065; RGZ 159, 299) oder die Nacherbschaft unter den als Nacherben eingesetzten Abkömmlingen anders verteilt (BGHZ 59, 220). Hiergegen bestehen besonders starke Bedenken aus § 2065 II. Im Fall der Auswahl verlangt neuere Rspr (Hamm MDR 07, 663, 664; s.a. Karczewski ZEV 18, 192 zur Einsetzung von Pflegepersonen) deshalb so genaue Hinweise in der Verfügung vTw, dass jede hinreichend sachkundige Person den Nacherben bestimmen kann, ohne dass deren Ermessen bestimmend oder auch nur mitbestimmend ist; teilweise wird die ›Umverteilung‹ innerhalb des vom Erblasser bestimmten Personenkreises rundweg abgelehnt und die letztwillige Verfügung dahin umgedeutet, es seien alle Nacherben unter der auflösenden Bedingung eingesetzt, dass der Vorerbe nicht anders testiert (München ZEV 16, 390 [OLG München 27.01.2016 - 31 Wx 168/15]; dann wie oben Rn 39).
Rn 41
Mittelbar kann der Vorerbe die Person des Nacherben auch beeinflussen, wenn der Erblasser diejenigen Personen zu Nacherben eingesetzt hat, die der Vorerbe zu seinen eigenen Erben beruft. Die Zulässigkeit dieser Klausel ist aber wegen § 2065 II ebenfalls äußerst umstr (dafür Stuttg BWNotZ 98, 47 und KG NJW-RR 22, 1592 = ZEV 22, 729 [KG Berlin 25.08.2022 - 1 W 262/22] m Anm Hölscher; dagegen Frankf DNotZ 01, 143 [OLG Frankfurt am Main 10.12.1999 - 20 W 224/97] m Anm Kanzleiter = ZEV 01, 316 m abl Anm Otte). Allenfalls hierfür kann das Argument greifen, dass der Vorerbe dabei primär über seinen eigenen Nachlass verfügt (unzulässig verallgemeinernd München ZEV 16, 390, 391 [OLG München 27.01.2016 - 31 Wx 168/15]).