Gesetzestext
Der Erblasser kann von einer vertragsmäßigen Verfügung zurücktreten, wenn sich der Bedachte einer Verfehlung schuldig macht, die den Erblasser zur Entziehung des Pflichtteils berechtigt oder, falls der Bedachte nicht zu den Pflichtteilsberechtigten gehört, zu der Entziehung berechtigen würde, wenn der Bedachte ein Abkömmling des Erblassers wäre.
A. Zweck.
Rn 1
Ist dem Erblasser eine Bindung an den Erbvertrag nicht mehr zumutbar und eine Belohnung des Bedachten unverdient, ermöglich ihm das G einen Rücktritt von einzelnen vertragsmäßigen Verfügungen zu Lebzeiten des anderen Vertragschließenden; nach dessen Tod gilt § 2297 mit Verweis in 2 auf § 2336 II–IV.
B. Verfehlung des Bedachten.
Rn 2
Es muss eine Verfehlung iSd Pflichtteilsrechts des Bedachten sein, also als Abkömmling des Erblassers oder ein ihm nach § 2294 Gleichgestellter eine Verfehlung nach § 2333, als Elternteil nach § 2334 oder als Ehegatte nach § 2335. Verfehlungen des bloß Annehmenden reichen nicht. Sie müssen nach Abschluss des Erbvertrags begangen worden sein; wegen früherer kommt Anfechtung nach § 2281 iVm § 2078 in Betracht. Ein demnach unbegründeter Rücktritt kann in eine Anfechtung umzudeuten (§ 140) sein (Grünewald/Weidlich Rz 1). Das Rücktrittsrecht entfällt, wenn vor Rücktrittserklärung Besserung eingetreten ist (§ 2336 IV) oder der Erblasser verziehen (§ 2337 1) hat (MüKo/Musielak Rz 3). Es besteht nur ggü demjenigen, der die Verfehlung begangen hat.
C. Ausübung.
Rn 3
Nur der Erblasser persönlich (vgl § 2296), nicht seine Erben oder der Vertragspartner können zurücktreten. Das gesetzliche Rücktrittsrecht erlischt nicht mit dem Tod des Vertragspartners.
D. Form.
Rn 4
§§ 2296, 2297 müssen beachtet werden. Die Angabe des Rücktrittsgrundes ist mangels Verweises auf § 2336 II unnötig.
E. Wirkung.
Rn 5
Die erfasste vertragsmäßige Verfügung wird unwirksam. Der Rücktritt ist grds unwiderruflich.
F. Prozessuales.
Rn 6
Die Wirksamkeit des Rücktritts kann mit Feststellungsklage geltend gemacht werden (str, BGH FamRZ 85, 919; zur Widerklage Ddorf FamRZ 95, 58; einschr München FamRZ 96, 253). Die Darlegungs- und Beweislast für die Gründe der Pflichtteilsentziehung, zB ein Verbrechen oder schweres vorsätzliches Vergehen iSv § 2333 Nr 3, trägt der widerrufende Erblasser (Köln 3.7.17 – 2 Wx 147/17), die Feststellungslast für Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründe trägt zu Lebzeiten der Bedachte (BGH NJW 52, 700; 81, 745 [BGH 18.11.1980 - VI ZR 151/78]; FamRZ 85, 919).