Prof. Dr. Martin Avenarius
Rn 24
Form und Inhalt einer nicht mehr vorhandenen Testamentsurkunde können mit allen zulässigen Mitteln bewiesen werden (Frankf ErbR 19, 505 [OLG Frankfurt am Main 27.12.2018 - 20 W 250/17]), insb durch Kopie (Rn 4), wobei strenge Anforderungen gelten (Karlsr ErbR 23, 614 [KG Berlin 13.04.2022 - 19 W 50/21]). Zu den Beweisanforderungen im Fall mutmaßlich nachträglich abgeschnittener Unterschriften vgl Hamm BeckRS 21, 58071. Mangels besonderer Umstände ist bei einer den äußeren Anforderungen des § 2247 entspr Testamentsurkunde regelmäßig vom Vorliegen eines ernsthaften Testierwillens auszugehen (Hamm BeckRS 22, 27943). Ist unsicher, ob den Erklärungen Testierwille zugrunde lag, ist die favor-testamenti-Regel des § 2084 nicht anwendbar (Saarbr FGPrax 22, 87 [OLG Saarbrücken 23.11.2021 - 5 W 62/21]). Gibt daher etwa die ungewöhnliche Form, in der die Erklärung verkörpert ist (vgl Rn 1 u 20), Anlass zu Zweifeln, dann richten sich an den Nachweis des Testierwillens strenge Anforderungen (KG FamRZ 04, 737; BayObLG FamRZ 01, 945). Lassen sich die Zweifel nicht beseitigen, dann trägt derjenige die Feststellungslast, der Rechte aus dem Schriftstück herleitet (KG OLGZ 91, 148).
Rn 25
Die Feststellungslast für den erbrechtlichen Charakter einer Erklärung trägt derjenige, der aus ihr ein Erbrecht für sich herleitet (Hamm OLGZ 66, 498). Entspr gilt hinsichtlich der Feststellungslast für Echtheit und Eigenhändigkeit der Urkunde (BayObLG FamRZ 85, 837; Köln NJW-RR 04, 1015 [OLG Köln 12.11.2003 - 2 Wx 25/03]). Die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der mangelnden Lesefähigkeit des Erblassers trägt, wer sich auf die Nichtigkeit gem IV beruft (BGH ZEV 22, 19).
Rn 26
Die Echtheit der Unterschrift ist ein Indiz für die Eigenhändigkeit der letztwilligen Erklärung, jedoch kein Beweis. Da die Erklärung nicht nur abgegeben worden sein, sondern gleichzeitig eine bestimmte Form gewahrt haben muss, sind die §§ 416 und 440 II ZPO nicht anwendbar (Hamm OLGZ 93, 141).
Rn 27
Im Erbscheinverfahren prüft das Nachlassgericht die Gültigkeit des Testaments vAw (§ 2358; § 26 FamFG). Es prüft etwaige Auffälligkeiten idR selbstständig. Die Einholung eines Gutachtens zur Echtheit eines eigenhändigen Testaments vAw ist nur in Zweifelsfällen geboten (BayObLG FamRZ 98, 644). Zweifeln des Gutachters geht das Gericht gem § 26 FamFG nach (vgl BayObLG Rpfleger 88, 67). Zur Beweiswürdigung bei einander widersprechenden Schriftgutachten vgl BayObLG FamRZ 05, 1014 u 1015.