Prof. Dr. Gottfried Schiemann
Rn 4
Unentgeltliche Verfügungen des Testamentsvollstreckers sind ohne Befreiungsmöglichkeit durch den Erblasser (arg § 2207 2) nach 3 idR unwirksam (zur Schenkungsvollmacht vgl Vor § 2197 Rn 3). Dies gilt auch für gemischte (teils entgeltliche, teils unentgeltliche) Verfügungen, und zwar insgesamt. Rechtsgrundlose Verfügungen sind nicht unentgeltlich. Wie zu §§ 816 I 2, 988 anerkannt, hat der Empfängerschutz richtigerweise Vorrang. Der Gegenstand der Verfügung wird dann durch den Bereicherungsanspruch surrogiert. Ob überhaupt Unentgeltlichkeit vorliegt, ist zunächst objektiv nach den Wertverhältnissen zu entscheiden, ohne dass es auf die Erkennbarkeit für den Geschäftspartner ankommt. Sodann ist zu prüfen, ob der Testamentsvollstrecker die (uU teilweise) Unentgeltlichkeit kannte oder hätte erkennen müssen (BGH NJW 63, 1613 [BGH 15.05.1963 - V ZR 141/61]; 91, 842 [BGH 24.10.1990 - IV ZR 296/89]). Verkauft der Testamentsvollstrecker zB zu einem für den Erwerber sehr günstigen Preis, um schnell zu einer Auseinandersetzung zu gelangen, liegt darin eine Ermessensentscheidung, die das Geschäft aus der maßgeblichen Sicht des Testamentsvollstreckers noch als (voll) entgeltlich erscheinen lässt. Str ist, ob es als unentgeltliche Verfügung zu beurteilen ist, wenn der Testamentsvollstrecker eine Vorleistung ohne ausreichende Sicherheit auf einen entgeltlichen Schuldvertrag erbringt. Die Annahme der Unentgeltlichkeit (insb Hamm Rpfleger 71, 147 zu § 2113 II) verwischt aber unzulässig den Charakter eines Schuldvertrages mit der Frage einer Pflichtverletzung nach § 2219. Gerade im Hinblick auf eine etwaige Ersatzpflicht sollte der Testamentsvollstrecker freilich Rechtsgeschäfte mit ungesicherten Vorleistungen aus dem Nachlass vermeiden. Zulässig ist die Belastung einer Nachlassimmobilie zur Kaufpreisfinanzierung für einen Erwerber (Grüneberg/Weidlich Rz 28).
Rn 5
Ausgenommen von der Unwirksamkeitsfolge sind Pflicht- und Anstandsschenkungen. Hierfür gelten dieselben Kriterien wie bei § 534. Typische Pflichtschenkungen sind Unterstützungsleistungen an nicht unterhaltsberechtigte nahe Angehörige (BGH NJW 00, 3488), Anstandsschenkungen die üblichen Gelegenheitsgeschenke (zB Weihnachtsgeschenk an die langjährige Putzhilfe des Erblassers).
Rn 6
Besondere praktische Probleme bereitet der Nachweis der Entgeltlichkeit ggü dem Grundbuchamt. Der grundbuchrechtlich vorgesehene Weg über Erklärungen nach § 29 GBO ist dafür nicht geeignet. Deshalb muss es idR genügen, wenn der Testamentsvollstrecker formlos den rechtsgeschäftlichen Zusammenhang und die Motive der Verfügung darlegt (BGHZ 57, 84, 95). Erst wenn das Grundbuchamt Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Angaben hat, ist der Vollzug abzulehnen oder (bei gleichzeitiger Zwischenverfügung) auszusetzen. Dieselben Grundsätze gelten auch für In-sich-Geschäfte des Testamentsvollstreckers (dazu Walloschek ZEV 11, 167), während für Einwilligungen, zB der Erben, die Form des § 29 GBO einzuhalten ist.
Rn 7
Sinn der Unwirksamkeitsfolge ist es, den Nachlass für die Erben möglichst ungeschmälert zu erhalten. Deshalb können diese durch Zustimmung zur Verfügung deren Wirksamkeit herbeiführen (BGHZ 57, 84, 92). Die Rspr verlangt obendrein die Zustimmung der Vermächtnisnehmer (aaO 94), was aber wegen deren generell fehlender Verfügungsbefugnis zu weit geht (NK/Kroiß Rz 21 mwN). Nicht möglich ist die Zustimmung durch Minderjährige selbst nach § 107, durch die gesetzlichen Vertreter nach §§ 1641, 1804.