Prof. Dr. Gottfried Schiemann
Gesetzestext
(1) Der Testamentsvollstrecker hat, wenn mehrere Erben vorhanden sind, die Auseinandersetzung unter ihnen nach Maßgabe der §§ 2042 bis 2057a zu bewirken.
(2) Der Testamentsvollstrecker hat die Erben über den Auseinandersetzungsplan vor der Ausführung zu hören.
Rn 1
Die Vorschrift ordnet als gesetzliche Aufgabe des Testamentsvollstreckers die Auseinandersetzung unter Miterben an, die sonst in Ermangelung einer Teilungsanordnung des Erblassers nach § 2048 durch Vereinbarung unter den Miterben oder Leistungsklage (hM) auf Zustimmung zu einem Auseinandersetzungsplan herbeigeführt werden muss. Allerdings kann der Erblasser nach § 2048 2 einen Dritten zur Auseinandersetzung nach billigem Ermessen ermächtigen, ohne ihn zum Testamentsvollstrecker zu bestimmen. Der Erblasser kann dem Testamentsvollstrecker die Befugnisse aus § 2204 nach §§ 2208 I 1, 2209 I 1 vorenthalten.
Rn 2
Wie sich aus II ergibt, ist der Testamentsvollstrecker gehalten, einen Auseinandersetzungsplan aufzustellen. Dazu soll er die Erben anhören. Dieser Obliegenheit nachzukommen, empfiehlt sich für den Vollstrecker schon deshalb, um einer Ersatzpflicht nach § 2219 vorzubeugen. Ohne Anhörung ist der Plan allerdings dennoch wirksam. Deshalb hindert ein Widerspruch der Erben nicht die Ausführung des Plans. Die Erben müssen vielmehr zu dessen Beseitigung klagen (auf Feststellung seiner Unwirksamkeit oder auf Zustimmung zu einem alternativen Plan, vgl Karlsr NJW-RR 94, 905 [OLG Karlsruhe 12.01.1994 - 1 U 92/93]). Der Plan hat nur schuldrechtliche Wirkung. Zu seiner Wirksamkeit hat der Testamentsvollstrecker ihn durch formfreies, einseitiges Rechtsgeschäft ggü den Erben festzustellen. Zur Entgegennahme ist für unbekannte Erben nach § 1882, in Fällen familienrechtlicher Kollisionen (§ 181) nach § 1809 ein Pfleger zu bestellen.
Rn 3
Der Inhalt des Plans muss zunächst die Vorgaben des Erblassers, insb dessen Teilungsanordnung nach § 2048 1 oder (partielle) Teilungsverbote nach § 2044 I 1 beachten. Sodann richtet sich die Auseinandersetzung nach den gesetzlichen Bestimmungen, wobei für eine etwaige Ausgleichung unter Abkömmlingen §§ 2050–2057a, darunter ein Auskunftsanspruchs des Testamentsvollstreckers selbst nach § 2057 (Staud/Dutta Rz 44 mwN auch zur Gegenansicht). Vor einer Verteilung hat der Testamentsvollstrecker nach § 2046 die Nachlassverbindlichkeiten (außer der Vergütung nach § 2221) zu erfüllen. Sodann ist der übrige Nachlass nach §§ 749–758 zu teilen. Nach § 2205 2 kann der Vollstrecker hierfür Nachlassgegenstände veräußern, auch Grundstücke ohne Teilungsversteigerung nach § 753. Ferner kann er einzelne Gegenstände einzelnen Erben gegen vollwertige Ausgleichszahlung zuweisen (Grüneberg/Weidlich Rz 3).
Rn 4
Anstelle des Auseinandersetzungsplans kann ein Auseinandersetzungsvertrag zwischen dem Testamentsvollstrecker und allen Erben (einschließlich etwaiger Nacherben) treten. Darin können die Vertragsparteien vom Willen des Erblassers und von den gesetzlichen Verteilungsvorschriften abweichen (BGHZ 40, 115, 118; 56, 275, 278 ff). Zu beachten sind für einen solchen Vertrag im Gegensatz zum einseitigen Plan des Testamentsvollstreckers Form- und Verfahrensvorschriften wie §§ 311b I oder 1629 II, 181 mit dem Erfordernis der Ergänzungspflegschaft (HP/Lange Rz 19). Möglich ist auch eine Vereinbarung der Erben mit der Wirkung eines Teilungsverbotes (§ 2044). Da der Erblasser mit der Einsetzung eines Testamentsvollstreckers ua Vorsorge für Streitigkeiten zwischen den Erben treffen will und solche Streitigkeiten bei der aufgeschobenen genauso wie bei der sofortigen Auseinandersetzung möglich sind, sollte die Testamentsvollstreckung bei einer solchen Vereinbarung für den Fall der späteren Auseinandersetzung fortbestehen (aA NK/Kroiß Rz 24 mwN).
Rn 5
Zum Vollzug des Auseinandersetzungsplans oder der entspr Vereinbarung ist der Testamentsvollstrecker nach § 2205 2 aE befugt, einzelne Gegenstände einzelnen Erben unter deren Mitwirkung, auch sich selbst als Miterben (BGH NJW 59, 1429), in der gesetzlich vorgesehenen Form (zB §§ 873, 925 bei Grundstücken) zu übertragen. Dann geht der Gegenstand aus der Gesamthand der Erbengemeinschaft in Einzelinhaberschaft über. Ausgleichszahlungen sind in den Nachlass zu erbringen. Übersteigt der Wert des übertragenen Gegenstandes den Erbteil des Empfängers und wird keine Ausgleichszahlung vereinbart, ist die Übertragung nach § 2205 3 als unentgeltliche Verfügung unwirksam (BGH NJW 63, 1613 [BGH 15.05.1963 - V ZR 141/61]).