Rn 13
Für den Beginn der Regelverjährung (Rn 11) kommt es darauf an, dass der Anspruch entstanden ist (Rn 2) und der Berechtigte von den seinen Pflichtteilsanspruch begründenden Umständen und der Person des Erben (als Schuldner) Kenntnis erlangt oder grob fahrlässige nicht erlangt (§ 199 I; § 199 Rn 12 ff, 17; str, aA zu § 2332 aF BGH NJW 14, 2575 [BGH 04.06.2014 - IV ZR 348/13] Rz 9). Nicht kommt es auf (ggf erst nachträglich erlangte) Kenntnis von Zusammensetzung und Wert des Nachlasses an (BGH NJW 13, 1086 [BGH 16.01.2013 - IV ZR 232/12] Rz 8).
Rn 14
Die iSd § 199 I Nr 2 erforderliche Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis muss zunächst als anspruchsbegründenden Umstand den Tod des Erblassers erfassen. Der Berechtigte erlangt sie idR zum Zeitpunkt des Erbfalls; dieser Zeitpunkt ist auch bei Nacherbschaft relevant (Staud/Olshausen § 2332 Rz 15). Bei Geschäftsunfähigen oder beschränkt Geschäftsfähigen kommt es auf die Kenntnis des gesetzlichen Vertreters (Kobl 8.8.13 – 5 U 175/12), ansonsten bei Vertretung oder Betreuung (str) auf die (jew frühere) Kenntnis des Vertreters oder Vertretenen an (str, vgl § 199 Rn 12).
Rn 15
Ferner muss er Kenntnis (oder grob fahrlässig Unkenntnis) von einer ihn beeinträchtigenden Verfügung vTw des Erblassers haben. Eine solche liegt vor, wenn sie nach §§ 2303, 2305–2307 einen Pflichtteilsanspruch begründet oder der Berechtigte zwar mindestens die Hälfte seines gesetzlichen Erbteils, aber weniger als die Hälfte dessen erhält, was auf seinen gesetzlichen Erbteil unter Einbeziehung der Ausgleichungspflicht nach § 2050 ff entfallen würde (RGZ 135, 231, 232). Eine beeinträchtigende Verfügung (auch) zu Lebzeiten des Erblassers kann eine solche sein, die Ergänzungsansprüche gegen den Erben nach §§ 2325, 2326 begründet (BGH NJW 72, 760 [BGH 23.02.1972 - IV ZR 135/70]; 88, 1667 [BGH 09.03.1988 - IVa ZR 272/86]). Zu § 2316s Karlsr NJW-RR 07, 881 [OLG Karlsruhe 21.08.2006 - 15 W 23/06] m Anm Keim ZEV 06, 332.
Rn 16
Kenntnis von einer beeinträchtigenden Verfügung setzt voraus, dass der Berechtigte nicht nur von ihr erfährt, sondern auch ihren wesentlichen Inhalt und ihre beeinträchtigende Wirkung erkennt (RGZ 70, 360, 362). Daran fehlt es, wenn er eine letztwillige Verfügung aufgrund berechtigter Zweifel (Ddorf ZEV 08, 346, 347; KG FamRZ 07, 682) an der Gültigkeit für unwirksam erachtet (RGZ 115, 27; 140, 75, 76; BGH NJW 64, 297; 84, 2935, 2936 [BGH 05.04.1984 - IX ZR 71/83]; 93, 2439 [BGH 23.06.1993 - XII ZR 12/92]; 00, 288 [BGH 06.10.1999 - IV ZR 262/98]; Rpfleger 68, 183) oder glaubt, eine ihn enterbende Verfügung sei später aufgehoben worden; hier ist der bereits abgelaufene Teil der Verjährungsfrist als nicht abgelaufen anzusehen (BGH NJW 85, 2945). Allerdings hört eine einmal zu laufen begonnene Verjährungsfrist nicht zu laufen auf, wenn der Pflichtteilsberechtigte die letztwillige Verfügung entgegen seiner ursprünglich zutreffenden Beurteilung später (unzutreffend) für unwirksam hält (München 30.3.23 – 33 U 7507/22 e Rz 19). Eine falsche Auslegung des Ausmaßes der Beeinträchtigung hindert den Fristbeginn aber nicht (BGH NJW 95, 1157, 1158). Gleiches gelte bei einem Irrtum über den vermeintlich wirksamen Verzicht auf Pflichtteilsansprüche (Kobl OLGR 04, 662). Auch ist nicht erforderlich, dass der Berechtigte alle Einzelheiten oder den Inhalt der Verfügung rechtsfehlerfrei erfasst (BGH NJW 95, 1157), sie im Detail prüft oder Stand und Inhalt des Nachlasses kennt (BGH FamRZ 77, 128, 129 f; NJW 95, 1157; Kobl ZEV 02, 501; Wendt ErbR 13, 366, 373 ff). § 1944 II 2 ist nicht zu seinen Gunsten analog anwendbar (RGZ 66, 30). Die irrige Einschätzung, eine unwirksame Verfügung sei wirksam, kann den Fristlauf nicht in Gang setzen (Oldbg MDR 99, 41). Zu § 1600d zweifelhaft Ddorf 9.6.17 – I-7 U 78/16.
Rn 17
Wird der Berechtigte nur durch eine Schenkung des Erblassers beeinträchtigt (Fälle der §§ 2316 II, 2326), beginnt die Verjährungsfrist mit deren Kenntnis, frühestens aber mit dem Erbfall (BGH NJW 64, 297; 88, 1667; (s.a. Schindler ZErb 07, 327 ff). Verschiedene Schenkungen können zu verschiedenen Ergänzungsansprüchen mit unterschiedlich laufenden Verjährungsfristen führen. Beeinträchtigen eine Schenkung unter Lebenden und zugleich eine Verfügung vTw und erfährt der Berechtigte zuerst nur von der Schenkung, beginnt die Verjährung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs (§ 2325) nicht vor der des ordentlichen Pflichtteilsanspruchs (BGH NJW 72, 760). Erfährt er zuerst nur von der beeinträchtigenden Verfügung vTw, laufen selbstständige Verjährungsfristen: Für den ordentlichen Pflichtteil beginnt sie mit der Kenntnis der Verfügung vTw, für den Ergänzungsanspruch mit Kenntnis der Schenkung (BGH NJW 88, 1667; Ddorf FamRZ 92, 1223; Karlsr NJW-RR 07, 881).
Rn 18
Person des Schuldners. Solange noch nicht klar ist, wer Erbe und damit Anspruchsgegner ist, beginnt die Frist nicht (Ddorf FamRZ 98, 1267).
Rn 19
Sonderfälle: Wurden dem Nachlass nach § 2313 zuzurechnende Vermögenswerte erst durch eine (spätere) ges...