Rn 14
S Rn 10. Das notarielle Nachlassverzeichnis unterscheidet sich vom privaten durch die Form, nicht materiell-rechtlich oder inhaltlich. Schuldner ist jew der Erbe, der die Verantwortung für die Richtigkeit und Vollständigkeit trägt (BGH MDR 22, 174 [BGH 01.12.2021 - IV ZR 189/20]). Daher ist nur er berechtigt, vom Notar die Aufnahme des Verzeichnisses zu verlangen (BGH 19.7.23 – IV ZB 31/22 Rz 16 = NJW 23, 3020). Die Auskunft ist eine unvertretbare, nach § 888 ZPO zu vollstreckende Handlung (Rn 22), wobei den Schuldner verpflichtet ist, über Nachlassbestand, Schenkungen und Zuwendungen des Erblassers vollständig und wahrheitsgemäß zu informieren (Nürnb OLGR 09, 776). Zuständig für die Aufnahme ist nach Bundesrecht der Notar (§ 20 I BNotO), nach Landesrecht zT auch das AG. Der Notar hat – auch während der Corona-Pandemie – den Nachlassbestand eigenständig zu ermitteln und Nachforschungen anzustellen, die ein objektiver Dritter in der Lage des Gläubigers für erforderlich halten würde (BGH 13.9.18 – I ZB 109/17 Rz 32; Celle 29.10.20 – 6 U 34/20), dh ggf auch die Erblasserwohnung zu begehen (LG Schwerin ZEV 12, 425), und zum Ausdruck zu bringen, für den Inhalt des Verzeichnisses verantwortlich zu sein (BGH NJW 20, 2187 [BGH 20.05.2020 - IV ZR 193/19] Rz 8; Kobl NJW 14, 1972 [OLG Koblenz 18.03.2014 - 2 W 495/13]; Saarb ZEV 11, 373, 374 [OLG Saarbrücken 28.01.2011 - 5 W 312/10-116]; Celle DNotZ 03, 62 f [OLG Celle 21.01.2002 - 4 W 318/01]; Karlsr NJW-RR 07, 881, 882; BeckOKBGB/Müller Rz 23; einschr Zimmer NotBZ 05, 208; ZEV 08, 365; Ahrens ErbR 09, 248). Ein Verzeichnis, das sich inhaltlich lediglich auf die dem Notar seitens des Erben vorgelegte Auflistung beschränkt und nicht eine eigenständige Feststellung des Notars dazu enthält, dass weitere Nachlassgegenstände nicht vorhanden und weitere Verbindlichkeiten nicht festzustellen seien, erfüllt die Anforderungen idR nicht (Schlesw FamRZ 11, 1821); ggf ist erforderlich, hinsichtlich etwaiger Schenkungen Einsicht in die vollständigen Kontoauszüge und sonstigen Bankunterlagen zu nehmen (BVerfG NJW 16, 2943 Rz 3; Celle 25.3.21 – 6 U 74/20). Maßgebend für die gebotene Plausibilitätskontrolle wie der Umfang der Ermittlungen sind die konkreten Umstände des Einzelfalls aus der Sicht eines objektiven Dritten in der Lage des Gläubigers (Zweibr 22.7.15 – 3 W 59/15, Bambg 16.6.16 – 4 W 42/16). Verweigert der Notar diese Tätigkeit, kann Beschwerde nach § 15 II BNot geboten sein (Ddorf 31.10.16 – I-7 W 67/16); der Pflichtteilsberechtigte selbst hat aber keinen Anspruch gegen den vom Erben mit der Verzeichnisaufnahme beauftragten Notar und kann gegen diesen nicht im Wege einer Notarbeschwerde vorgehen. Es obliegt allein dem Erben, auf die zeitnahe Erledigung (vgl Brandbg 16.6.23 – 3 W 57/23 Rz 13: 3–4 Monate) hinzuwirken und erforderlichenfalls Rechtsbehelfe gegen den Notar zu ergreifen, wobei der Pflichtteilsberechtigte, zu dessen Gunsten bereits ein Titel auf Aufnahme eines notariellen Nachlassverzeichnisses vorliegt ggf die Festsetzung eines Zwangsgeldes nach § 888 ZPO (Rn 22; Hamm 27.2.23 – I-5 W 30/22 Rz 27) gegen den Erben beantragen kann (BGH 19.7.23 – IV ZB 31/22 Rz 13, 15, 23 = NJW 23, 3020). Wie der Auskunftsverpflichtete mitzuwirken und ob er beim Notar persönlich zu erscheinen hat, richtet sich danach, in welchem Umfang im Einzelfall diese Mitwirkung erforderlich ist (BGH NJW 20, 2187 [BGH 20.05.2020 - IV ZR 193/19] Rz 9; 19, 231 Rz 30). Der Geschäftswert (§§ 46 I, 115 1 GNotKG) richtet sich allein nach dem Verkehrswert der im Verzeichnis aufgeführten Gegenstände ohne Hinzurechnung der Nachlassverbindlichkeiten (Naumbg 3.2.22 – 5 Wx 11/21 Rz 8).