Gesetzestext
(1) 1Der Vorerbe ist nach dem Eintritt der Nacherbfolge verpflichtet, dem Nacherben die Erbschaft in dem Zustand herauszugeben, der sich bei einer bis zur Herausgabe fortgesetzten ordnungsmäßigen Verwaltung ergibt. 2Auf die Herausgabe eines landwirtschaftlichen Grundstücks findet die Vorschrift des § 596a, auf die Herausgabe eines Landguts finden die Vorschriften der §§ 596a, 596b entsprechende Anwendung.
(2) Der Vorerbe hat auf Verlangen Rechenschaft abzulegen.
A. Allgemeines.
Rn 1
Die Vorschrift regelt die Rechtsfolgen aus dem Eintritt des Nacherbfalls. Sie berücksichtigt, dass der Nacherbe nicht etwa der Rechtsnachfolger des Vorerben ist, sondern ihn nur in der Herrschaft über den Nachlass ablöst.
B. Herausgabeanspruch.
I. Rechtsnatur.
Rn 2
Es handelt sich um einen schuldrechtlichen Anspruch, der erst mit dem Nacherbfall entsteht. Er ist auf Herausgabe bzw. Grundbuchberichtigung (§ 894) gerichtet, nicht auf Übereignung.
II. Anspruchsgegner.
Rn 3
Der Anspruch richtet sich gegen den Vorerben. Ist der Nacherbfall durch den Tod des Vorerben eingetreten, so richtet er sich gegen dessen persönliche Erben (RGZ 163, 51, 53). Er richtet sich nicht gegen Dritte. Ansprüche gegen Dritte können aber namentlich aus § 2018 bestehen.
III. Umfang.
Rn 4
Herauszugeben ist der Nachlass, so wie er beim Eintritt des Nacherbfalls aufgrund eingetretener Surrogation (§ 2111) und der tatsächlichen Verwaltungstätigkeit des Vorerben vorhanden ist. Herauszugeben wäre er allerdings darüber hinaus so, wie er aufgrund ordnungsgemäßer Verwaltungstätigkeit des Vorerben vorhanden sein müsste. Besteht hier eine Differenz zum Nachteil des Nacherben, so gibt ihm das Gesetz einen Ersatzanspruch (§ 2134).
IV. Erfüllung.
Rn 5
Der Vorerbe hat ein Zurückbehaltungsrecht wegen Ersatzansprüchen gegen den Nacherben. Dies gilt insb für Verwendungen nach § 2125 (s §§ 2124–2126 Rn 16), bei landwirtschaftlichen Grundstücken und Betrieben für die Feldbestellungskosten (§ 2130 I 2 iVm § 596a II).
C. Ordnungsgemäße Verwaltung durch den Vorerben.
I. Inhalt.
Rn 6
Diese Pflicht wird aus § 2130 I erschlossen, ebenso die Schadensersatzpflicht bei Verletzung. Letztere tritt erst mit dem Nacherbfall ein.
II. Objektiver Maßstab.
Rn 7
Objektiver Maßstab für die Beurteilung der Ordnungsmäßigkeit der Verwaltung des Vorerben ist die Erhaltung des Nachlasses in seiner Wertsubstanz. Dies bedeutet wegen § 2111 nicht die Erhaltung der konkreten Nachlassgegenstände. Andererseits soll der Nacherbe beim Nacherbfall nicht nur ›ein Bündel von Ersatzansprüchen‹ vorfinden. Eine Pflicht zur Mehrung des Nachlasses hat die Rspr beim Vorerben bislang nicht angenommen. Befindet sich ein Unternehmen im Nachlass, so schuldet der Vorerbe eine unternehmerische Leistung (Einzelh bei Staud/Avenarius § 2130 Rz 9f).
Rn 8
Vielfach wird unter Bezugnahme auf BGH WM 73, 361 formuliert, die Einhaltung der Verwaltungspflicht durch den Vorerben sei nicht im Hinblick auf einzelne Verwaltungshandlungen, sondern nur unter Berücksichtigung des gesamten Verwaltungsergebnisses zu prüfen (RGRK/Johannsen § 2130 Rz 2; Soergel/Harder/Wegmann § 2130 Rz 1). Dies bedeutet aber keineswegs, dass generell Nachteile aus einzelnen Verwaltungshandlungen mit Vorteilen aus anderen saldiert werden dürften, etwa auch dann, wenn sie ganz verschiedene Nachlassgegenstände betreffen. Dies hat auch der BGH aaO nicht angenommen. Er hat im Gegenteil ausgesprochen, dass es bei der Frage, ob ein ordnungsgemäßes Verwaltungshandeln vorliegt, in erster Linie auf die einzelnen Maßnahmen ankommt. Allerdings können diese verständig und zweckmäßig sein, auch wenn die Verwaltung des Nachlasses im Ganzen nicht ordnungsgemäß geführt wird; ebenso kann aber auch eine insgesamt betriebene Misswirtschaft einer Einzelmaßnahme, gegen die sonst nichts einzuwenden wäre, die Ordnungsmäßigkeit nehmen.
III. Subjektiver Maßstab.
Rn 9
Es gelten die §§ 2131, 277.
D. Rechenschaft.
Rn 10
Den Vorerben treffen beim Nacherbfall die Pflichten aus §§ 259, 260. In beiden Fällen ist er zur eidesstattlichen Versicherung verpflichtet. Von der Rechenschaftspflicht sind die Einnahmen ausgenommen, die dem Vorerben als Nutzungen zustehen, und ebenso die Ausgaben, die gew Erhaltungskosten iSd § 2124 I darstellen. Das Bestandsverzeichnis aus § 260 kann auf das Verzeichnis gem § 2121 und die Auskunft gem § 2127 Bezug nehmen, soweit diese erteilt sind, muss aber die inzwischen eingetretenen Änderungen angeben (MüKo/Lieder § 2130 Rz 14).
Rn 11
Auch diese Ansprüche richten sich, wenn der Nacherbfall mit dem Tod des Vorerben eingetreten ist, gegen dessen persönliche Erben. Wegen der daraus resultierenden erheblichen Schwierigkeiten gibt BGHZ 58, 237 dem Nacherben unter bestimmten Voraussetzungen auch einen Auskunftsanspruch gegen den Dritten, der einen Nachlassgegenstand unentgeltlich erworben hat (§ 2113 II).
E. Befreiung.
Rn 12
§ 2136 nennt auch § 2130 als eine der Vorschriften, von deren Einhaltung der Erblasser den Vorerben befreien kann. Ist das geschehen, so bedeutet das freilich nicht, dass der Vorerbe beim Nacherbfall überhaupt nichts herauszugeben hätte. Vielmehr besteht die Herausgabepflicht noch im Umfang des § 2138 I. Er muss also die noch vorhandenen Nachlassgegenstände herausgeben. Ebenso ist er nicht völlig von d...