Prof. Dr. Gottfried Schiemann
Gesetzestext
(1) Der Erblasser kann mehrere mit einem Vermächtnis in der Weise bedenken, dass der Beschwerte oder ein Dritter zu bestimmen hat, wer von den mehreren das Vermächtnis erhalten soll.
(2) Die Bestimmung des Beschwerten erfolgt durch Erklärung gegenüber demjenigen, welcher das Vermächtnis erhalten soll; die Bestimmung des Dritten erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Beschwerten.
(3) 1Kann der Beschwerte oder der Dritte die Bestimmung nicht treffen, so sind die Bedachten Gesamtgläubiger. 2Das Gleiche gilt, wenn das Nachlassgericht dem Beschwerten oder dem Dritten auf Antrag eines der Beteiligten eine Frist zur Abgabe der Erklärung bestimmt hat und die Frist verstrichen ist, sofern nicht vorher die Erklärung erfolgt. 3Der Bedachte, der das Vermächtnis erhält, ist im Zweifel nicht zur Teilung verpflichtet.
Rn 1
Im Gegensatz zu § 2065 II für die Erbeinsetzung lässt § 2151 für das Vermächtnis in weitem Umfang die Bestimmung des Begünstigten durch einen Dritten zu. Dies ist von grundlegender Bedeutung va für das ›vorzeitige‹ (richtiger: frühzeitige) Unternehmertestament. Wenn ein Unternehmer (noch) keine erwachsenen Kinder hat, die als Nachfolger in Frage kommen, zur Sicherung der Nachfolge eine testamentarische Regelung aber unerlässlich ist, muss ein Weg gefunden werden, aus einem relativ weit gezogenen Kreis den oder die Nachfolger von einer Vertrauensperson auswählen zu lassen. Dies kann durch die Bedenkung mit einem Vermächtnis für den- oder diejenigen geschehen, die erst vom Beschwerten oder einem Dritten bestimmt werden (gegen eine Überschätzung der Tauglichkeit einer Drittbestimmung mit guten Gründen aber NK/Horn Rz 21). Hinsichtlich Umfang und Art des Vermächtnisses enthält § 2151 keine Beschränkung. Daher kann es das Vermögen des Erblassers weitgehend oder – als Universalvermächtnis – sogar ganz umfassen (hM Staud/Otte Rz 2 mN). Der unklare Gesichtspunkt einer angeblichen Umgehung des § 2065 II (insb Sudhoff DB 66, 1720) steht nicht entgegen, da § 2065 II (auch) die Sicherheit der dinglichen Zuordnung des Nachlasses gewährleisten will, die bei § 2151 überhaupt nicht fraglich ist.
Rn 2
Der nach § 2151 Bestimmungsberechtigte ist in seiner Entscheidung über die Person des Vermächtnisnehmers nicht völlig frei. Der Erblasser muss vorgeben, ›wer von mehreren‹ das Vermächtnis erhalten soll. Zusätzliche Beschränkungen enthält das Gesetz allerdings nicht. Zu den Begünstigten können daher sowohl der Erbe (vgl § 2150), als auch der Auswahlberechtigte selbst (zB ein Testamentsvollstrecker) gehören. Ist der Kreis der zur Auswahl tauglichen Personen auch mit Hilfe der Auslegungsregeln nicht genau zu bestimmen, hat der Erblasser aber einen Zweck der Zuwendung angegeben, bleibt die Umdeutung in eine Auflage möglich (ebenso im Ergebnis, wohl sogar ohne Umdeutung, RGZ 96, 15, 19 f; Staud/Otte Rz 3). Bis zur Ausübung oder zum definitiven Ausbleiben der Auswahlentscheidung sind alle, die die Kriterien des Erblassers erfüllen, gem der Auffangregel des III rückwirkend (aber nicht bedingt, NK/Horn Rz 7d mN) berechtigt.
Rn 3
Die Auswahlentscheidung erfolgt nach II durch formlose empfangsbedürftige Willenserklärung, bei Ausübung durch den Beschwerten ggü dem Ausgewählten, bei Ausübung durch Dritte ggü dem Beschwerten. Schlägt der Ausgewählte aus, hat der Bestimmungsberechtigte eine neue Entscheidung zu treffen. Auf die Erklärung sind §§ 119 ff, 138 anwendbar, § 119 II wegen Irrtums über eine Eigenschaft des Ausgewählten aber nach seinem Sinne nicht (unzulässige Korrektur der Auswahl ›bei Nichtbewährung‹, Staud/Otte § 2065 Rz 38). Die Auswahl kann nicht durch die Billigkeitsentscheidung des Gerichts ersetzt werden (Umkehrschluss aus § 2156 2). Gerichtlich überprüfbar sind aber die persönlichen Voraussetzungen des Bestimmungsberechtigten und die Einhaltung der Auswahlkriterien, die der Erblasser angegeben hat. Denkbar ist freilich auch, dass der Erblasser trotz der Angabe solcher Richtlinien überhaupt keine gerichtliche Überprüfung will. Der historische Gesetzgeber betrachtete dies sogar – unter noch teilweise anderen rechtskulturellen Voraussetzungen – als Regel (Prot V, 28).
Rn 4
Nach III erlischt das Bestimmungsrecht, wenn der Berechtigte die Bestimmung nicht mehr treffen kann (1) oder eine ihm vom Nachlassgericht gesetzte Frist (auch bei str Testamentsinhalt) ungenutzt verstrichen ist (2). Dann sind alle, die dem vom Erblasser bezeichneten Personenkreis angehören, Gesamtgläubiger, jedoch nach 3 mit dem Recht des ersten Zugriffs für denjenigen, der das Vermächtnis tatsächlich erhält: Er kann es behalten.