Gesetzestext
Hat der Vorerbe ein zur Erbschaft gehörendes Grundstück oder eingetragenes Schiff vermietet oder verpachtet, so findet, wenn das Miet- oder Pachtverhältnis bei dem Eintritt der Nacherbfolge noch besteht, die Vorschrift des § 1056 entsprechende Anwendung.
A. Anwendungsbereich.
Rn 1
Die Vorschrift regelt das Schicksal von Miet- und Pachtverhältnissen über Grundstücke (insb auch Wohnraum) und eingetragene Schiffe (künftig nur noch: Mietverhältnisse über Grundstücke), die der Vorerbe als Vermieter begründet hat, im Nacherbfall. Sie verweist auf § 1056, der wieder auf zahlreiche Bestimmungen des Mietrechts weiterverweist. Die Vorschrift gilt nur für Mietverträge, die der Vorerbe abgeschlossen hat. An Mietverträge, die noch der Erblasser abgeschlossen hat, ist der Nacherbe ohnehin als dessen Rechtsnachfolger gebunden (§§ 1922, 1967).
Rn 2
Die Vorschrift gilt nicht für Leihverträge über Grundstücke, Wohn- und Geschäftsräume (unentgeltliche Überlassung des Gebrauchs, BGH ZEV 16, 267 = NJW 16, 2652 [BGH 27.01.2016 - XII ZR 33/15] Rz 31 und 46; krit dazu ua Küpper ZEV 17, 61). Sie gilt auch nicht für Mietverträge über bewegliche Sachen.
Rn 3
Es wurde vertreten, dass analog § 2135 der Nacherbe auch in Arbeitsverhältnisse eintritt, die der Vorerbe für einen zum Nachlass gehörenden Betrieb eingegangen ist (MüKo/Grunsky, 7. Aufl, § 2135 Rz 5); dies deshalb, weil es nicht dazu kommen soll, dass der Betrieb dem Nacherben ohne die zugehörigen Arbeitskräfte anfällt. Neuerdings wird dasselbe Ergebnis aus einer Analogie zu § 613a abgeleitet (MüKo/Lieder, 9. Aufl, § 2135 Rz 9); dies im Interesse arbeitsrechtlichen Bestandsschutzes. Rspr dazu gibt es noch nicht. In Arbeitsverhältnisse, die bereits der Erblasser begründet hat, muss der Nacherbe ohnehin nach § 1967 eintreten.
Rn 3a
Zu Verträgen außerhalb von § 2135, auch zu den von der Vorschrift nicht erfassten Gebrauchsüberlassungsverträgen, wird vertreten, dass sie den Nacherben binden, wenn sie sich iR ordnungsmäßiger Verwaltung gem § 2130 halten (Kuhn ZEV 16, 609, 610; aA Strobel ZEV 21, 201; wohl auch Staud/Avenarius Vorbem zu §§ 2144 ff BGB Rz 7), im Fall der Befreiung des Vorerben von § 2130 sogar schlechthin. Dies kann einen gewissen Anhalt in BGHZ 32, 60, 65 finden, wo diese Verträge in die Nähe von Verwaltungshandlungen des Vorerben gerückt werden, ist aber in dieser Klarheit vom BGH noch nicht entschieden. Die Gleichbehandlung künftiger Verpflichtungen mit der Haftung für bereits begründete Verbindlichkeiten ist nicht zwingend.
B. Rechtsfolgen.
Rn 4
Mit dem Nacherbfall tritt der Nacherbe anstelle des Vorerben in das Mietverhältnis ein. Dies bedeutet indessen keine Rechtsnachfolge (BGH NJW 62, 1388 [BGH 30.05.1962 - VIII ZR 173/61]), sondern die Entstehung eines neuen Mietverhältnisses mit gleichem Inhalt (stRspr, zuletzt etwa BGH NJW 12, 3032 [BGH 25.07.2012 - XII ZR 22/11] Rz 25). Der Vorerbe bleibt dem Mieter aber als selbstschuldnerischer Bürge haftbar (§ 566 II 1), solange der Mieter nicht durch eine Mitteilung des Vorerben vom Nacherbfall Kenntnis erlangt hat (§ 566 II 2). Hat der Mieter von Wohnraum dem Vorerben eine Sicherheit geleistet, so tritt der Nacherbe auch in die Sicherungsabrede ein; indessen bleibt der Vorerbe zur Rückgewähr der Sicherheit verpflichtet, wenn der Mieter sie beim Ende des Mietverhältnisses nicht vom Nacherben erlangen kann (§ 566a).
Rn 5
Der Nacherbe kann grds das Mietverhältnis mit gesetzlicher Frist kündigen (§ 1056 II 1). Er braucht dabei jedoch nicht auf den ersten zulässigen Termin zu kündigen, sondern kann dies während der gesamten Laufzeit des Mietvertrages tun (s § 1056 Rn 10). Der Mieter kann den Nacherben unter Bestimmung einer angemessenen Frist zur Erklärung darüber auffordern, ob er von seinem Kündigungsrecht Gebrauch macht (§ 1056 III 1); dann kann der Nacherbe die Kündigung nur innerhalb dieser Frist erklären (§ 1056 III 2). Der Nacherbe kann nicht kündigen, wenn er unabhängig von §§ 2135, 1056 persönlich an den Mietvertrag gebunden ist (etwa durch Schuldbeitritt) oder dem Vorerben ggü dem Vertragsabschluss zugestimmt hat (wozu er nach § 2120 verpflichtet sein konnte) oder wenn der Abschluss eines unkündbaren Mietvertrages über den Zeitpunkt des Nacherbfalls hinaus einer ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses entsprochen hat (BGH ZEV 15, 701 [BGH 01.07.2015 - VIII ZR 278/13]). Auf einen mit dem Vorerben vereinbarten Ausschluss der ordentlichen Kündigung kann sich der Mieter nicht berufen, wohl aber auf den gesetzlichen Kündigungsschutz (§§ 573d I, 573 I 1); der Nacherbe muss also ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses haben (BGH aaO).