Prof. Dr. Gottfried Schiemann
Gesetzestext
Der Testamentsvollstrecker kann für die Führung seines Amts eine angemessene Vergütung verlangen, sofern nicht der Erblasser ein anderes bestimmt hat.
Rn 1
Das Gesetz geht davon aus, dass der Testamentsvollstrecker regelmäßig eine Vergütung für seine Tätigkeit verlangen kann, bietet aber außer dem sehr vagen Hinweis auf die Angemessenheit keine konkreten Grundlagen für die Höhe. Kautelarjuristisch vordringlich ist daher, den Erblasser, der eine Testamentsvollstreckung anordnen möchte, zu einer Vergütungsregelung zu veranlassen. Der Erblasser kann die Vergütung auch ausdrücklich ausschließen, was aber angesichts der Bedeutung der Tätigkeit kaum zumutbar ist und für die Einsetzung ›professioneller‹ Testamentsvollstrecker (zB Rechtsanwälte, Banken) von vornherein nicht in Frage kommt. Möglich ist allerdings, dass der Erblasser den Testamentsvollstrecker selbst (wenig empfehlenswert) oder einen Dritten testamentarisch damit betraut, die Vergütung festzulegen. Dann gelten §§ 315 ff. Eine ungewöhnlich hohe Vergütung wird steuerrechtlich als Vermächtnis gewertet und unterliegt daher der ErbSt (NK/Kroiß Rz 41 mwN). Sie ist daher zu vermeiden.
Rn 2
Fehlt eine Anordnung durch den Erblasser, ist die angemessene Höhe zu schätzen (neueste Darstellung: Mayer in: Mayer/Bonefeld, Testamentsvollstreckung, 3. Aufl 11, 265–309). Orientieren kann man sich an Tabellen. Besonders verbreitet sind diejenigen von Möhring und Klingelhöffer (Möhring/Beisswingert/Klingelhöffer Vermögensverwaltung in Vormundschafts- und Nachlasssachen, 8. Aufl 99, 224 ff; Klingelhöffer Vermögensverwaltung in Nachlasssachen 03, § 2221 Rz 323) sowie die auf der 90 Jahre alten ›Rheinischen Tabelle‹ aufbauenden des Deutschen Notarvereins (ZEV 00, 181), gebilligt von Schleswig FamRZ 10, 762. Die Tabellen orientieren sich für die Abwicklungsvollstreckung am Nachlasswert (gebilligt von BGH ZEV 05, 22). Denkbar ist eine Zeitvergütung (dafür Zimmermann ZEV 01, 334, 338; genauer Kraft ZEV 19, 678, 681 ff). Die Sätze schwanken bei durchweg degressiver Festlegung für höhere Nachlasswerte zwischen 10 % und 1 % des Nachlasses; in der Tabelle des Notarvereins beginnen sie bei 4 % und erreichen bei 5 Millionen Euro 1,5 %. Zu diesen Sätzen wird die MwSt teilweise hinzugerechnet, während die Rspr (BGHZ 46, 268, 276) einen zusätzlichen Ausweis der USt nicht anerkennt.
Rn 3
Die Tabellen können jedoch nur einen Anhalt bieten. Bei ungewöhnlich schwierigen Abwicklungen sind Zuschläge, bei sehr einfachen Abschlägen angebracht (Überblick bei NK/Kroiß Rz 16–19). Teilweise sind solche Abweichungen schon im Tabellenwerk aufgeführt (DNotV-Richtlinien ZEV 00, 181 ff).
Rn 4
Entsprechendes gilt für die Dauervollstreckung, für die allerdings auch eine Orientierung am Jahresertrag, insb bei ›kaufmännisch-dynamischen‹ Aufgaben und Mitwirkung an unternehmerischer Tätigkeit (vgl § 2216 Rn 2) sinnvoll sein kann. Die DNotV-Richtlinien enthalten einen Satz von bis 1/2 % des Nachlassbruttowertes im Jahr oder 2 bis 4 % des Jahresertrages.
Rn 5
Der Vergütungsanspruch besteht neben dem Aufwendungsersatz nach §§ 2218, 670. Die Vergütung wird regelmäßig in einer Summe nach Beendigung der Testamentsvollstreckung und Erfüllung der Rechnungslegungspflicht fällig, bei Dauervollstreckung jeweils nach Ende eines Jahres. Der Anspruch verjährt nunmehr (seit 1.1.10) nach § 195. Zuständig ist das Prozessgericht, nicht das Nachlassgericht (BGH WM 72, 101). Erforderlich ist nach § 253 II Nr 2 ZPO ein bezifferter Klageantrag (RG JW 37, 3184; für einen Leistungsantrag mit bloßer Größenangabe Erman/Schmidt Rz 5).