Rn 49
Die Ausübung eines Rechts ist unzulässig, wenn der Berechtigte kein sachliches Eigeninteresse verfolgt, sei es, dass die Rechtsausübung nur zweckfremden oder unlauteren Motiven dient (BGHZ 5, 186, 189), sei es, dass die Rechtsausübung mangels irgendeines sachlichen Eigeninteresses des Ausübenden völlig nutzlos ist (BGHZ 93, 338, 350; NK/Krebs § 242 Rz 84). Von dieser Ausformung des Verbots unzulässiger Rechtsausübung sind auch die Fälle des § 226 (s § 226 Rn 1) sowie diejenigen einer Pflicht zur sofortigen Rückgewähr, ›dolo agit qui petit quod statim redditurus est‹, erfasst. Letzterer greift etwa dann ein, wenn sich der Architekt zur Berechnung des Honorars auch auf solche anrechenbare Kosten stützt, die er durch eine Fehlplanung selbst verursacht hat (BGH NZBau 12, 298 [BGH 09.02.2012 - VII ZR 31/11] Rz 17), wenn sich ein ArbG auf den Wegfall des Arbeitsplatzes (§ 275 I) beruft, in der Folge aber aus §§ 280 I, III, 283 die Weiterbeschäftigung schuldet (BAG NZA 18, 1071 [BAG 26.04.2018 - 3 AZR 738/16]) oder wenn ein erfolgreicher Bieter Grundbuchberichtigung fordert, obwohl er den Zuschlag sittenwidrig erlangt hat und daher gem § 826 Rückübereignung schuldet (BGH NJW 19, 3638 [BGH 22.02.2019 - V ZR 244/17] Rz 24 ff). Auf diesen Einwand kann sich auch eine Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO) stützen (BGH NJW 15, 955 [BGH 04.12.2014 - VII ZR 4/13] Rz 40). Gesetzliche Ausprägungen dieses Grundsatzes finden sich in §§ 273, 387 (s § 273 Rn 2, § 387 Rn 24). Teilw kann sogar die Möglichkeit der Ver- oder Aufrechnung die Berufung auf die Nichterfüllung treuwidrig sein lassen (Frankf VersR 06, 537). Auch der Rechtsgedanke der Vorteilsausgleichung wird idS aus § 242 abgeleitet (BGHZ 30, 29, 30 ff; BGH NJW 07, 2697; 08, 3359; NJW-RR 22, 1033 Rz 18). Entspr gilt für den Ausschluss der Berechnung der Minderung nach Mängelbeseitigungskosten in der werkvertraglichen Leistungskette (BGH NZBau 11, 232 [BGH 20.12.2010 - VII ZR 100/10]), nicht aber für das Leistungsverweigerungsrecht wegen Mängeln zur Durchsetzung der Mängelbeseitigung (BGH NJW 13, 3297 [BGH 01.08.2013 - VII ZR 75/11] Rz 25f). Allerdings lassen sich auch viele der sonstigen seinem Anwendungsbereich zugeschriebenen Fälle richtigerweise mit den Mitteln des geschriebenen Rechts lösen (vgl BGHZ 74, 293, 299 f; BGH NJW-RR 08, 1050 [Lösung jeweils über § 139 möglich]; BGHZ 116, 200, 203 f [Ausschluss der außervertraglichen Haftung durch den Vertrag]; BGH WuM 06, 28, 30 [Anbringen der Parabolantenne des polnischen Mieters bereits nicht vertragswidrig]; BGH NJW 06, 3062 f [Anforderungen an den Nachweis durch einen Nachweismakler]; BGH NJW-RR 08, 612 [BGH 12.11.2007 - II ZR 293/06] [wichtiger Grund zur Aufhebung gem § 749 II]). Das gilt freilich nicht immer: der Rückgriff auf § 242 ist etwa erforderlich im Falle der Berufung auf eine mit der Insolvenzanfechtung erfolgreich bekämpfte Forderung (s Naumbg ZIP 06, 716), ferner bei Ausschluss der Aufrechnung mangels Gleichartigkeit der Forderungen (s BGH NJW-RR 07, 823 [BGH 01.02.2007 - III ZR 289/06] [Schadensersatz nach § 2 I HpflG gegen öffentlich-rechtliche Erstattung der Unterhaltungskosten]) und auch bei Berufung auf eine objektiv sittenwidrige Klausel zur Nachtragsvergütung, die nur aufgrund nachgewiesenen Berechnungsfehlers des Auftragnehmers vor § 138 besteht (BGH NJW 13, 1953 [BGH 14.03.2013 - VII ZR 116/12] [zu § 2 Nr 3 und Nr 5 VOB/B]).
Rn 50
Das schutzwürdige Eigeninteresse des Berechtigten fehlt bspw bei der Ausübung eines gesetzlichen Vorkaufsrechts nach BauGB, wenn kein öffentliches Kaufinteresse iSv § 24 III BauGB besteht, ferner bei Einleitung und Durchführung eines gerichtlichen Verfahrens zu verfahrensfremden Zwecken (BGHZ 95, 10, 19) etwa der Zwangsvollstreckung ohne Verwertungsabsicht nur zur Ausübung von Druck (BGH BeckRS 12, 05310 Rz 9 ff [in casu verneint]), bei Abgabe eines Eigengebots zur Überwindung der Schwelle von § 85a ZVG (BGH NJW 08, 3279 [BGH 09.07.2008 - XII ZR 179/05]), bei einem Antrag auf symbolische Sicherheitsleistung in der Grundstückzwangsversteigerung (BGH NJW 12, 3376 [BGH 12.07.2012 - V ZB 130/11]) oder bei Aufrechnung der Justizverwaltung gegen eine Geldentschädigung wegen menschenunwürdiger Haftbedingungen mit offenen Kosten des Strafverfahrens (BGHZ 182, 301; ebenso für die Pfändung BGH NJW-RR 11, 959; nach BGHZ 207, 365 Rz 12 ff aber kein Aufrechnungsverbot gegen eine verschuldensunabhängige Geldentschädigung aus Art 5 V EMRK mit offenen Kosten aus neuen Strafverfahren nach Entlassung aus rechtswidriger Unterbringung). Zu letzteren Fällen zählen auch die sog räuberischen Aktionärsklagen (BGHZ 107, 296, 309 ff; 112, 9, 23f) und weiter die Weigerung, dem Austausch einer Prozessbürgschaft gegen eine gleichwertige andere zuzustimmen (BGH NJW 94, 1351, 1352). Außerdem ist die Ausübung von Informationsansprüchen unzulässig, wenn diese der Ausspähung von Geschäftsgeheimnissen (BGHZ 93, 191, 211) oder der Weitergabe an andere potenzielle Kläger (BGH BeckRS 13, 14141 Rz 10–12 [g...