Prof. Dr. Gottfried Schiemann
Gesetzestext
(1) Über einen der Verwaltung des Testamentsvollstreckers unterliegenden Nachlassgegenstand kann der Erbe nicht verfügen.
(2) Die Vorschriften zu Gunsten derjenigen, welche Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten, finden entsprechende Anwendung.
Rn 1
§ 2211 ist die zentrale Vorschrift für die Konstituierung des Nachlasses unter Testamentsvollstreckung als Sondervermögen. Als Kehrseite der Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers nach § 2205 2 schließt die Vorschrift die Verfügungsbefugnis des Erben aus. Ergänzt wird die Vorschrift durch § 2214, wonach auch die Gläubiger der Erben keinen Zugriff auf den Nachlass haben. Die Verfügungsbeschränkung des Erben reicht aber nur soweit wie die Testamentsvollstreckung: Bezieht sich diese gem § 2208 auf Teile oder einzelne Gegenstände des Nachlasses nicht, ist hierüber der Erbe verfügungsbefugt. Andererseits beginnt die Absonderung des Nachlasses und somit die Beschränkung der Erben sogleich mit dem Erbfall, also schon vor Annahme des Amtes durch den Testamentsvollstrecker nach § 2202 (BGHZ 48, 214, 220). Von der Verfügungsbeschränkung nicht erfasst wird der Erbteil selbst, über den der Erbe auch bei Bestehen der Testamentsvollstreckung (die dann ggü dem Erwerber sogar bei dessen gutem Glauben fortdauert) nach § 2033 verfügen kann. Soweit der Erbe nicht verfügungsberechtigt ist, hat auch der Insolvenzverwalter über das Vermögen des Erben keinen Zugriff auf die Nachlassgegenstände (Staud/Dutta Rz 2).
Rn 2
Verfügungen des Erben entgegen § 2211 sind schwebend unwirksam (RGZ 87, 432, 433f), können aber vom Testamentsvollstrecker oder nach Ende der Testamentsvollstreckung (auch durch Überlassung des Gegenstandes nach § 2217 I) vom Erben selbst gem § 185 II 1 genehmigt werden. An Verpflichtungsgeschäften ist der Erbe hingegen nicht gehindert; er kann sie jedoch nicht aus dem Nachlass erfüllen, und die Gläubiger aus solchen Geschäften können nicht mit Forderungen gegen den Nachlass aufrechnen (BGHZ 25, 275, 286f).
Rn 3
Nach II können Erwerber vom Erben kraft guten Glaubens entgegen der Verfügungsbeschränkung des I Eigentümer der Sache oder Inhaber des Rechts werden nach §§ 892 f, 932 ff, 1032, 1207, 1244, 2364 ff, zB wenn im Grundbuch (§ 52 GBO) oder im Erbschein kein Testamentsvollstreckervermerk eingetragen worden ist oder der Erwerber die Zugehörigkeit zum Nachlass nicht kennt, aber nicht nach § 16 III GmbHG (BGH NJW 15, 1303 [BGH 24.02.2015 - II ZB 17/14]). Ein redlicher Erwerb von Forderungen ist – wie auch sonst – ausgeschlossen. Entspr anwendbar ist aber § 407 auf Leistungen an den Erben statt an den Testamentsvollstrecker. Bei Verfügungen des Testamentsvollstreckers ohne Verfügungsbefugnis über den Gegenstand (vgl Rz 1) gilt II nicht. Möglich bleibt ein redlicher Erwerb, wenn der Erwerber den Testamentsvollstrecker für den Eigentümer oder Inhaber hält.