Gesetzestext
(1) Jeder der Vertragschließenden kann in dem Erbvertrag einseitig jede Verfügung treffen, die durch Testament getroffen werden kann.
(2) 1Für eine Verfügung dieser Art gilt das Gleiche, wie wenn sie durch Testament getroffen worden wäre. 2Die Verfügung kann auch in einem Vertrag aufgehoben werden, durch den eine vertragsmäßige Verfügung aufgehoben wird.
(3) Wird der Erbvertrag durch Ausübung des Rücktrittsrechts oder durch Vertrag aufgehoben, so tritt die Verfügung außer Kraft, sofern nicht ein anderer Wille des Erblassers anzunehmen ist.
A. Regelungsgehalt.
Rn 1
§ 2299 gilt nur für einseitige Verfügungen. I stellt klar, dass jeder Vertragschließende in einem wirksamen Erbvertrag auch einseitige testamentarische Verfügungen treffen kann. Der Erbvertrag dient umfassender erbrechtlicher Planung. Also sollen ergänzend zu §§ 2278, 1941 auch einseitige Verfügungen möglich sein. Für sie gilt Testamentsrecht (II 1). An der Bindungswirkung (Vor § 2274 Rn 1) haben sie nicht teil. Einseitige Verfügungen sind zB die Enterbung (§ 1938), Pflichtteilsentziehung (§ 2336) oder -beschränkung in guter Absicht (§ 2338), Widerruf und Aufhebung letztwilliger Verfügungen nach §§ 2254, 2258, Testaments- (§ 2197 ff) oder Teilungsanordnung (§ 2048). Die Abgrenzung der Verfügungen, die auch vertragsmäßig getroffen werden können (vgl § 2278 II), zu einseitigen Verfügungen erfolgt im Zweifel durch Auslegung (§ 2278 Rn 1).
B. Aufhebungsvertrag.
Rn 2
Aufhebung (II 2) der einseitigen Verfügung ist auch durch Rücknahme aus der amtlichen oder notariellen Verwahrung (§ 2300 II 3) und durch Aufhebungsvertrag, der auch mindestens eine erbvertragsmäßige Verfügung aufheben muss, nach § 2290 möglich (Schumann Rz 11). Ferner können einseitige Erklärungen im Erbvertrag wie ein Testament nach §§ 2253, 2254, 2258 widerrufen werden.
C. Wirkung der Aufhebung des Erbvertrags (Abs 3).
Rn 3
Aufhebung durch Rücktritt (§§ 2293 ff) vom gesamten Erbvertrag oder durch Vertrag von allen vertragsmäßigen Verfügungen (§ 2290) bewirkt, dass auch die einseitigen Verfügungen des Erblassers, nicht auch die des anderen Teils (NK/Seiler Rz 9), außer Kraft treten, wenn sein Wille nicht entgegensteht. Entspr gilt, wenn er alle vertragsmäßigen Verfügungen nach § 2290 I aufhebt, ohne die einseitigen Verfügungen aufzuheben, und ein gegenteiliger Wille nicht feststeht (Schlesw 30.1.23 – 3 Wx 37/22 Rz 28 f = NJW-RR 23, 984); ansonsten greift II 2. Gleiches gilt bei Aufhebung der vertragsmäßigen Verfügungen durch gemeinschaftliches Testament (§ 2292). Wird nur eine von mehreren vertragsmäßigen Verfügungen aufgehoben, richtet sich die Wirksamkeit der einseitigen nach §§ 2085, 2279; III gilt nicht.
D. Prozessuales.
Rn 4
Die Feststellungs- und Beweislast für abw Erblasserwillen trägt, wer sich darauf beruft.